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BGH zur Berücksichtigungsfähigkeit von Mieterleistungen als abwohnbarer Baukostenzuschuss

Urteil des BGH vom 15.2.2012 - VIII ZR 166/10

Eine Aus­nahme zur Re­ge­lung, dass Vor­aus­verfügun­gen über künf­tige Mie­ten i.S.v. § 1124 Abs. 2 BGB ge­genüber Grund­pfandgläubi­gern bzw. für sie täti­gen Zwangs­ver­wal­ter un­wirk­sa­men sind, bil­den die sog. Bau­kos­ten­zu­schüsse. Hier­bei müssen die Leis­tun­gen des Mie­ters mit Rück­sicht auf das Miet­verhält­nis als Vor­aus­zah­lung auf­ge­bracht und zum Auf- oder Aus­bau des Miet­grundstücks ver­wen­det wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hatte als Zwangs­ver­wal­ter von der Be­klag­ten die Räum­ung ei­nes Grundstücks ver­langt. Diese hatte das mit einem Vor­der- und einem Hin­ter­haus be­baute Grundstück im De­zem­ber 2001 von den da­ma­li­gen Grundstücks­ei­gentümern und Ver­mie­tern an­ge­mie­tet. Bei Ab­schluss des Miet­ver­tra­ges war al­lein das Hin­ter­haus nutz­bar, während das Vor­der­haus noch nicht sa­niert war. Die Be­klagte ei­nigte sich mit den Ver­mie­tern dar­auf, die Sa­nie­rungs­ar­bei­ten zu über­neh­men. Diese soll­ten später mit der Miete ver­rech­net wer­den.

Die von der Be­klag­ten in der Fol­ge­zeit vor­ge­nom­me­nen Ar­bei­ten, hat sie nach ei­ge­nen An­ga­ben un­ter Ein­satz ei­nes Spar­vermögens von 35.000 € so­wie in Ei­gen­leis­tung un­ter Mit­wir­kung von Fa­mi­li­en­an­gehöri­gen und Freun­den getätigt. Die Be­klagte führte im Ok­to­ber 2005 mit den Ver­mie­tern eine Schluss­ab­nahme durch und stell­ten da­bei Bau­kos­ten von 320.500 € fest. Fer­ner wurde ein Ab­woh­nen der Bau­kos­ten von 2004 bis 2023 ver­ein­bart.

Nach­dem die Be­klagte un­ter Hin­weis auf die von ihr vor­ge­nom­me­nen Ar­bei­ten und die mit den Ver­mie­tern ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen eine Miet­zah­lung an den Kläger ver­wei­gert hatte, kündigte die­ser im Juli 2006 das Miet­verhält­nis we­gen der aus­ste­hen­den Miete. AG und LG ga­ben der Räum­ungs­klage statt. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH die Ur­teile auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück.

Die Gründe:
Die Vor­in­stan­zen hat­ten die Vor­aus­set­zun­gen ver­kannt, nach de­nen sich das Vor­lie­gen ei­nes Bau­kos­ten­zu­schus­ses und da­mit die Frage be­ur­teilt, ob die von der Be­klag­ten auf dem Miet­grundstück er­brach­ten Aus- und Um­bau­leis­tun­gen als eine dem Kläger ge­genüber wirk­same Miet­vor­aus­zah­lung für die im Streit ste­hen­den Mo­nate an­zu­se­hen sind.

Nach § 1124 Abs. 2 BGB, der gem. § 146 Abs. 1, § 148 Abs. 1 S. 1, § 20 ZVG auch in der Zwangs­ver­wal­tung ei­nes Grundstücks ge­genüber dem ein­ge­setz­ten Zwangs­ver­wal­ter An­wen­dung fin­det, ist eine (Vor­aus-)Verfügung über Miet­for­de­run­gen dem Grund­pfandgläubi­ger ge­genüber zwar un­wirk­sam und kann ihm des­halb nicht als Erfüllung ent­ge­gen ge­hal­ten wer­den, so­weit sie sich auf die Miete für eine spätere Zeit als den zur Zeit der Be­schlag­nahme lau­fen­den Ka­len­der­mo­nat be­zieht. Eine Aus­nahme von die­ser Re­gel, die ver­hin­dern soll, dass Grund­pfand­rechte durch un­er­kannte Vor­aus­verfügun­gen über Miet­for­de­run­gen aus­gehöhlt wer­den, bil­den al­ler­dings die Bau­kos­ten­zu­schüsse. Diese muss sich ein Grund­pfandgläubi­ger bzw. ein für ihn täti­ger Zwangs­ver­wal­ter als Miet­vor­aus­zah­lun­gen ent­ge­gen­hal­ten las­sen.

Vor­aus­set­zung für die Berück­sich­ti­gungsfähig­keit ei­nes ab­wohn­ba­ren Bau­kos­ten­zu­schus­ses als Miet­vor­aus­zah­lung ist zum einen, dass er mit der Ab­rede ge­leis­tet wird, dass die als Vor­aus­zah­lung zu er­brin­gen­den Leis­tun­gen vom Mie­ter in die­ser Ei­gen­schaft, nämlich mit Rück­sicht auf das Miet­verhält­nis, auf­ge­bracht und zum Auf- oder Aus­bau des Miet­grundstücks ver­wen­det wer­den sol­len. Zum an­de­ren müssen - un­ter Zu­grun­de­le­gung ei­ner wirt­schaft­li­chen Be­trach­tungs­weise - die er­brach­ten Leis­tun­gen tatsäch­lich, wenn auch nur mit­tel­bar, zur Schaf­fung oder In­stand­set­zung des Miet­ob­jekts ver­wandt wor­den sein, und zwar - bei der auch in­so­weit ge­bo­te­nen wirt­schaft­li­chen Be­trach­tungs­weise - aus dem ei­ge­nen Vermögen des Mie­ters.

Diese Vor­aus­set­zun­gen war hier - ent­ge­gen der An­sicht der Vor­in­stan­zen - ge­ge­ben. Schließlich kam es auf die Frage, in wel­chen Baumaßnah­men und Bau­tei­len sich das ein­ge­setzte Geld im Ein­zel­nen nie­der­ge­schla­gen hat, we­gen der Maßgeb­lich­keit des durch die Baumaßnah­men er­reich­ten Ge­samt­er­geb­nis­ses nicht an. Das Be­ru­fungs­ge­richt hatte fer­ner die von der Be­klag­ten vor­ge­tra­ge­nen Sach- und Ar­beits­leis­tun­gen so­wie fi­nan­zi­el­len Un­terstützun­gen aus dem Kreis ih­rer Fa­mi­lie und Freunde zu Un­recht un­berück­sich­tigt ge­las­sen. Es hätte die Leis­tun­gen in die er­for­der­li­che Ge­samt­be­trach­tung des von der Be­klag­ten am Miet­ob­jekt er­brach­ten Aus- und Um­bau­er­folgs ein­be­zie­hen und den da­hin­ge­hen­den Be­weis­an­trit­ten nach­ge­hen müssen.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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