deen

Aktuelles

BGH zur Beendigung des Mietvertrags über einen Garagenplatz wegen Untervermietung durch die Wohnungseigentümerin

Urteil des BGH vom 30.11.2012 - V ZR 234/11

Be­schließen die Woh­nungs­ei­gentümer Maßnah­men zur Be­en­di­gung ei­nes zwi­schen der Ge­mein­schaft und einem ih­rer Mit­glie­der ge­schlos­se­nen Ver­tra­ges (hier: Miete ei­nes Tief­ga­ra­gen­plat­zes), ist eine ord­nungs­gemäße Ver­wal­tung nicht schon we­gen ei­nes mögli­chen Schei­terns der Maßnah­men zu ver­nei­nen. Dies ist erst dann der Fall, wenn für einen verständi­gen Woh­nungs­ei­gentümer ohne wei­te­res er­sicht­lich ist, dass die Be­en­di­gung aus tatsäch­li­chen oder recht­li­chen Gründen von vorn­her­ein nicht er­reich­bar ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Par­teien bil­den die im Ru­brum näher be­zeich­nete Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft. Von die­ser mie­tete die Kläge­rin einen im Ge­mein­schafts­ei­gen­tum ste­hen­den Tief­ga­ra­gen­stell­platz, den sie seit März 2006 den Mie­tern ei­ner eben­falls in der An­lage be­find­li­chen Ei­gen­tums­woh­nung un­ter­ver­mie­tet. Die Ver­wal­te­rin, die hier­von im März 2006 in Kennt­nis ge­setzt wurde, for­derte im Juni 2009 die Be­en­di­gung der Un­ter­ver­mie­tung und kündigte für den Fall der Frucht­lo­sig­keit die frist­lose Kündi­gung des Miet­ver­tra­ges an.

Mit Schrei­ben von Ok­to­ber 2009 erklärte ein von der Ver­wal­te­rin be­auf­trag­ter Rechts­an­walt na­mens der Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft un­ter Be­ru­fung auf "die un­er­laubte Wei­ter­ver­mie­tung" die frist­lose und hilfs­weise die frist­gemäße Kündi­gung des Miet­ver­tra­ges zum 31.1.2010. Dem Kündi­gungs­schrei­ben bei­gefügt wa­ren eine dem An­walt von der Ver­wal­te­rin na­mens der Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft er­teilte Voll­macht vom 29.10.2009 so­wie eine von einem Mit­glied des Ver­wal­tungs­bei­rats am 11.7.2002 un­ter­zeich­nete Voll­machts­ur­kunde, nach der die Ver­wal­te­rin u.a. be­fugt ist, Verträge ab­zu­schließen und zu kündi­gen so­wie in ein­zel­nen An­ge­le­gen­hei­ten Un­ter­voll­mach­ten zu er­tei­len.

Die Kläge­rin wies die Kündi­gung mit der Begründung zurück, es werde die Le­gi­ti­ma­tion der Ver­wal­te­rin be­strit­ten, der­ar­tige An­sprüche gel­tend zu ma­chen. Durch auf der Ei­gentümer­ver­samm­lung von Mai 2010 ge­fass­ten Mehr­heits­be­schluss ge­neh­mig­ten die Woh­nungs­ei­gentümer die Kündi­gung von Ok­to­ber 2009 und ermäch­tig­ten die Ver­wal­te­rin, einen Räum­ungs­an­spruch "er­for­der­li­chen­falls" ge­richt­lich gel­tend zu ma­chen.

AG und LG wie­sen die ge­gen die­sen Be­schluss ge­rich­tete Be­schlussmängel­klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück.

Die Gründe:
Zu­tref­fend ist das OLG zunächst da­von aus­ge­gan­gen, dass die Ein­be­ru­fung der Ei­gentümer­ver­samm­lung den for­ma­len An­for­de­run­gen des § 23 Abs. 2 WEG genügte und dass die als Ver­tre­ter be­stimm­ter Woh­nungs­ei­gentümer auf­ge­tre­te­nen Per­so­nen zur Ab­stim­mung be­vollmäch­tigt wa­ren. Nich­tig­keitsgründe sind nicht er­sicht­lich. Auch An­fech­tungsgründe grei­fen nicht durch. Das mit dem Be­schluss ver­folgte An­lie­gen geht bei der ge­bo­te­nen nächst­lie­gen­den Aus­le­gung da­hin, dass das Miet­verhält­nis mit der Kläge­rin we­gen der Un­ter­ver­mie­tung be­en­det wer­den soll. Das kommt da­durch zum Aus­druck, dass die bis­her ge­trof­fe­nen Maßnah­men ge­bil­ligt und zur Durch­set­zung die­ses An­lie­gens auch für die Zu­kunft die er­for­der­li­chen Maßnah­men er­grif­fen wer­den sol­len, wie die der Ver­wal­te­rin er­teilte "Ermäch­ti­gung" be­legt, einen Räum­ungs­an­spruch "er­for­der­li­chen­falls" auch ge­richt­lich durch­zu­set­zen.

Aus der Sicht ei­nes verständi­gen Woh­nungs­ei­gentümers steht nicht die (vor­sorg­li­che) Ge­neh­mi­gung der Kündi­gung im Vor­der­grund, son­dern das ge­ne­relle An­lie­gen, das mit der Kläge­rin be­ste­hende Miet­verhält­nis zu be­en­den und die dar­aus re­sul­tie­ren­den An­sprüche durch­zu­set­zen. Die hierzu ge­eig­net er­schei­nen­den Mit­tel sol­len ein­ge­setzt wer­den. Eine Be­schränkung auf be­stimmte ju­ris­ti­sche Mit­tel zur Ziel­er­rei­chung ist er­sicht­lich nicht ge­wollt. Ein sol­ches Vor­ge­hen ent­spricht ord­nungs­gemäßer Ver­wal­tung. Vor­lie­gend hat die Kläge­rin den Stell­platz rechts­wid­rig un­ter­ver­mie­tet (§ 540 Abs. 1 S. 1 BGB). Dass die Woh­nungs­ei­gentümer dies zum An­lass neh­men, den zwi­schen der Kläge­rin und dem Ver­band ge­schlos­se­nen Miet­ver­trag zu be­en­den, ist ebenso we­nig zu be­an­stan­den wie die vor­sorg­li­che Ge­neh­mi­gung der durch den be­auf­trag­ten Rechts­an­walt erklärten Kündi­gung.

Eine ord­nungs­gemäße Ver­wal­tung ist al­ler­dings dann zu ver­nei­nen, wenn für einen verständi­gen Woh­nungs­ei­gentümer ohne wei­te­res er­sicht­lich ist, dass das mit der Be­schluss­fas­sung an­vi­sierte Ziel aus tatsäch­li­chen oder recht­li­chen Gründen von vorn­her­ein nicht er­reich­bar ist. Da­von kann hier keine Rede sein. Das gilt ins­bes. für die höchstrich­ter­lich noch nicht geklärte Pro­ble­ma­tik, ob und ggf. mit wel­chen Fol­gen die voll­macht­lose Kündi­gung ei­nes Miet­ver­tra­ges nach § 180 S. 2 BGB ge­neh­mi­gungsfähig ist, und für die Frage, ob und ggf. un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen die Vor­schrift des § 545 BGB bei ei­ner Un­ter­ver­mie­tung zur An­wen­dung ge­langt.

Mit Er­folg ver­weist die Re­vi­sion je­doch auf das Vor­brin­gen in der Kla­ge­schrift, wo­nach zu­min­dest ein wei­te­res Mit­glied der Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft einen ihm über­las­se­nen Stell­platz eben­falls un­ter­ver­mie­tet hat und dies - an­ders als hier - nicht mo­niert wor­den ist. Das Vor­brin­gen ist ent­schei­dungs­er­heb­lich. Zwar liegt es zu­min­dest grundsätz­lich im Ge­stal­tungs­spiel­raum der Woh­nungs­ei­gentümer, ob sie eine rechts­wid­rige Un­ter­ver­mie­tung von Ge­mein­schafts­ei­gen­tum zum An­lass neh­men, dies zu be­an­stan­den und das Ver­trags­verhält­nis mit dem Haupt­mie­ter nach frucht­lo­ser Ab­mah­nung zu kündi­gen. Der ins­bes. bei Mehr­heits­be­schlüssen zum Tra­gen kom­mende Gleich­be­hand­lungs­grund­satz lässt Dif­fe­ren­zie­run­gen je­doch nur zu, wenn dafür ein aus­rei­chen­der Sach­grund be­steht. Ist ein sol­cher nicht er­sicht­lich, muss für eine Gleich­be­hand­lung der Woh­nungs­ei­gentümer - ggf. auch bei ei­ner er­neu­ten Kündi­gung - Sorge ge­tra­gen wer­den.

Das OLG wird im zwei­ten Rechts­gang die er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen zur Frage der Gleich­be­hand­lung zu tref­fen ha­ben (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben