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BVerfG: Regulierungsverfügungen der Bundesnetzagentur sind gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar

BVerfG 8.12.2011, 1 BvR 1932/08

Die Re­gu­lie­rung der Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­onsmärkte nach dem TKG ver­folgt mit dem Schutz der Ver­brau­cher­in­ter­es­sen und der Si­cher­stel­lung chan­cen­glei­chen Wett­be­werbs ge­wich­tige Ge­mein­wohl­ziele. Re­gu­lie­rungs­verfügun­gen der Bun­des­netz­agen­tur sind ge­richt­lich al­ler­dings nur ein­ge­schränkt überprüfbar, da ihr hin­sicht­lich der von ihr vor­zu­neh­men­den Markt­de­fi­ni­tion und Markt­ana­lyse ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu­steht.

Der Sach­ver­halt:
Die Bun­des­netz­agen­tur darf auf­grund der sog. Markt­re­gu­lie­rung an­hand be­stimm­ter ge­setz­li­cher Kri­te­rien die Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­onsmärkte fest­le­gen, die für eine Re­gu­lie­rung in Be­tracht kom­men (Markt­de­fi­ni­tion, § 10 TKG). Sie prüft so­mit, ob auf dem be­tref­fen­den Markt wirk­sa­mer Wett­be­werb be­steht, was etwa dann nicht der Fall ist, wenn ein oder meh­rere Un­ter­neh­men über beträcht­li­che Mark­macht verfügen (Markt­ana­lyse, § 11 TKG).

Ende 2005 stellte die Bun­des­netz­agen­tur fest, dass meh­rere Mo­bil­funk­netz­be­trei­ber (T-Mo­bile, Vod­afone, E-Plus und O2) auf dem Markt für An­ruf­zu­stel­lung in ihr je­wei­li­ges Mo­bil­funk­netz über eine beträcht­li­che Markt­macht verfügten. In­fol­ge­des­sen er­ließ sie eine Re­gu­lie­rungs­verfügung, mit der sie u.a. der Be­schwer­deführe­rin Zu­gangs­ver­pflich­tun­gen nach § 21 TKG, ins­be­son­dere die Ter­mi­nie­rung von An­ru­fen in ihr Mo­bil­funk­netz, auf­gab. Bei den Ter­mi­nie­rungs­ent­gel­ten han­delt es sich um die Beträge, die Fest­netz- und Mo­bil­funk­netz­be­trei­ber für die An­ruf­zu­stel­lung ("Ter­mi­nie­rung") in Mo­bil­funk­netze an­de­rer Be­trei­ber zu ent­rich­ten ha­ben und an ihre ei­ge­nen End­kun­den, die An­ru­fer, wei­ter­ge­ben.

Außer­dem ord­nete sie an, dass die von der Be­schwer­deführe­rin für die Zu­gangs­leis­tun­gen er­ho­be­nen Ent­gelte vorab ge­neh­migt wer­den müss­ten. Die da­mit auch der behörd­li­chen Ge­neh­mi­gung un­ter­wor­fe­nen Ter­mi­nie­rungs­ent­gelte, die zunächst der Netz­be­trei­ber des An­ru­fen­den ent­rich­ten muss, ha­ben für die Mo­bil­funk­netz­be­trei­ber er­heb­li­che wirt­schaft­li­che Be­deu­tung.

Das VG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage teil­weise statt. Die den Un­ter­neh­men auf­er­legte Ent­gelt­ge­neh­mi­gungs­pflicht sei un­verhält­nismäßig. Auf die Re­vi­sion der Be­tei­lig­ten hob das BVerwG das Ur­teil auf und wies die Klage ins­ge­samt ab. Auch die Ver­fas­sungs­be­schwerde war vor dem BVerfG er­folg­los.

Die Gründe:
Die Be­schwer­deführe­rin ist we­der in ih­rem Grund­recht auf ef­fek­ti­ven Rechts­schutz nach Art. 19 Abs. 4 GG ver­letzt noch in ih­rem Recht auf freie Be­rufs­ausübung.

Das BVerwG ging bei sei­ner Aus­le­gung der §§ 10, 11 TKG von an­er­kann­ten Aus­le­gungs­me­tho­den aus. Un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­set­zes­sys­te­ma­tik, des Norm­zwecks und des uni­ons­recht­li­chen Hin­ter­grunds der Be­stim­mun­gen war es ver­tret­bar, die­sen Re­ge­lun­gen die Einräum­ung ei­nes weit­rei­chen­den Be­ur­tei­lungs­spiel­raums der Bun­des­netz­agen­tur als Re­gu­lie­rungs­behörde bei der Markt­de­fi­ni­tion und der Markt­ana­lyse bei­zu­mes­sen. Auf­grund der er­kenn­ba­ren Schwie­rig­kei­ten ei­ner ge­richt­li­chen Voll­kon­trolle durfte der Ge­setz­ge­ber der Bun­des­netz­agen­tur einen ent­spre­chen­den Be­ur­tei­lungs­spiel­raum ein­zuräumen. Die Fach­ge­richte ha­ben auch wei­ter­hin die Möglich­keit bzw. die Pflicht zu ei­ner sub­stan­ti­el­len Kon­trolle des behörd­li­chen Han­delns.

Die Re­gu­lie­rung der Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­onsmärkte nach dem TKG ver­folgt schließlich mit dem Schutz der Ver­brau­cher­in­ter­es­sen und der Si­cher­stel­lung chan­cen­glei­chen Wett­be­werbs ge­wich­tige Ge­mein­wohl­ziele. Das In­ter­esse der Be­schwer­deführe­rin an freier un­ter­neh­me­ri­scher Betäti­gung wird durch die Zu­gangs­ver­pflich­tung nicht übermäßig ein­ge­schränkt, zu­mal auch sie selbst ein In­ter­esse an der um­fas­sen­den Er­reich­bar­keit ih­rer ei­ge­nen Mo­bil­funk­kun­den ha­ben wird. Ihr wird auch kein fi­nan­zi­el­les Son­der­op­fer zu­guns­ten der All­ge­mein­heit auf­er­legt, son­dern le­dig­lich eine mögli­cher­weise lu­kra­tive Preis­ge­stal­tung zu­las­ten der Kun­den der an­de­ren Mo­bil­funk­netz- so­wie der Fest­netz­be­trei­ber unmöglich ge­macht.

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