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BGH zur Hinweispflicht des Steuerberaters einer GmbH hinsichtlich möglicher verdeckter Gewinnausschüttungen

Urteil des BGH vom 23.2.2012 - IX ZR 92/08

Er­ar­bei­tet ein Steu­er­be­ra­ter mehr­mals für eine GmbH den steu­er­li­chen Jah­res­ab­schluss oder die Erklärun­gen zu Körper­schaft- und Ge­wer­be­steu­ern, so muss er auch in einem hier­auf be­schränk­ten Dau­er­man­dat Ge­stal­tungs­fra­gen, aus de­nen sich ver­deckte Ge­winn­aus­schüttun­gen er­ge­ben können, mit der Auf­trag­ge­be­rin erörtern und auf Ri­si­ken hin­wei­sen. Ob er ent­spre­chende Hin­weise auch an An­ge­stellte sei­ner Auf­trag­ge­be­rin haf­tungs­ver­mei­dend er­tei­len kann, hängt von der Stel­lung des Mit­ar­bei­ters ab.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin be­auf­tragte im Ja­nuar 1997 die Be­klagte zu 1) mit ih­rer steu­er­li­chen Be­treu­ung. Zu­vor lag diese über ein Jahr­zehnt in den Händen des im No­vem­ber 1996 ver­stor­be­nen Steu­er­be­ra­ters F, wel­cher von der Be­klag­ten zu 2) be­erbt wurde. Die Ge­sell­schaf­ter der Kläge­rin, die in der Rechts­form der GmbH einen Au­to­han­del be­treibt, wa­ren bei die­ser an­ge­stellt und be­zo­gen nach ei­ner Ver­schmel­zung in den Jah­ren von 1994 bis 1998 erhöhte Vergütun­gen, die das Fi­nanz­amt anläss­lich ei­ner Be­triebsprüfung als ver­deckte Ge­winn­aus­schüttun­gen be­ur­teilte.

Des­we­gen er­gin­gen 2002 an die Kläge­rin für den ge­nann­ten Zeit­raum und die bei­den Fol­ge­jahre neue Be­scheide über Ge­werbe- und Körper­schaft­steu­ern, aus de­nen sich eine er­heb­li­che Mehr­be­las­tung für die im Streit ste­hen­den Ver­an­la­gungs­zeiträume 1997 bis 2000 er­gab. Die Kläge­rin be­haup­tet, von der Be­klag­ten zu 1) und dem Rechts­vorgänger der Be­klag­ten zu 2) auf das Ri­siko ei­ner ver­deck­ten Ge­winn­aus­schüttung durch die Ge­sell­schaf­ter­bezüge nicht hin­ge­wie­sen wor­den zu sein. Auf­grund der Be­ra­tungsmängel sei ihr in dem ge­nann­ten Zeit­raum ein Steu­er­nach­teil i.H.v. rd. 117.000 € ent­stan­den.

Die Be­klag­ten stel­len nach dem be­schränk­ten Um­fang ih­rer Man­date ein Be­ra­tungs­ver­schul­den in Ab­rede. Die Be­klagte zu 1) macht zu­dem gel­tend, der für sie tätige Steu­er­be­ra­ters N habe ge­genüber der Buch­hal­te­rin der Kläge­rin, der Ehe­frau ei­nes der bei­den Fa­mi­li­en­ge­sell­schaf­ter, geäußert, er wisse nicht, ob die pro­ble­ma­ti­sche Höhe der Ge­sell­schaf­ter­bezüge beim Fi­nanz­amt "so durch­gehe".

LG und OLG wie­sen die auf ge­samt­schuld­ne­ri­sche Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zum Scha­dens­er­satz ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
F und die Be­klagte zu 1) ha­ben ent­ge­gen der An­nahme des OLG pflicht­wid­rig ge­han­delt.

F war mit Über­nahme sei­nes Man­da­tes je­den­falls be­auf­tragt, für die Kläge­rin die Körper­schaft­steu­er­erklärun­gen zu ent­wer­fen. Spätes­tens hier­bei mus­ste von ihm ent­ge­gen der An­sicht bei­der Ta­trich­ter geprüft wer­den, ob die von der Fi­nanz­ver­wal­tung später be­an­stan­de­ten Bezüge der an­ge­stell­ten Ge­sell­schaf­ter als ver­deckte Ge­winn­aus­schüttung gem. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG zu wer­ten wa­ren, weil sie ein or­dent­li­cher und ge­wis­sen­haf­ter Ge­schäftsführer einem Nicht­ge­sell­schaf­ter ver­sagt hätte. Denn nur bei Ver­nei­nung ei­ner ver­deck­ten Ge­winn­aus­schüttung konn­ten die An­ge­stell­ten­bezüge der Ge­sell­schaf­ter vollen Um­fangs als ge­winn­min­dernde Be­triebs­aus­ga­ben an­ge­setzt wer­den.

Selbst wenn F kei­nen ausdrück­li­chen Auf­trag zur körper­schaft­steu­er­li­chen Ge­stal­tungs­be­ra­tung hatte, mus­ste er diese im körper­schaft­steu­er­li­chen Dau­er­man­dat an­fal­len­den Fra­gen von sich aus auf­grei­fen und mit der Kläge­rin erörtern. Es lag zu­min­dest ein in­halt­lich be­schränk­tes Dau­er­man­dat vor, wel­ches F ver­pflich­tete, bei ers­ter Ge­le­gen­heit über die vor­ge­fun­de­nen steu­er­li­chen Ri­si­ken des Man­dats­ge­gen­stan­des auf­zuklären, zu de­nen die ver­deck­ten Ge­winn­aus­schüttun­gen gehörten. Ob F einen darüber hin­aus­ge­hen­den um­fas­sen­den Wil­len zur steu­er­li­chen Be­treu­ung der Kläge­rin und ih­rer Rechts­vorgänge­rin hatte, ist ent­ge­gen der An­sicht des OLG für den Haf­tungs­grund nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich.

Die glei­che Prüfungs­pflicht traf später die Be­klagte zu 1) bei der von ihr über­nom­me­nen An­fer­ti­gung steu­er­li­cher Jah­res­ab­schlüsse für die Kläge­rin. Diese Pflicht kann sie auch da­durch ver­letzt ha­ben, dass sie ihre An­nahme ver­deck­ter Ge­winn­aus­schüttun­gen nicht dem Ge­schäftsführer der Kläge­rin erläuterte, nach­dem die an­ge­spro­chene Buch­hal­te­rin den Hin­weis auf das Ri­siko und die un­si­chere Be­ur­tei­lung durch das Fi­nanz­amt als ge­gen­stands­los ab­tat, weil die An­ge­le­gen­heit der Ge­sell­schaf­ter­bezüge be­reits von F geprüft und für un­schädlich er­ach­tet wor­den sei. Ob eine sol­che Re­mons­tra­tion des steu­er­li­chen Be­ra­ters in der Hier­ar­chie der be­ra­te­nen Ge­sell­schaft ge­bo­ten ist, hängt von den je­wei­li­gen Umständen ab.

Im Streit­fall la­gen be­son­dere Umstände vor, weil die Buch­hal­te­rin mit einem der bei­den Fa­mi­li­en­ge­sell­schaf­ter ver­hei­ra­tet war und auch die Ver­trags­ver­hand­lun­gen bei Be­auf­tra­gung der Be­klag­ten zu 1) selbständig geführt hatte. Sie besaß da­nach eine un­gewöhn­li­che Ver­trau­ens­stel­lung und konnte der Be­klag­ten zu 1) als ran­gan­ge­mes­sene Repräsen­tan­tin der Kläge­rin zur Ent­ge­gen­nahme der ge­bo­te­nen Hin­weise er­schei­nen, de­ren Un­ter­rich­tung es erübrigte, sich di­rekt an die Ge­schäfts­lei­tung zu wen­den. Die auch hier not­wen­dige ta­trich­ter­li­che Würdi­gung hat das OLG nach sei­nem an­ders­ar­ti­gen Aus­gangs­punkt un­ter­las­sen.

Link­hin­weis:
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