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BGH zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch den Tatrichter

Urteil des BGH vom 29.2.2012 - VIII ZR 346/10

Bei ei­ner wie hier sehr weit aus­ein­an­der ge­hen­den Streu­ung der Ver­gleichs­mie­ten hat der Ta­trich­ter mit Un­terstützung des Sach­verständi­gen auf der Grund­lage ei­ner aus­rei­chend großen, repräsen­ta­ti­ven Stich­probe ver­gleich­ba­rer Woh­nun­gen zunächst das breite Spek­trum der am Markt tatsäch­lich ge­zahl­ten Mie­ten auf den en­ge­ren Be­reich der Ent­gelte zu be­gren­zen, der als Spanne der ortsübli­chen Ver­gleichs­miete an­zu­se­hen ist. Wenn die Spanne der ortsübli­chen Ver­gleichs­miete rechts­feh­ler­frei er­mit­telt wor­den ist, dann ist in de­ren Rah­men die Ein­zel­ver­gleichs­miete vom Ta­trich­ter zu be­stim­men.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klag­ten hat­ten im Juni 2005 eine Sechs-Zim­mer-Woh­nung in Karls­ruhe von der Rechts­vorgänge­rin der Kläge­rin an­ge­mie­tet. Für die 193 qm Wohnfläche wur­den 1.250 € mo­nat­li­che Kalt­miete ver­ein­bart. Die Kläge­rin be­gehrte im Juli 2009 un­ter Be­nen­nung von drei Ver­gleichs­woh­nun­gen mit Mie­ten von 7,80 €/qm, 7,94 €/qm und 8,54 €/qm die Zu­stim­mung der Be­klag­ten zu ei­ner Erhöhung der Kalt­miete um 200 €. Die Be­klag­ten ver­wei­ger­ten die Zu­stim­mung.

AG und LG ga­ben der auf Zu­stim­mung zu der Miet­erhöhung ge­rich­te­ten Klage nach Ein­ho­lung ei­nes Sach­verständi­gen­gut­ach­tens und Anhörung des Gut­ach­ters statt. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Klage zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück.

Die Gründe:
Ein An­spruch der Kläge­rin auf Zu­stim­mung zu der gel­tend ge­mach­ten Miet­erhöhung konnte mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Begründung be­jaht wer­den.

Das Be­ru­fungs­ge­richt hatte rechts­feh­ler­haft an­ge­nom­men, dass die ge­samte Miet­spanne der vom Sach­verständi­gen in das Gut­ach­ten ein­be­zo­ge­nen Ver­gleichs­woh­nun­gen zu­gleich die Band­breite der kon­kre­ten Ein­zel­ver­gleichs­miete dar­stelle. Das traf al­ler­dings nicht zu. Eine sol­che Auf­fas­sung würde dazu führen, dass der Ver­mie­ter ohne Wei­te­res die in einem Ge­biet be­zahlte Spit­zen­miete ver­lan­gen könnte. Das sieht das Ge­setz al­ler­dings nicht vor. Viel­mehr kann der Ver­mie­ter nach § 558 Abs. 1 u. 2 BGB nur die Miete ver­lan­gen, die als zu er­mit­telnde Ein­zel­ver­gleichs­miete in­ner­halb der Spanne der durch Neu­ver­mie­tun­gen und Be­stands­mie­tenände­run­gen der letz­ten vier Jahre geprägten ortsübli­chen Ver­gleichs­miete in dem be­tref­fen­den Ge­biet liegt.

Bei ei­ner wie hier sehr weit aus­ein­an­der ge­hen­den Streu­ung der Ver­gleichs­mie­ten hat der Ta­trich­ter mit Un­terstützung des Sach­verständi­gen auf der Grund­lage ei­ner aus­rei­chend großen, repräsen­ta­ti­ven Stich­probe ver­gleich­ba­rer Woh­nun­gen zunächst das breite Spek­trum der am Markt tatsäch­lich ge­zahl­ten Mie­ten auf den en­ge­ren Be­reich der Ent­gelte zu be­gren­zen, der als Spanne der ortsübli­chen Ver­gleichs­miete an­zu­se­hen ist. Diese Ein­gren­zung auf den Be­reich der "übli­chen Ent­gelte" gem. § 558 Abs. 2 S. 1 BGB hat das Be­ru­fungs­ge­richt je­doch versäumt.

Wenn die Spanne der ortsübli­chen Ver­gleichs­miete rechts­feh­ler­frei er­mit­telt wurde, ist in de­ren Rah­men die Ein­zel­ver­gleichs­miete vom Ta­trich­ter zu be­stim­men. Auch das wurde hier versäumt. Die Ein­zel­ver­gleichs­miete als "kon­krete" ortsübli­che Ver­gleichs­miete wird in der Re­gel durch Ein­stu­fung der Woh­nung in­ner­halb der Spanne auf­grund zusätz­li­cher qua­li­ta­ti­ver Kri­te­rien näher be­stimmt wer­den können. Ebenso mag es möglich sein, vom Mit­tel­wert der Spanne aus­zu­ge­hen und auf­grund be­son­de­rer Qua­litätsmerk­male der zu be­wer­ten­den Woh­nung Zu- oder Ab­schläge vor­zu­neh­men. Da­bei kann der Ta­trich­ter, wie aus­geführt, im Er­geb­nis zu ei­ner punkt­ge­nauen Ein­zel­ver­gleichs­miete, aber auch zu ei­ner Band­breite der Ein­zel­ver­gleichs­miete ge­lan­gen. Bei ge­rin­ger Markt­streu­ung kann die Band­breite der Ein­zel­ver­gleichs­miete auch mit der Spanne der ortsübli­chen Ver­gleichs­miete übe­rein­stim­men. Auch diese Be­ur­tei­lung ob­liegt dem Ta­trich­ter mit Un­terstützung des Sach­verständi­gen.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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