deen

Aktuelles

BGH zur Rückabwicklung eines von einen Treuhänder abgeschlossenen nichtigen Zwischenfinanzierungsvertrags

Urteil des BGH vom 17.1.2012 - XI ZR 457/10

Ist ein von einem Treuhänder ab­ge­schlos­se­ner Zwi­schen­fi­nan­zie­rungs­ver­trag we­gen Ver­stoßes der Voll­macht ge­gen das RBerG nich­tig und die Nich­tig­keit auch nicht gem. §§ 171, 172 BGB ge­heilt wor­den, kann der Dar­le­hens­neh­mer grundsätz­lich die von ihm auf den End­fi­nan­zie­rungs­ver­trag er­brach­ten Zins- und Til­gungs­leis­tun­gen im Wege der Leis­tungs­kon­dik­tion bei der Bank kon­di­zie­ren. Vor­aus­set­zung ist, dass die Dar­le­hens­va­luta des Zwi­schen­fi­nan­zie­rungs­ver­tra­ges nicht an den Dar­le­hens­neh­mer bzw. nicht auf eine wirk­same Wei­sung an einen Drit­ten aus­ge­zahlt wor­den ist und er we­der die eine noch die an­dere Va­luta er­hal­ten hat.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger wurde im Jahr 1991 von ei­ner An­la­ge­ver­mitt­le­rin ge­wor­ben, eine Ei­gen­tums­woh­nung in ei­ner noch zu er­rich­ten­den Ap­par­te­ment­an­lage zu er­wer­ben. Zwecks Durchführung bot er mit no­ta­ri­el­ler Ur­kunde der H-Steu­er­be­ra­tungs­ge­sell­schaft mbH (Treuhände­rin), die über eine Er­laub­nis nach dem RBerG nicht verfügte, den Ab­schluss ei­nes um­fas­sen­den Treu­hand­ver­trags an und er­teilte ihr eine eben­sol­che Voll­macht. Die Treuhände­rin nahm das An­ge­bot an. Zur Fi­nan­zie­rung des Ge­samt­auf­wands trug die Treuhände­rin am 4.12.1991 na­mens des Klägers der Be­klag­ten den Ab­schluss ei­nes Zwi­schen­kre­dit­ver­trags in Form ei­nes Kon­to­kor­rent­kre­dits an, der von der Be­klag­ten un­ter dem 6.12.1991 ge­gen­ge­zeich­net wurde.

An die­sem Tag lag der Be­klag­ten die no­ta­ri­elle Aus­fer­ti­gung der Voll­machts­ur­kunde nicht vor; diese wurde ihr erst mit Schrei­ben der An­la­ge­ver­mitt­le­rin vom 24.12.1991 über­sandt. Zwi­schen den Par­teien ist strei­tig, ob sich die Be­klagte ih­rer Wil­lens­erklärung zur Ver­trags­an­nahme be­reits am 6.12.1991 oder erst nach Er­halt der Voll­machts­ur­kunde entäußert hat. Im März 1992 schloss die Treuhände­rin na­mens des Klägers mit der D-AG als Verkäuferin und der G-GmbH als Ge­ne­ralüber­neh­me­rin einen no­ta­ri­el­len "Kauf­ver­trag, Ge­sell­schafts­ver­trag, Ge­ne­ralüber­neh­mer-Ver­trag" über ein Ap­par­te­ment. Am 29.9.1992 schloss die Treuhände­rin na­mens des Klägers mit der Be­klag­ten zur Ablösung der Zwi­schen­fi­nan­zie­rung einen End­fi­nan­zie­rungs­ver­trag mit zwei Un­ter­kon­ten, die durch eine Le­bens­ver­si­che­rung ge­tilgt wer­den soll­ten und durch eine Grund­schuld an dem er­wor­be­nen Mit­ei­gen­tums­an­teil be­si­chert wa­ren.

Der Kläger zahlte an die Be­klagte auf den End­fi­nan­zie­rungs­ver­trag teil­weise Zins- und Til­gungs­leis­tun­gen, be­vor er spätes­tens im Au­gust 2000 seine Zah­lun­gen ein­stellte. Die Be­klagte kündigte dar­auf­hin im No­vem­ber 2002 den Dar­le­hens­ver­trag. Im Jahr 2003 ver­wer­tete sie die zur Si­cher­heit ab­ge­tre­tene Le­bens­ver­si­che­rung. Die Ei­gen­tums­woh­nung wurde im De­zem­ber 2007 auf Be­trei­ben der Be­klag­ten ver­stei­gert. Mit der Klage be­gehrt der Kläger die Er­stat­tung sei­ner Zins- und Til­gungs­zah­lun­gen so­wie des Erlöses aus der Le­bens­ver­si­che­rung nebst Zin­sen und die Fest­stel­lung, dass er der Be­klag­ten zu kei­nem Zeit­punkt aus dem Zwi­schen­fi­nan­zie­rungs­kre­dit und dem End­fi­nan­zie­rungs­dar­le­hen ver­pflich­tet war und ist.

Er ist der An­sicht, dass der Zwi­schen­fi­nan­zie­rungs­kre­dit­ver­trag nicht wirk­sam zu­stande ge­kom­men sei und seine Zah­lun­gen bzw. die Erlösaus­kehr da­her ohne Rechts­grund er­folgt seien. Auf­grund des­sen stünden ihm be­rei­che­rungs­recht­li­che An­sprüche aus der Zwi­schen­fi­nan­zie­rung zu, mit de­nen er ge­gen die For­de­rung der Be­klag­ten aus der End­fi­nan­zie­rung die Auf­rech­nung erklärt hat. Da­ne­ben stehe ihm der gel­tend ge­machte Be­trag auch im Wege des Scha­dens­er­sat­zes zu, weil er - wie er be­haup­tet - von der Ver­mitt­le­rin u.a. über die an­geb­li­che Ri­si­ko­lo­sig­keit der Ka­pi­tal­an­lage und über die Höhe der In­nen­pro­vi­sio­nen arg­lis­tig getäuscht wor­den sei. Die Be­klagte er­hebt die Ein­rede der Verjährung.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Auf der Grund­lage sei­ner tat­be­stand­li­chen Fest­stel­lun­gen hätte das OLG we­der einen Zah­lungs­an­spruch des Klägers gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB be­ja­hen noch dem Fest­stel­lungs­an­trag statt­ge­ben dürfen.

Rich­tig ist al­ler­dings der Aus­gangs­punkt des OLG, wo­nach dann, wenn ein von einem Ge­schäfts­be­sor­ger oder Treuhänder ab­ge­schlos­se­ner Zwi­schen­fi­nan­zie­rungs­ver­trag we­gen Ver­stoßes der Voll­macht ge­gen das RBerG nich­tig ist und die Nich­tig­keit auch nicht nach Rechts­schein­grundsätzen gem. §§ 171, 172 BGB ge­heilt wor­den ist, dies Aus­wir­kun­gen auf die wech­sel­sei­ti­gen An­sprüche der Ver­trags­par­teien aus dem - wirk­sa­men - End­fi­nan­zie­rungs­ver­trag hat. Ist die Dar­le­hens­va­luta des Zwi­schen­fi­nan­zie­rungs­ver­tra­ges nämlich nicht an den Dar­le­hens­neh­mer bzw. nicht auf eine wirk­same Wei­sung an einen Drit­ten aus­ge­zahlt wor­den, ist die Ver­rech­nung der Dar­le­hens­va­luta des End­fi­nan­zie­rungs­ver­tra­ges mit dem Rück­zah­lungs­an­spruch aus der Zwi­schen­fi­nan­zie­rung ins Leere ge­gan­gen.

Der Dar­le­hens­neh­mer hat dann we­der die eine noch die an­dere Va­luta "emp­fan­gen" i.S.d. § 607 BGB aF. Die Bank hat dann ge­gen den Dar­le­hens­neh­mer we­der einen Be­rei­che­rungs­an­spruch bzgl. des Zwi­schen­kre­dits noch man­gels Aus­zah­lung der Dar­le­hens­va­luta - einen ver­trag­li­chen Rück­zah­lungs­an­spruch aus dem End­fi­nan­zie­rungs­ver­trag. Dem­ge­genüber kann der Dar­le­hens­neh­mer die von ihm er­brach­ten Zins- und Til­gungs­leis­tun­gen im Wege der Leis­tungs­kon­dik­tion bei der Bank kon­di­zie­ren. Rechts­feh­ler­frei und in Übe­rein­stim­mung mit der ständi­gen Recht­spre­chung des BGH hat das OLG zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass die der Treuhände­rin er­teilte um­fas­sende Voll­macht we­gen Ver­stoßes ge­gen das RBerG nich­tig ist.

Rechts­feh­ler­haft hat es da­ge­gen an­ge­nom­men, dass der Zwi­schen­fi­nan­zie­rungs­ver­trag be­reits mit der Un­ter­zeich­nung durch einen Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten am 6.12.1991 ab­ge­schlos­sen wor­den ist. Un­abhängig da­von ist auch die wei­tere An­nahme des OLG recht­lich un­halt­bar, der Kläger habe durch die Zah­lung der Dar­le­hens­va­luta aus der Zwi­schen­fi­nan­zie­rung auch dann nichts er­langt, wenn die Be­klagte die no­ta­ri­elle Voll­machts­aus­fer­ti­gung zeit­lich vor oder nach Ausführung der von der Treuhände­rin na­mens des Klägers er­teil­ten Zah­lungs­an­wei­sun­gen er­hal­ten hat. Nach der Recht­spre­chung des BGH haf­tet im Falle der Un­wirk­sam­keit des Dar­le­hens­ver­tra­ges der Dar­le­hens­neh­mer aus un­ge­recht­fer­tig­ter Be­rei­che­rung auf Rück­zah­lung der Dar­le­hens­va­luta, wenn er diese er­hal­ten hat.

Ein Dar­le­hen gilt als emp­fan­gen, wenn der Dar­le­hens­ge­ber es an den Dar­le­hens­neh­mer oder auf des­sen Wei­sung an einen Drit­ten aus­ge­zahlt hat. Für die Zu­re­chen­bar­keit der Zah­lungs­an­wei­sun­gen des Ge­schäfts­be­sor­gers kommt es ent­schei­dend auf die Vor­lage der Voll­machts­ur­kunde im Zeit­punkt der Ausführung der Zah­lungs­an­wei­sun­gen an. Da­nach ist vor­lie­gend ent­schei­dend, ob der Be­klag­ten bei Ausführung der Aus­zah­lungs­an­wei­sun­gen eine Aus­fer­ti­gung der no­ta­ri­el­len Voll­machts­ur­kunde vor­lag. So­weit dies der Fall war, durfte sie in­so­weit die Dar­le­hens­va­luta des End­fi­nan­zie­rungs­ver­tra­ges mit dem Rück­zah­lungs­an­spruch aus der Zwi­schen­fi­nan­zie­rung ver­rech­nen.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben