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BGH zur Minderung des Reisepreises bei einer Kreuzfahrt und zur erheblichen Beeinträchtigung der Reise

Urteil des BGH vom 14. Mai 2013 – X ZR 15/11
Die Be­klagte ver­an­stal­tete eine 14tägige Kreuz­fahrt "Som­mer in Grönland", an der Kun­den des Klägers, der ein Tou­ris­tik­un­ter­neh­men be­treibt, teil­nah­men. Während der Kreuz­fahrt kam es zu Ab­wei­chun­gen von der ur­sprüng­li­chen Rei­se­pla­nung, z.B. wur­den an­dere Fahrt­rou­ten gewählt als vor­ge­se­hen, ge­plante Landgänge ent­fie­len oder wa­ren er­heb­lich verkürzt. Da das Schiff ver­schmutz­tes Bun­keröl auf­ge­nom­men hatte, wo­durch die Ma­schi­nen­leis­tung her­ab­ge­setzt wurde, ent­fie­len zu­dem die vor­ge­se­he­nen Be­su­che der Färöer und der Or­kney-In­seln. Meh­rere Rei­sende bra­chen in Reyk­ja­vik die Kreuz­fahrt ab und reis­ten an­der­wei­tig zurück; die übri­gen Rei­sen­den ver­brach­ten die nach­fol­gen­den Tage bis zur An­kunft in Kiel auf See. Die Be­klagte er­stat­tete 40 % des Rei­se­prei­ses.
Der Kläger macht aus ab­ge­tre­te­nem Recht sei­ner Kun­den u.a. eine Min­de­rung nach § 651d BGB** von wei­te­ren 40 % des ge­zahl­ten Rei­se­prei­ses, Kos­ten, die ein­zel­nen Rei­sen­den durch Kündi­gung gemäß § 651e Abs. 1 BGB*** und Ab­bruch der Reise ent­stan­den sind, und Ent­schädi­gung we­gen nutz­los auf­ge­wen­de­ter Ur­laubs­zeit gemäß § 651f Abs. 2**** BGB gel­tend.
Das Land­ge­richt hat die Klage ab­ge­wie­sen; die hier­ge­gen ge­rich­tete Be­ru­fung hat das Ober­lan­des­ge­richt zurück­ge­wie­sen. Es hat an­ge­nom­men, die Reise sei zwar man­gel­haft im Sinne des § 651c Abs. 1 BGB* ge­we­sen, die Mängel seien aber durch die ge­leis­te­ten Zah­lun­gen ab­ge­gol­ten. Eine ob­jek­tiv er­heb­li­che Be­einträch­ti­gung der ge­sam­ten Reise, die diese als Gan­zes ent­wer­tet hätte, liege nicht vor, so dass auch Scha­dens­er­satz­an­sprüche und An­sprüche we­gen ver­ta­ner Ur­laubs­zeit nicht ge­ge­ben seien.
Der für das Reise- und Per­so­nen­beförde­rungs­recht zuständige X. Zi­vil­se­nat hat die Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts auf­ge­ho­ben und die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an die Vor­in­stanz zurück­ver­wie­sen.
Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die Ge­samt­umstände, die die Rei­se­leis­tung be­einträch­tigt ha­ben, un­zu­rei­chend berück­sich­tigt und zu Un­recht ent­schei­dend dar­auf ab­ge­stellt, der grund­le­gende Cha­rak­ter der Reise als "Grönland-Kreuz­fahrt" sei nicht in Frage ge­stellt ge­we­sen. Da­bei ist der Ver­lauf des zwei­ten Teils der Reise, bei dem der Auf­ent­halt in Reyk­ja­vik stark verkürzt wurde und die ge­plan­ten Be­su­che der Färöer und der Or­kney-In­seln vollständig durch eine bloße ver­lang­samte Rück­reise er­setzt wur­den, nicht hin­rei­chend berück­sich­tigt. Das Be­ru­fungs­ge­richt muss da­her die Quote, um die der Rei­se­preis zu min­dern ist, er­neut prüfen.
Schon da­mit fehlt auch der Ver­sa­gung ei­nes Kündi­gungs­rechts und ei­nes An­spruchs auf eine an­ge­mes­sene Ent­schädi­gung we­gen nutz­los auf­ge­wen­de­ter Ur­laubs­zeit die Grund­lage. Im Übri­gen set­zen so­wohl das Kündi­gungs­recht als auch der Ent­schädi­gungs­an­spruch eine er­heb­li­che Be­einträch­ti­gung der Reise vor­aus. Ob diese Er­heb­lich­keits­schwelle über­schrit­ten ist, ist auf­grund ei­ner Ge­samt­be­wer­tung der Mängel der Rei­se­leis­tung zu be­ur­tei­len, für die die Min­de­rungs­quote nur einen An­halt bie­tet. *§ 651c Abs. 1 BGB lau­tet: Der Rei­se­ver­an­stal­ter ist ver­pflich­tet, die Reise so zu er­brin­gen, dass sie die zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaf­ten hat und nicht mit Feh­lern be­haf­tet ist, die den Wert oder die Taug­lich­keit zu dem gewöhn­li­chen oder nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­ten Nut­zen auf­he­ben oder min­dern. **§ 651d Abs. 1 Satz 1 BGB lau­tet: Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 man­gel­haft, so min­dert sich für die Dauer des Man­gels der Rei­se­preis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3. ***§ 651e Abs. 1 BGB lau­tet: Wird die Reise in­folge ei­nes Man­gels der in § 651c be­zeich­ne­ten Art er­heb­lich be­einträch­tigt, so kann der Rei­sende den Ver­trag kündi­gen. Das­selbe gilt, wenn ihm die Reise in­folge ei­nes sol­chen Man­gels aus wich­ti­gem, dem Rei­se­ver­an­stal­ter er­kenn­ba­ren Grund nicht zu­zu­mu­ten ist. ****§ 651f Abs. 2 BGB lau­tet: Wird die Reise ver­ei­telt oder er­heb­lich be­einträch­tigt, so kann der Rei­sende auch we­gen nutz­los auf­ge­wen­de­ter Ur­laubs­zeit eine an­ge­mes­sene Ent­schädi­gung in Geld ver­lan­gen kann. Quelle: Pres­se­mit­tei­lung des BGH NR. 88/2013 vom 14.05.2013
15.05.2013 nach oben

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