Der zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU ausgehandelte Entwurf eines Austrittsabkommens scheiterte am 15.1.2019 am Widerstand des britischen Parlaments. Damit droht derzeit ein ungeregeltes Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU bereits zum 29.3.2019. Möglich wäre aber auch eine Verlängerung der Verhandlungsfrist. Sollte es noch zum Abschluss eines Austrittsabkommen kommen, in dem entsprechend dem bisherigen Entwurf eine Übergangsfrist vorgesehen ist (mindestens bis 31.12.2020), würde das Vereinigte Königreich mit Ablauf dieser Frist aus der EU ausscheiden. Der nationale Gesetzgeber bereitet sich in jedem Fall auf die aus dem Brexit resultierenden Folgen vor.

Brexit-Übergangsgesetz
So hat der Bundesrat am 15.2.2019 das Gesetz für den Übergangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU beschlossen (sog. Brexit-Übergangsgesetz). Darin wird von einem Zustandekommen eines Austrittsabkommens und einem darin vereinbarten Übergangszeitraum bis zum Jahresende 2020 ausgegangen. So tritt das Gesetz auch nur in Kraft, sofern es zu einem solchen Szenario kommt.
Mit dem Gesetz wird geregelt, dass das Vereinigte Königreich im Bundesrecht während dieser Übergangsphase wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt wird. Auch gelten bis dahin die bisherigen Regeln zum Staatsangehörigkeitsrecht fort. Danach dürfen britische und deutsche Staatsangehörige, die während dieses Übergangszeitraums einen Antrag auf Einbürgerungen in jeweiligen Land stellen, ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten, auch wenn die Entscheidung über die Einbürgerung erst nach Ablauf des Übergangszeitraums erfolgt.
Hinweis
Der Übergangszeitraum und die flankierenden Regelungen sollen es in erster Linie Unternehmen und Verwaltung ermöglichen, sich an die geänderten Verhältnisse aufgrund des Brexit anzupassen. Dazu gilt bestehendes EU-Recht für diesen Zeitraum fort. Allerdings werden die Regelungen des Brexit-Übergangsgesetzes nur relevant, wenn es tatsächlich zum Abschluss eines Austrittsabkommens kommt.
Brexit-Steuerbegleitgesetz
Mit dem Ausscheiden aus der EU wäre das Vereinigte Königreich steuerlich als Drittstaat zu behandeln. Daraus resultierende, steuerlich schädliche Folgen sollen mit dem Brexit-Steuerbegleitgesetz abgewendet werden, das der Bundestag am 21.2.2019 beschloss. Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats. Die Regelungen sollen zum 29.3.2019 in Kraft treten.
Konkret soll allein durch den Austritt des Vereinigten Königreichs keine rückwirkende Besteuerung eines Einbringungsgewinns ausgelöst werden (§ 22 Abs. 8 UmwStG-E). Dies betrifft Fälle, in denen Unternehmensteile oder Anteile vor dem Brexit von einem britischen Steuerpflichtigen oder in eine britische Körperschaft zu einem Wert unter dem gemeinen Wert eingebracht wurden.
Zudem soll der Brexit nicht zur Auflösung eines Ausgleichspostens nach § 4g EStG führen, der infolge der Zuordnung eines Wirtschaftsguts zu einer Betriebsstätte im EU-Ausland gebildet wurde (§ 4g Abs. 6 EStG-E).
In ähnlicher Weise soll auch die zinsfreie Steuerstundung bei geplanter Reinvestition in bestimmte Wirtschaftsgüter, die einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaat zuzuordnen sind, trotz Vollzug des Brexits weiterhin Bestand haben. Voraussetzung dieser in den Regierungsentwurf neu aufgenommenen Regelung ist, dass der Antrag auf Steuerstundung zuvor gestellt wurde, auch wenn die Reinvestition erst erfolgt, wenn Großbritannien nicht mehr EU-Mitglied bzw. auch nicht als solches zu behandeln ist (§ 6b Abs. 2a Satz 7 EStG-E).
Zudem wurde auch die klarstellende Regelung aufgenommen, dass die Liquidationsbesteuerung nach § 12 Abs. 3 KStG infolge einer Sitzverlegung nach Großbritannien nicht allein infolge des Austritts Großbritanniens aus der EU greift (§ 12 Abs. 3 Satz 4 KStG-E). Erfolgt die Sitzverlegung vor dem Brexit ist nach der Begründung des Gesetzentwurfs eine Besteuerung erst dann vorzunehmen, wenn dieselbe Körperschaft anschließend in einen anderen Drittstaat verzieht oder als in einem anderen Drittstaat ansässig anzusehen ist.
Weiter wird klarstellend geregelt, dass allein der Brexit nicht zum Widerruf der Stundung bei der Wegzugsbesteuerung nach § 6 Abs. 5 AStG führt, wenn der Wegzug vor dem Brexit erfolgt (§ 6 Abs. 8 AStG-E).
Kurz vor Beschlussfassung im Bundestag wurde u. a. zudem eine Anwendungsregelung im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz angefügt. Demnach wird für Erwerbe, für die die Steuer vor dem Zeitpunkt entstanden ist, ab dem das Vereinigte Königreich nicht mehr Mitgliedstaat der EU ist und auch nicht mehr wie ein solcher zu behandeln ist, das ErbStG dennoch so angewendet, als wäre das Vereinigte Königreich weiterhin EU-Mitgliedstaat. Dies ist insb. für die Anwendung der Lohnsummenregelung von Relevanz.
Änderung des Umwandlungsgesetzes
Am 13.12.2018 beschloss der Bundestag das Vierte Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes. Dieses passierte am 14.12.2018 auch den Bundesrat. Die Regelungen werden u. a. in §§ 122a ff. um Vorschriften über die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften ergänzt. Damit soll vom Brexit betroffenen Unternehmen eine Umwandlung etwa in eine Kommanditgesellschaft ermöglicht werden, an der sich - je nach Kapitalausstattung der betreffenden Gesellschaft - entweder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen könnten. Weiter ist eine Übergangsregelung für alle zum Zeitpunkt des Brexit bereits begonnenen Verschmelzungsvorgänge vorgesehen.
Hinweis
Damit wird insbesondere den vom Brexit betroffenen Limiteds, von denen es in Deutschland schätzungsweise bis zu 10.000 Gesellschaften gibt, eine zusätzliche Möglichkeit eröffnet, in eine inländische Gesellschaftsform mit Haftungsbeschränkung zu wechseln.
Umfassende Informationen zum Brexit und seinen steuer- und wirtschaftsrechtlichen Auswirkungen auf Unternehmen in Deutschland finden Sie hier.