
Am 15.1.2019 hat sich das britische Parlament gegen das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen ausgesprochen. Sollte bis 29.3.2019 nicht doch noch eine Einigung erzielt oder die Verhandlungsfrist verlängert werden, verlassen die Briten mit Ablauf des 29.3.2019 die EU - stürmische und ungewisse Zeiten. Wir sprechen mit Mark McGarry, Steuerberater und Partner bei unserem Nexia International Partner Saffery Champness LLP in London, über die Stimmung vor Ort.

Wie ist die Stimmung bei Ihnen im Land, nachdem weiterhin Unklarheit darüber besteht, wie es mit dem Brexit weitergeht?
Es herrscht Verwirrung, Unsicherheit und bei vielen Bürgern auch Ärger.
Kann die britische Verwaltung den Brexit überhaupt in allen Bereichen so zügig umsetzen, z. B. beim Zoll und im Bereich der Umsatzsteuer oder etwa im Hinblick auf die neuen Aufenthaltstitel für EU-Bürger, die sich bereits in Großbritannien befinden, und die ggf. erforderlichen Visa bei einem Zuzug nach Großbritannien nach dem Brexit?
Die Regierung behauptet, dass die Verwaltung den Brexit in allen Bereichen zügig umsetzen kann. Das ist aber keineswegs sicher und viele bezweifeln dies.
In welchen Bereichen besteht aus Ihrer Sicht für EU-Unternehmen mit Niederlassungen oder Tochtergesellschaften in Großbritannien der größte Handlungsbedarf?
Es ist sehr schwierig für Unternehmen, Vorkehrungen gegen etwas zu ergreifen, was noch völlig unklar ist. Jedes Unternehmen muss seine individuellen Umstände analysieren, die verschiedenen Regierungsverlautbarungen prüfen und mögliche Risiken identifizieren. Zugleich müssen die Unternehmen ihre Geschäfte in Großbritannien auf der Grundlage der geltenden Gesetze und Praktiken weiterführen.
Eine der Antriebsfedern des Brexits war das Ende der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Mit dem Vollzug des Brexits bzw. mit Ablauf einer Übergangsfrist, sofern es noch zur Vereinbarung einer solchen kommen sollte, wird es für EU-weit aufgestellte Konzerne nicht mehr so einfach sein, Arbeitnehmer nach UK zu entsenden. Welche Reaktion erwarten Sie? Werden in britischen Tochtergesellschaften deshalb Entsendungen entfallen? Wird deshalb mehr lokales Personal beschäftigt?
Es wird eine selektive Bewegung von Arbeitnehmern geben. Das mag kein einfacher Prozess sein und zu mehr Planungsaufwand führen, wie er derzeit schon für Nicht-EU-Arbeitnehmer besteht. Es wird zu speziellen Versetzungen von Arbeitnehmern aus der EU in das Vereinigte Königreich geben. Ich nehme an, dass die Bauindustrie und die Landwirtschaft die am stärksten betroffenen Sektoren sein werden.
Wie werden aus Ihrer Perspektive künftig Geschäftsbeziehungen zwischen britischen und deutschen Unternehmen aussehen? Können Sie schon feststellen, dass sich ausländische Unternehmen aus Großbritannien zurückziehen - oder besteht sogar ein gegenteiliger Trend?
Ich glaube nicht, dass sich die Geschäftsbeziehungen zwischen britischen und deutschen Unternehmen ändern werden. Britische Unternehmen betrachten Deutschland als einen sehr wichtigen Markt für den Export und Import von Waren und Dienstleistungen. Sie möchten daher die Beziehungen zu deutschen Unternehmen aufrechterhalten und auch weiterhin pflegen. Trotz Brexit betrachtet nach unserer Wahrnehmung beispielsweise die Personalvermittlungsbranche Deutschland als die Nummer 1 für die zukünftige Expansion.