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BGH zur Grundstücksübertragung ohne Genehmigung des Ehegatten

Beschluss des BGH vom 21.2.2013 - V ZB 15/12

In Fällen, in de­nen ein im ge­setz­li­chen Güter­stand le­ben­der Grundstücks­ei­gentümer über ein ihm gehören­des Grundstück ohne Zu­stim­mung des Ehe­gat­ten verfügt, darf das Grund­buch­amt seine Verfügungs­be­fug­nis nur an­zwei­feln, wenn kon­krete An­halts­punkte für das Vor­lie­gen so­wohl der ob­jek­ti­ven als auch der sub­jek­ti­ven Vor­aus­set­zun­gen des § 1365 Abs. 1 BGB be­ste­hen. Die Vor­schrift knüpft al­lein an das Ver­pflich­tungs­ge­schäft bzw. an die Verfügung selbst an.

Der Sach­ver­halt:
Der S. ist der ge­mein­same Sohn von B. und E. Diese war als Ei­gentüme­rin ei­nes Grundstücks so­wie als Mit­ei­gentüme­rin zu ½ ei­nes wei­te­ren, ge­mein­sam mit ih­rem Ehe­mann be­wohn­ten Grundstücks im Grund­buch ein­ge­tra­gen. Der B. und seine Ehe­frau le­ben im ge­setz­li­chen Güter­stand. Mit no­ta­ri­el­lem Erb­ver­trag aus Juni 2006 setzte die E. den S. zu ih­rem al­lei­ni­gen Er­ben ein. Darüber hin­aus erklärte sie in der no­ta­ri­el­len Ur­kunde, sie be­ab­sich­tige ih­ren Grund­be­sitz schon zu Leb­zei­ten auf ihn zu über­tra­gen. Für den Fall, dass die be­ab­sich­tigte Grundstücksüber­tra­gung nicht bis Ende Juni 2010 zu no­ta­ri­el­lem Pro­to­koll erklärt wor­den sei, er­teilte sie dem S. die un­wi­der­ruf­li­che Voll­macht, un­ter Be­frei­ung von den Be­schränkun­gen des § 181 BGB den Grund­be­sitz auf sich zu über­tra­gen und auf­zu­las­sen.

Nach­dem der S. dem B. mit­ge­teilt hatte, dass er die Über­tra­gung des ein­gangs be­zeich­ne­ten Grundstücks auf sich in die Wege lei­ten werde, wies die­ser im Juni 2010 das Grund­buch­amt dar­auf hin, dass die ge­plante Über­tra­gung des Grundstücks gem. § 1365 BGB sei­ner Zu­stim­mung bedürfe. Schließlich stelle das Grundstück na­hezu das ge­samte Vermögen sei­ner Ehe­frau dar. Der Wert be­laufe sich auf ca. 2,5 bis 4 Mio. €, den Wert des hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teil sei­ner Ehe­frau an der ge­mein­sam be­wohn­ten Im­mo­bi­lie schätze er auf 135.000 € bis 160.000 €, ihr übri­ges Vermögen be­trage etwa 100.000 €.

Im Juli 2010 erklärte der S. 2 im Na­men sei­ner Mut­ter, dass er das Grundstück un­ent­gelt­lich auf sich über­trage und erklärte zu­gleich die Auf­las­sung. Nach­dem der No­tar die Ei­gen­tums­um­schrei­bung be­an­tragt hatte, teilte er auf Auf­for­de­rung des Grund­buch­am­tes mit, die Ver­trags­par­teien hätten ihm plau­si­bel dar­ge­legt, dass § 1365 BGB nicht zur An­wen­dung komme. Der S. wurde als Ei­gentümer des über­tra­ge­nen Grundstücks in das Grund­buch ein­ge­tra­gen. Der An­trag des B. auf Ein­tra­gung ei­nes Amts­wi­der­spruchs lehnte das Grund­buch­amt ab. Das OLG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Be­schwerde des B. ab. Auch die Rechts­be­schwerde vor dem BGH blieb er­folg­los.

Gründe:
Das Grund­buch­amt hatte durch die Ein­tra­gung des S.keine ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten ver­letzt.

Das Grund­buch­amt ist nur dann zu ei­ner Be­an­stan­dung gem. § 18 GBO be­rech­tigt und ver­pflich­tet, wenn es von dem Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen des § 1365 Abs. 1 BGB Kennt­nis hat oder wenn aus den Ein­tra­gungs­un­ter­la­gen oder auf­grund be­kann­ter bzw. nach der Le­bens­er­fah­rung na­he­lie­gen­der Umstände begründe­ter An­lass zu ei­ner sol­chen An­nahme be­steht. Nur wenn kon­krete An­halts­punkte so­wohl für das Vor­lie­gen des ob­jek­ti­ven als auch für das Vor­lie­gen des sub­jek­ti­ven Tat­be­stan­des des § 1365 Abs. 1 BGB ge­ge­ben sind, darf das Grund­buch­amt die Zu­stim­mung des an­de­ren Ehe­gat­ten oder den Nach­weis wei­te­ren Vermögens ver­lan­gen.

In­fol­ge­des­sen war es rich­tig, dass das Grund­buch­amt den S. als Ei­gentümer des ihm von der Mut­ter über­tra­ge­nen Grundstücks ein­ge­tra­gen hatte, ohne die Zu­stim­mung des B. oder den Nach­weis wei­te­ren Vermögens zu ver­lan­gen. Zwar lie­gen aus­rei­chende kon­krete An­halts­punkte für das Vor­lie­gen der Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen des § 1365 Abs. 1 BGB dann vor, wenn sich der dem Grund­buch­amt vor­ge­leg­ten Ur­kunde über das Grundstücks­ge­schäft ent­neh­men lässt, dass sich das Rechts­ge­schäft auf den ge­sam­ten Grund­be­sitz ei­nes Ehe­gat­ten be­zieht. Die no­ta­ri­elle Ur­kunde aus Juni 2006 be­inhal­tete aber kein zu­stim­mungs­bedürf­ti­ges Rechts­ge­schäft. Denn mit der bloßen Ab­sichts­erklärung, ih­ren Grund­be­sitz noch zu ih­ren Leb­zei­ten auf den S. zu über­tra­gen, hatte sich die E. nicht zu ei­ner Verfügung über die Grundstücke ver­pflich­tet.

Der Um­stand, dass sie dem Sohn für den Fall, dass die be­ab­sich­tigte Grundstücksüber­tra­gung nicht bin­nen vier Jah­ren vor­ge­nom­men sein sollte, die un­wi­der­ruf­li­che Voll­macht er­teilt hatte, die Grundstücke auf sich zu über­tra­gen, führte zu kei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung. Denn in der bloßen Voll­machts­er­tei­lung liegt keine Ver­pflich­tung zur Übe­reig­nung des Grund­be­sit­zes. Sie selbst be­darf auch wenn sie un­wi­der­ruf­lich ist und un­ter Be­frei­ung von den Be­schränkun­gen nach § 181 BGB er­teilt wird nicht nach § 1365 BGB der Ein­wil­li­gung des an­de­ren Ehe­gat­ten. § 1365 BGB knüpft al­lein an das Ver­pflich­tungs­ge­schäft bzw. an die Verfügung selbst an. Da­her be­darf erst das von dem Ver­tre­ter aus­geführte Ge­schäft, wie wenn der Ehe­gatte es selbst vor­ge­nom­men hätte, der Zu­stim­mung nach § 1365 Abs. 1 BGB. Darüber hin­aus wa­ren die An­ga­ben des B. zum Vor­lie­gen des ob­jek­ti­ven Tat­be­stan­des des § 1365 Abs. 1 BGB zu pau­schal.

Link­hin­weis:
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