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BGH zum Umfang der erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück geparkten Fahrzeuges

Urteil des BGH vom 2.12.2011 - V ZR 30/11

Zu den er­stat­tungsfähi­gen Kos­ten für die Ent­fer­nung ei­nes un­be­fugt auf einem Pri­vat­grundstück ge­park­ten Fahr­zeugs zählen nicht nur die Kos­ten des rei­nen Ab­schlep­pens. Viel­mehr sind auch die Kos­ten, die im Zu­sam­men­hang mit der Vor­be­rei­tung des Ab­schlepp­vor­gangs ent­ste­hen er­stat­tungsfähig, wie etwa durch die Überprüfung des un­be­rech­tigt ab­ge­stell­ten Fahr­zeugs, um den Hal­ter aus­fin­dig zu ma­chen, die Zu­ord­nung des Fahr­zeugs in eine be­stimmte Fahr­zeug­ka­te­go­rie und durch die An­for­de­rung ei­nes ge­eig­ne­ten Ab­schlepp­fahr­zeugs.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte im Ja­nuar 2010 trotz des Hin­weis­schil­des, dass un­be­rech­tigt par­kende Fahr­zeuge kos­ten­pflich­tig ent­fernt wer­den, ihr Fahr­zeug un­be­fugt auf dem Kun­den­park­platz ei­nes Su­per­mark­tes ab­ge­stellt. Auf­grund ei­nes Rah­men­ver­tra­ges mit dem Be­trei­ber des Su­per­mark­tes, der u.a. die Ab­tre­tung von An­sprüchen ge­gen un­be­rech­tigte Nut­zer ent­hielt, schleppte die Be­klagte das Fahr­zeug ab und ver­brachte es auf einen öff­ent­li­chen Park­grund. Da die Kläge­rin nicht be­reit war, den Rech­nungs­be­trag über netto 219,50 € zu be­glei­chen, gab die Be­klagte ihr den Stand­ort des Fahr­zeugs nicht be­kannt.

Das LG wies die auf Her­aus­gabe des Fahr­zeugs Zug um Zug ge­gen Zah­lung von (nur) 150 € so­wie auf Zah­lung ei­ner Nut­zungs­ent­schädi­gung ge­rich­tete Klage ab. Nach­dem die Be­klagte der Kläge­rin den Stand­ort des Fahr­zeu­ges mit­ge­teilt hatte, erklärten die Par­teien im Be­ru­fungs­ver­fah­ren den Her­aus­ga­be­an­trag für er­le­digt. Hin­sicht­lich der wei­ter­hin ver­lang­ten Nut­zungs­ent­schädi­gung i.H.v. 3.758 € blieb die Be­ru­fung al­ler­dings er­folg­los. Ebenso wie die zu­ge­las­sene Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BGH.

Die Gründe:
Zu Recht hatte das Be­ru­fungs­ge­richt einen An­spruch der Kläge­rin gem. § 990 Abs. 1 S. 2, § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB auf Er­satz des Nut­zungs­aus­fall­scha­dens ver­neint, da sich die Be­klagte mit der Her­aus­gabe es Fahr­zeugs auf­grund ih­res Zurück­be­hal­tungs­rech­tes nach § 273 Abs. 1 u. 2 BGB nicht in Ver­zug be­fand.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts bemaß sich der Um­fang des zu er­set­zen­den Scha­dens al­ler­dings nicht nach § 249 Abs. 2 BGB, son­dern nach § 249 Abs. 1 BGB. Denn es ging hier nicht um die Be­schädi­gung ei­ner Sa­che, son­dern um die Be­sei­ti­gung der Fol­gen ei­ner ver­bo­te­nen Ei­gen­macht. Er­satzfähig sind dem­nach sol­che Schäden, die in adäqua­tem Zu­sam­men­hang mit der von der Kläge­rin verübten ver­bo­te­nen Ei­gen­macht ste­hen und vom Schutz­be­reich der ver­letz­ten Norm er­fasst wer­den.

Al­ler­dings be­schränkte sich der Scha­dens­er­satz­an­spruch der Ge­schädig­ten nicht auf die Kos­ten des rei­nen Ab­schlep­pens. Zu den durch das kon­krete Scha­dens­er­eig­nis adäquat kau­sal ver­ur­sach­ten Schäden gehörten auch die Kos­ten, die im Zu­sam­men­hang mit der Vor­be­rei­tung des Ab­schlep­pens ent­stan­den sind, etwa durch die Überprüfung des un­be­rech­tigt ab­ge­stell­ten Fahr­zeugs, um den Hal­ter aus­fin­dig zu ma­chen, die Zu­ord­nung des Fahr­zeugs in eine be­stimmte Fahr­zeug­ka­te­go­rie und durch die An­for­de­rung ei­nes ge­eig­ne­ten Ab­schlepp­fahr­zeugs.

Kos­ten, die nicht der Be­sei­ti­gung der Be­sitzstörung die­nen, son­dern im Zu­sam­men­hang mit de­ren Fest­stel­lung an­ge­fal­len sind, wie etwa die Kos­ten ei­ner Park­raumüber­wa­chung durch re­gelmäßige Kon­trollgänge, zählen al­ler­dings nicht zu dem adäquat ver­ur­sach­ten und da­mit er­stat­tungsfähi­gen Scha­den. Sol­chen all­ge­mei­nen Über­wa­chungsmaßnah­men fehlt der Be­zug zur kon­kre­ten Be­sitzstörung, da sie nicht ent­fal­len, wenn die schädi­gende Hand­lung hin­weg­ge­dacht wird; sie ent­ste­hen un­abhängig von dem kon­kre­ten scha­dens­stif­ten­den­den Er­eig­nis.

Die Gel­tend­ma­chung ei­nes Zurück­be­hal­tungs­rechts ver­stieß schließlich auch nicht ge­gen den Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit. Zwar hatte die Be­klagte mit der Wei­ge­rung, den Stand­ort des Fahr­zeugs preis­zu­ge­ben, die Kläge­rin an dem Zu­griff auf einen er­heb­li­chen Vermögens­wert ge­hin­dert. Al­ler­dings hätte sich die Kläge­rin an­ge­sichts der re­la­tiv ge­rin­gen For­de­rung mit einem ein­fa­chen Mit­tel die­sen Zu­gang wie­der ver­schaf­fen können, in­dem sie die Ausübung des Zurück­be­hal­tungs­rechts durch Er­brin­gung ei­ner Si­cher­heits­leis­tung gem. § 273 Abs. 3 BGB ab­ge­wen­det hätte. Die Kläge­rin hatte je­doch nicht ein­mal den von ihr für ge­recht­fer­tigt ge­hal­te­nen Be­trag von 150 € hin­ter­legt.

Link­hin­weis:
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