Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die E-AG (im Folgenden: Klägerin), war Gesellschafterin der Schuldnerin, einer GmbH, und gewährte dieser im Juli 2000 ein Gesellschafterdarlehen i.H.v. 1,5 Mio. DM. Gleichzeitig erklärte sie sich bereit, der Schuldnerin bei erkennbarer Notwendigkeit weitere 1,5 Mio. DM zur Verfügung zu stellen. Im Januar 2002 veräußerte die Klägerin ihre Geschäftsanteile an der Schuldnerin an ihre Mitgesellschafter, wobei sie sich verpflichtete, der Schuldnerin die weiteren Darlehensmittel i.H.v. 766.938 € innerhalb von zwei Bankarbeitstagen zu zahlen.
Die Klägerin und die Erwerber erklärten bzgl. der Darlehensmittel einen bis 31.12.2005 befristeten Rangrücktritt. Das Darlehen sollte in Raten von 0,5 Mio. DM zum 31.12.2003, i.H.v. 1 Mio. DM zum 31.12.2004 und i.H.v. 1,5 Mio. DM zum 31.12.2005 getilgt werden; die beiden ersten Raten sollten nur fällig werden, wenn die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft eine Tilgung zuließ. Spätestens zum 31.12.2005 sollte die Klägerin die Rückzahlung des gesamten ausstehenden Betrags verlangen können. Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Schuldnerin Rückzahlung des Darlehens.
Das LG wies die Klage ab, weil das Darlehen eigenkapitalersetzend sei. Das OLG wies in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass die frühere Rechtsprechung zu den eigenkapitalersetzenden Darlehen auf Altfälle keine Anwendung mehr finde, gab den Parteien Gelegenheit, zu den "heute aufgeworfenen Rechtsfragen" bis 8.11.2010 Stellung zu nehmen, und bestimmte Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 22.11.2010. Am 4.11.2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Am 8.11.2010 beschloss das OLG, dass das Verfahren unterbrochen sei, erhielt den Verkündungstermin aber nach § 249 Abs. 3 ZPO aufrecht. Mit seinem am 22.11.2010 verkündeten Urteil, in dem der Beklagte als Insolvenzverwalter der Schuldnerin als Partei bezeichnet ist, änderte das OLG das Urteil des LG ab und verurteilte "die Beklagte" zur Zahlung von 1,53 Mio. € nebst Zinsen. Dagegen legte der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde ein und beantragte innerhalb der Begründungsfrist Prozesskostenhilfe. Der BGH lehnte den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab.
Die Gründe:
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat im Endergebnis keine Aussicht auf Erfolg.
Zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe muss die Rechtsverfolgung auch im materiellen Ergebnis Erfolgsaussichten haben. Prozesskostenhilfe ist dem Rechtsmittelführer nicht zu bewilligen, wenn die angefochtene Entscheidung formell keinen Bestand haben kann, das materielle Ergebnis sich nach einer Zurückverweisung jedoch voraussichtlich nicht ändern wird. Der Zweck der Prozesskostenhilfe gebietet lediglich, den Unbemittelten einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Das gilt auch für die Aufhebung eines Urteils, das trotz Unterbrechung des Verfahrens infolge Insolvenzeröffnung erlassen wurde.
Vorliegend hat die Nichtzulassungsbeschwerde zwar Aussicht auf Erfolg, da das am 22.12.2010 verkündete Berufungsurteil wegen der nach der mündlichen Verhandlung vom 6.10.2010 eingetretenen Unterbrechung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 4.11.2010 nicht hätte ergehen dürfen. Nach § 249 Abs. 3 ZPO wird die Verkündung der aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu erlassenden Entscheidung durch die nach dem Schluss dieser mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung grundsätzlich nicht gehindert. Die Verkündung ist aber unzulässig, wenn die Unterbrechung zwar nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung, aber vor Ende einer Schriftsatzfrist, die einer Partei bewilligt war, eingetreten ist.
Die Rechtsverfolgung hat im materiellen Endergebnis aber keine Aussicht auf Erfolg. Der Klägerin stand eine Darlehensrückzahlungsforderung i.H.v. 1,53 Mio. € nebst Zinsen zu, die nach Insolvenzeröffnung auch zur Tabelle festzustellen ist, selbst wenn das Darlehen eigenkapitalersetzend war. Die Forderung der Klägerin auf Rückzahlung ihres Darlehens war durchsetzbar. Nach der Rechtsprechung des BGH führte ein eigenkapitalersetzendes Darlehen zu einer Sperre für die Durchsetzbarkeit des Rückzahlungsanspruchs im Sinn einer Stundung. Da die Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz mit Inkrafttreten des MoMiG am 1.11.2008 aufgehoben wurden (§ 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG), konnten die Gesellschafter und erst recht gesellschaftsfremde Dritte wie die Klägerin, die keine Gesellschafterin mehr war, die Rückzahlung ihrer eigenkapitalersetzenden Darlehen ab diesem Zeitpunkt durchsetzen.
Die Forderung der Klägerin ist auch nicht als nachrangig zu behandeln, da die Klägerin früher als ein Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Schuldnerin ausgeschieden ist. Der Darlehensrückzahlungsanspruch eines ausgeschiedenen Gesellschafters ist im Insolvenzverfahren allenfalls dann als nachrangig zu behandeln, wenn er im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag ausgeschieden ist. Die Nachrangigkeit beurteilt sich nach § 39 InsO in der Fassung des MoMiG, weil das Insolvenzverfahren nach dem 1.11.2008 eröffnet wurde.
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