Wenn zum Jahreswechsel die Budgets für das kommende Geschäftsjahr geplant werden, beginnt in vielen Unternehmen das große Stöhnen. Der Anspruch, alles ganz genau darstellen zu wollen, führt zu Unmengen an Daten, die zu erstellen, zu plausibilisieren und zu verarbeiten sind. Das Controlling macht Überstunden. Die Abteilungen liefern immer mehr Zahlen. Steht der Plan dann irgendwann, sind Teile davon längst Makulatur, weil sich wesentliche Prämissen bereits wieder geändert haben. Die Defizite dieser klassischen Budgetplanung werden schnell deutlich: aufwendig, wenig effektiv, mitunter kurze Halbwertszeit.
Den eigenen Weg finden: Nachhaltige Planung
Dabei kennt die Betriebswirtschaft längst Methoden, mit denen der Plan wieder zum effizienten Instrument einer wirksamen Unternehmenssteuerung wird. Es gilt, ein maßgeschneidertes Planungskonzept zu entwickeln. Es sollte nur an den Stellen ins Detail gehen, wo es wirklich sinnvoll ist, und es sollte jederzeit flexibel anpassbar sind. Doch wie trennt man Relevantes von Irrelevantem? Wie berücksichtigt man Effekte aus Projekten? Wie verarbeitet man Einflüsse aus dem Marktumfeld oder der Politik?
Als erstes gilt es, die bisherigen Probleme strukturiert herauszuarbeiten. Zum Beispiel: Die Unternehmensstrategie wird bei der Budgetierung nicht berücksichtigt. Der Ressourcenaufwand ist enorm. Organisatorische Schnittstellen sind nicht geklärt. Nach dem gleichen Schema wird das Ideal, der Soll-Zustand, erarbeitet. So lassen sich die wesentlichen Stellschrauben für die Optimierung des Planungsprozesses identifizieren.
Die Umsetzung erfolgt in fünf Schritten:
- Strategische Leitplanken setzen: Die strategischen Unternehmensziele werden top-down auf die operativen Bereiche als „Leitplanken“ heruntergebrochen. Dies können Marktanteilsziele, Renditekennzahlen oder Key-Account-Volumina sein, aber auch strategische Eckwerte für ein neues Geschäftsfeld, einen neuen Standort etc.
- Eine Basisplanung entwerfen: Die operativen Bereiche erstellen bottom-up eine Basisplanung, den „Base Case“. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wo bestehen wesentliche Lücken zu den strategischen Vorgaben der Unternehmensführung?
- Ergebniskritische Positionen detailliert planen: Die Basisplanung wird nur an erfolgskritischen Positionen präzisiert und dort, wo wesentliche Lücken aufgedeckt wurden. Im Fokus steht die Frage, mit welchen Maßnahmen sich die Zielwerte erreichen lassen – eine Schlüsselstelle im Planungsprozess. Denn die Umsetzung der Maßnahmen sind die zentralen Management-Aufgaben in den operativen Bereichen im kommenden Jahr und die Basis für Reporting und Controlling.
- Szenarien simulieren: Welchen Einfluss haben konjunkturelle Schwankungen? Wie wirken sich unterschiedliche Maßnahmen aus? Fragen wie diese können vorab bei der Simulation verschiedener Szenarien beantwortet werden. Dabei zeigt sich, wie empfindlich der Geschäftserfolg auf Veränderungen reagiert.
- Bei Bedarf nachjustieren: Doch bekanntlich kommt es selten wie geplant. Einkaufspreise ändern sich, ein neues Gesetz wird verabschiedet, die Inbetriebnahme einer Produktionslinie verzögert sich. Damit die Planung dann noch als Steuerungsinstrument nutzbar ist, muss nachjustiert werden. So wird schnell klar, ob das Unternehmen noch auf Kurs liegt.
Nachhaltig planen am Praxisbeispiel
Doch nicht immer muss der gesamte Planungsprozess radikal geändert werden. Vielmehr kommt es auf das Drehen an den richtigen Stellschrauben an, wie ein Beispiel zeigt: In einem Konzern mit mehr als 80 Gesellschaften wurde ein Ergebnissteigerungsprogramm mit rund 50 Maßnahmenpaketen definiert, die teils zentral, teils dezentral geplant wurden. Dies hätte mit dem bisherigen Planungsprocedere jedoch jeglichen Zeitrahmen gesprengt.
In kompakten Workshops mit Controlling, Management und Fachbereichen wurden zunächst mögliche Probleme bei der Budgetplanung antizipiert, deren Ursachen herausgearbeitet und Prioritäten abgeleitet. Als erste Konsequenz wurde die Planung der Abteilungen auf Kostenstellenebene durch verbindliche Top-down-Vorgaben deutlich entschlackt. Intensiviert wurde hingegen die Planung einzelner erfolgskritischer Maßnahmen. Hierzu wurden sogenannte Layer – eigene Erfassungsebenen in der Planungssoftware – speziell für übergreifend wirkende Maßnahmen eingezogen. Ein einfacher Kunstgriff mit großer Wirkung: Die Layer ermöglichten einerseits die konkrete Planung dezentral durch die einzelnen Organisationseinheiten. Gleichzeitig lässt sich der Effekt einer Maßnahme auf dem jeweiligen Layer auch konzernweit darstellen.
Fazit
Ein Umschwenken auf moderne Planungsmethoden gilt vielen Geschäftsführern als riskant, da ein eingespielter Prozess verändert wird. Dennoch lohnt es sich. Mehrwert entsteht dann, wenn der Plan als effektives Werkzeug zu mehr Unternehmenserfolg führt.
Dieser Beitrag von Thomas Mundus und Simon Haas ist in längerer Form am 5. Januar 2015 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in der Rubrik „Der Betriebswirt“ erschienen.
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