Die Klägerin, eine Sparkasse, nimmt den Beklagten aus einer Höchstbetragsbürgschaft in Anspruch. Die Klägerin gewährte der damaligen Lebensgefährtin des Beklagten im Jahr 1999 für die Finanzierung des Erwerbs eines (Haus-)Grundstücks ein Darlehen über 160.000 DM zu einem Zinssatz von 5 Prozent p.a. und ein Darlehen über 200.000 DM zu einem Zinssatz von 5,5 Prozent p.a.
Neben weiteren von der Darlehensnehmerin gestellten Sicherheiten übernahm der Beklagte, der niemandem unterhaltspflichtig war und zu diesem Zeitpunkt über ein Arbeitseinkommen von netto 2.500 DM verfügte, eine Höchstbetragsbürgschaft über 93.000 DM. Nach Kündigung der Darlehen nahm die Klägerin den Beklagten als Bürgen in Anspruch.
Das LG wies die Klage auf den Einwand des Beklagten, das Rechtsgeschäft sei wegen seiner krassen finanziellen Überforderung sittenwidrig und nichtig, ab. Dabei setzte es das pfändbare Einkommen des Beklagten bei Übernahme der Höchstbetragsbürgschaft (vom LG unterstellt mtl. 1.291 DM) zu der laufenden Zinsverpflichtung aus den Darlehen (mtl. 1.584 DM) ins Verhältnis. Das OLG gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung des Höchstbetrages nebst Zinsen.
Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Das OLG hat im Ergebnis zutreffend eine krasse finanzielle Überforderung des Beklagten und eine daraus resultierende Nichtigkeit des Bürgschaftsvertrages verneint.
Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats liegt eine krasse finanzielle Überforderung bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn der Bürge voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft allein tragen kann. In diesem Fall wird widerleglich vermutet, dass der dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehende Bürge die ihn vielleicht bis an das Lebensende übermäßig finanziell belastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat.
Diese Grundsätze gelten bei Höchstbetragsbürgschaften allerdings mit der Einschränkung, dass sich die krasse finanzielle Überforderung aus dem Verhältnis des pfändbaren Teils des laufenden Einkommens zur Zinslast nur aus der Bürgschaftssumme und nicht aus der gesamten Hauptschuld ergeben muss. Das OLG hat das Bürgschaftsformular dahin ausgelegt, die auch absolut auf den Höchstbetrag begrenzte Haftung für Nebenforderungen richte sich nach der Bürgschaftssumme und nicht nach der höheren Hauptschuld. Eine andere als diese Auslegung ist mit dem Sinn der Höchstbetragsbürgschaft, die das Risiko für den Bürgen in überschaubaren Grenzen halten soll, und damit mit den wohlverstandenen Interessen beider Parteien nicht zu vereinbaren.
Der Bürge hat bei Übernahme einer Höchstbetragsbürgschaft die berechtigte Erwartung, dass sich nicht nur seine Haftung für die Hauptforderung, sondern auch seine Haftung für die Nebenforderungen wie insbes. für Zinsen nach der Bürgschaftssumme und nicht nach der möglicherweise wesentlich höheren Hauptschuld richtet. Dem stehen schutzwürdige Interessen des Gläubigers nicht entgegen. Ausgehend von diesen Grundsätzen traf den Beklagten eine Zinslast von 5 Prozent jährlich aus 93.000 DM oder jährlich 4.650 DM bzw. eine mtl. Zinslast von 387,50 DM. Zinsen in dieser Höhe konnte der Beklagte aus einem pfändbaren Betrag seines Arbeitseinkommens von richtig mtl. 903,70 DM gem. der im Jahr 1999 gültigen Anlage zu § 850c ZPO ohne weiteres aufbringen, so dass er bei Übernahme der Bürgschaft nicht krass finanziell überfordert war.
Die Revision hat indessen mit einer in Übereinstimmung mit § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO begründeten Verfahrensrüge Erfolg, weil das OLG einen erheblichen Beweisantrag des Beklagten auf Vernehmung zweier Zeugen zu den näheren Umständen des Zustandekommens des Bürgschaftsvertrages unter Verstoß gegen § 286 ZPO übergangen hat. Daher war die Sache zur weiteren Beweiserhebung an das OLG zurückzuverweisen.
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