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BGH zum Erhöhungsverlangen des Unterhaltsberechtigten nach gescheitertem Abänderungsantrag des Unterhaltsverpflichteten

Beschluss des BGH vom 29.5.2013 - XII ZB 374/11

Die Präklu­si­ons­vor­schrift ist zwar an­wend­bar, wenn ein Pro­zess­ver­gleich be­reits in einem früheren Abände­rungs­ver­fah­ren durch Ur­teil abgeändert wurde. In Fällen, in de­nen bei einem durch Ver­gleich ti­tu­lier­ten Un­ter­halt der Abände­rungs­an­trag des Un­ter­halts­ver­pflich­te­ten durch ge­richt­li­che Ent­schei­dung in vol­lem Um­fang zurück­ge­wie­sen wird, hin­dert die Rechts­kraft die­ser Ent­schei­dung ein späte­res Erhöhungs­ver­lan­gen des Un­ter­halts­be­rech­tig­ten je­doch nicht.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten hat­ten im Jahr 2000 anläss­lich ih­rer Schei­dung ge­richt­li­chen Un­ter­halts­ver­gleich ab­ge­schlos­sen, wo­nach der An­trags­geg­ner (Ehe­mann) sich ver­pflich­tete, an die An­trag­stel­le­rin (Ehe­frau) einen mo­nat­li­chen Ele­men­tar­un­ter­halt so­wie Kran­ken­vor­sor­ge­un­ter­halt zu zah­len. Fer­ner wurde ver­ein­bart, dass eine vollständige Neu­be­rech­nung des Ele­men­tar­un­ter­halts er­fol­gen solle, so­bald die sei­ner­zeit ar­beits­lose Ehe­frau ent­we­der keine Leis­tun­gen des Ar­beits­amts mehr be­ziehe oder ei­gene Einkünfte auf­grund ei­ner Er­werbstätig­keit er­ziele.

Im Jahr 2008 er­hob der Ehe­mann eine Abände­rungs­klage, mit der er den Weg­fall sei­ner Un­ter­halts­pflicht mit der Begründung er­strebte, dass sich die Ehe­frau um die bei Ver­gleichs­schluss in Aus­sicht ge­nom­mene Auf­nahme ei­ner ei­ge­nen Er­werbstätig­keit nicht bemüht habe. Die Abände­rungs­klage blieb er­folg­los. In den Ur­teilsgründen wurde aus­geführt, dass eine Neu­be­rech­nung des Ele­men­tar­un­ter­halts zu er­fol­gen habe, da die Ehe­frau keine Leis­tun­gen des Ar­beits­amts mehr be­ziehe. Die so­dann vor­ge­nom­mene Neu­be­rech­nung schloss mit einem über den bis­he­ri­gen Un­ter­halt hin­aus­ge­hen­den Be­trag. Eine Er­werbs­ob­lie­gen­heit der Ehe­frau wurde auf­grund fortwähren­der Er­werbs­unfähig­keit ver­neint, eine Her­ab­set­zung oder Be­fris­tung des Un­ter­halts auf­grund ent­stan­de­ner ehe­be­ding­ter Nach­teile ab­ge­lehnt.

Dar­auf­hin be­an­tragte die Ehe­frau im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren "Pro­zess­kos­ten­hilfe" für eine Abände­rung des Un­ter­halts­ver­gleichs zu ih­ren Guns­ten be­an­tragt. Das Fa­mi­li­en­ge­richt be­wil­ligte die PKH am 7.10.2009. Der Ehe­mann war der An­sicht, dass die Ehe­frau mit ih­rem Abände­rungs­ver­lan­gen präklu­diert sei. Das Fa­mi­li­en­ge­richt gab dem Abände­rungs­an­trag der Ehe­frau im We­sent­li­chen statt. Das OLG be­han­delte die da­ge­gen ein­ge­legte Be­schwerde des Ehe­manns als Be­ru­fung und wies sie durch Ur­teil zurück. Das vom OLG als "Re­vi­sion" zu­ge­las­sene Rechts­mit­tel des Ehe­manns blieb vor dem BGH er­folg­los.

Gründe:
Das OLG hätte das ge­gen die Ers­tent­schei­dung ein­ge­legte Rechts­mit­tel als Be­schwerde be­han­deln müssen. Über den PKH-An­trag war erst nach dem 31.8.2009 ent­schie­den und dann das Haupt­sa­che­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet wor­den. So­mit hat das Fa­mi­li­en­ge­richt über den An­trag der Ehe­frau zu Recht un­ter An­wen­dung des seit 1.9.2009 gel­ten­den Ver­fah­rens­rechts ent­schie­den. Ge­gen seine Ent­schei­dung wurde da­her die Rechts­be­schwerde un­ge­ach­tet des­sen statt­haft, dass die Erst­be­schwerde in in­kor­rek­ter Form durch Ur­teil zurück­ge­wie­sen wor­den war.

Die Ehe­frau war so­dann nicht durch § 238 Abs. 2 FamFG ge­hin­dert, Tat­sa­chen zur Begründung ih­res Abände­rungs­an­trags vor­zu­brin­gen. Auf Pro­zess­ver­glei­che ist die Präklu­si­ons­vor­schrift des § 238 Abs. 2 FamFG - ebenso wie § 323 Abs. 2 ZPO - nach ständi­ger BGH-Recht­spre­chung von vorn­her­ein nicht an­zu­wen­den, weil sie die Rechts­kraft­wir­kung un­an­fecht­bar ge­wor­de­ner Ent­schei­dun­gen si­chern soll. Die Präklu­si­ons­vor­schrift ist den­noch an­wend­bar, wenn ein Pro­zess­ver­gleich be­reits in einem früheren Abände­rungs­ver­fah­ren durch Ur­teil abgeändert wurde.

Im vor­lie­gen­den Fall war der im Jahr 2000 ge­schlos­sene Pro­zess­ver­gleich zwar be­reits Ge­gen­stand der vom Ehe­mann in 2008 er­ho­be­nen Abände­rungs­klage. Er wurde aber durch das dar­auf er­gan­gene Ur­teil aus März 2009 nicht geändert. Und wird bei einem durch Ver­gleich ti­tu­lier­ten Un­ter­halt der Abände­rungs­an­trag des Un­ter­halts­ver­pflich­te­ten durch ge­richt­li­che Ent­schei­dung in vol­lem Um­fang zurück­ge­wie­sen, hin­dert die Rechts­kraft die­ser Ent­schei­dung ein späte­res Erhöhungs­ver­lan­gen des Un­ter­halts­be­rech­tig­ten nicht.

Link­hin­weis:
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