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BGH zur Auslegung eines befristeten Kündigungsverzichts in einem Wohnraummietvertrag

Urteil des BGH vom 23.11.2011 - VIII ZR 120/11

Ein bei­der­sei­ti­ger, zeit­lich be­grenz­ter Kündi­gungs­aus­schluss in einem For­mu­lar­miet­ver­trag über Wohn­raum zu Las­ten des Mie­ters ist grundsätz­lich zulässig und kann auch in AGB ei­nes Staf­fel­miet­ver­tra­ges ver­ein­bart wer­den. Eine Klau­sel, die für die Zeit nach Ab­lauf von drei Jah­ren ausdrück­lich die Kündi­gung "mit ge­setz­li­cher Frist" - also die or­dent­li­che Kündi­gung - zulässt, ist nicht mehr­deu­tig.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klagte mie­tete für die Toch­ter des Ge­schäftsführers ih­rer persönlich haf­ten­den Ge­sell­schaf­te­rin eine Woh­nung der Kläge­rin in Köln. Zif­fer 3 des Ver­tra­ges vom 26.10.2007 lau­tet: "3. Miet­zeit: Ab dem 1.11.2007 Un­be­fris­tet: Die Par­teien ver­zich­ten wech­sel­sei­tig für die Dauer von drei Jah­ren auf ihr Recht zur Kündi­gung! Eine Kündi­gung ist erst­ma­lig nach Ab­lauf ei­nes Zeit­rau­mes von drei Jah­ren mit der ge­setz­li­chen Frist zulässig, also ab dem 30.10.2010 zum 1.1.2011 möglich!"

Zif­fer 4 des Miet­ver­tra­ges enthält zur Höhe der Miete eine Staf­fel­miet­ver­ein­ba­rung. Die Be­klagte kündigte das Miet­verhält­nis mit Schrei­ben vom 11.12.2008 zum 31.12.2008. Die Kläge­rin wi­der­sprach der Kündi­gung un­ter Hin­weis auf die Ver­ein­ba­rung in Zif­fer 3 des Miet­ver­trags. Sie er­hielt die Schlüssel am 18.5.2009 von der Be­klag­ten zurück und ver­mie­tete die Woh­nung zum 1.10.2009 an­der­wei­tig. Mit ih­rer Klage be­gehrt die Kläge­rin Zah­lung der Miete für die Mo­nate Ja­nuar bis ein­schließlich Juni 2009 i.H.v. ins­ge­samt 4.956 € nebst Zin­sen.

Das Amts­ge­richt gab der Klage i.H.v. 3.764 € nebst Zin­sen statt und wies die Klage im Übri­gen ab. Es hat die Re­ge­lung in Zif­fer 3 des Miet­ver­tra­ges für un­wirk­sam ge­hal­ten und der Kläge­rin Miete (2.478 €) für die Zeit bis ein­schließlich März 2009 so­wie Nut­zungs­ent­schädi­gung gem. § 546a BGB (1.306 €) für den Zeit­raum von April 2009 bis zur Schlüsselrück­gabe zu­ge­spro­chen. Das LG wies die Be­ru­fun­gen bei­der Par­teien zurück. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des LG ist Zif­fer 3 des Miet­ver­tra­ges nicht gem. § 307 BGB un­wirk­sam. Die Kündi­gung der Be­klag­ten hat das Miet­verhält­nis da­her ent­ge­gen der Auf­fas­sung des LG nicht vor­zei­tig zum 31.3.2009 be­en­det.

Nach der Recht­spre­chung des Se­nats ist ein bei­der­sei­ti­ger, zeit­lich be­grenz­ter Kündi­gungs­aus­schluss in einem For­mu­lar­miet­ver­trag über Wohn­raum grundsätz­lich zulässig. Ein sol­cher Kündi­gungs­aus­schluss zu Las­ten des Mie­ters kann auch in AGB ei­nes Staf­fel­miet­ver­tra­ges ver­ein­bart wer­den. Die zeit­li­che Ober­grenze von vier Jah­ren für einen Kündi­gungs­aus­schluss wird in Zif­fer 3 des Miet­ver­tra­ges nicht über­schrit­ten. Aus der Sicht ei­nes verständi­gen, ju­ris­ti­sch nicht vor­ge­bil­de­ten Mie­ters ist Zif­fer 3 des Miet­ver­tra­ges auch nicht mehr­deu­tig.

Die Klau­sel schließt le­dig­lich das Recht bei­der Par­teien zur or­dent­li­chen Kündi­gung für die Dauer von drei Jah­ren aus. Hierfür spricht be­reits, dass in Satz 2 der Klau­sel für die Zeit nach Ab­lauf von drei Jah­ren ausdrück­lich die Kündi­gung "mit ge­setz­li­cher Frist" - also die or­dent­li­che Kündi­gung - ge­re­gelt ist. Schon dar­aus ist her­zu­lei­ten, dass die Re­ge­lung in Zif­fer 3 des Miet­ver­trags ins­ge­samt nur den vorüber­ge­hen­den Aus­schluss des Rechts zur or­dent­li­chen Kündi­gung zum Ge­gen­stand hat. Die Auf­fas­sung des LG, die Re­ge­lung in Satz 2 der Klau­sel könne auch da­hin ver­stan­den wer­den, dass nach Ab­lauf von drei Jah­ren "nur" eine or­dent­li­che Kündi­gung möglich sein solle, eine außer­or­dent­li­che Kündi­gung da­ge­gen auch nach Ab­lauf von drei Jah­ren un­zulässig sei, ist fern­lie­gend.

Darüber hin­aus hat das LG nicht be­ach­tet, dass Zif­fer 3 des Miet­ver­trags im Zu­sam­men­hang mit der zulässi­gen Staf­fel­miet­ver­ein­ba­rung in Zif­fer 4 des Miet­ver­tra­ges zu würdi­gen ist. Auch die ge­setz­li­che Re­ge­lung in § 557a Abs. 3 BGB, nach der bei ei­ner Staf­fel­miet­ver­ein­ba­rung "das Kündi­gungs­recht" des Mie­ters für höchs­tens vier Jahre aus­ge­schlos­sen wer­den kann, be­zieht sich - trotz ih­rer wei­ten sprach­li­chen For­mu­lie­rung - un­zwei­fel­haft nur auf die or­dent­li­che Kündi­gung. Der Se­nat hat be­reits ent­schie­den, dass Kündi­gungs­aus­schluss­klau­seln in Staf­fel­miet­verträgen, die ebenso wie § 557a Abs. 3 BGB nur all­ge­mein vom Kündi­gungs­recht spre­chen, im Sinne die­ser ge­setz­li­chen Be­stim­mung aus­zu­le­gen sind. Für die vor­lie­gende Klau­sel gilt nichts An­de­res.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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