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BGH: Wohnungsberechtigte haben gegen Eigentümer keinen Anspruch auf die durch eigenmächtige Vermietung an Dritte erlangten Mietzinsen

Urteil des BGH vom 13.7.2012 - V ZR 206/11

In Fällen, in de­nen keine ver­trag­li­che Bin­dung zwi­schen dem Ei­gentümer und dem Woh­nungs­be­rech­tig­ten, der ei­ner außerhäus­li­chen Pflege be­darf, be­steht, wird der Ei­gentümer, der die Woh­nung ei­genmäch­tig ver­mie­tet, durch die Ein­nahme der Miet­zin­sen nicht auf Kos­ten des Woh­nungs­be­rech­tig­ten be­rei­chert. Das Woh­nungs­recht be­rech­tigt nur zu ei­ner persönli­chen Nut­zung der Räume, wes­halb der Woh­nungs­be­rech­tigte ge­gen den Ei­gentümer auch kei­nen An­spruch auf Ge­stat­tung der Ver­mie­tung hat.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klagte und ihr im Jahr 2007 ver­stor­be­ner Ehe­mann hat­ten seit 1992 bei der kin­der­lo­sen Kläge­rin ge­lebt und de­ren Haus nebst Gehöft und Ställen re­no­viert. Die da­mals 73 Jahre alte Kläge­rin setzte den Ehe­mann der Be­klag­ten im Jahr 1995 zum Al­lein­er­ben ein und über­trug ihm ihr Haus­grundstück ge­gen Einräum­ung ei­nes Woh­nungs­rechts an den Räumen im Erd­ge­schoss, Zah­lung ei­ner mo­nat­li­chen Rente und Über­nahme von Pflege- und Un­terstützungs­pflich­ten. Der Ehe­mann über­trug das Grundstück im Jahr 2002 un­ent­gelt­lich an die Be­klagte.

Im Jahr 2005 wurde die Be­klagte zur Be­treue­rin der Kläge­rin be­stellt; seit 2006 lebt die Kläge­rin in einem Pfle­ge­heim. Die Be­klagte ver­mie­tet die vom Woh­nungs­recht um­fass­ten Räume seit Fe­bruar 2008 an Dritte. Sie wurde dar­auf­hin als Be­treue­rin ent­las­sen. Die Kläge­rin muss ne­ben ih­ren lau­fen­den Einkünf­ten auch ihr Vermögen zur De­ckung der Pfle­ge­kos­ten ein­set­zen. Das LG wies ihre Klage, die auf Aus­keh­rung der seit Fe­bruar 2008 von der Be­klag­ten ver­ein­nahm­ten Mie­ten i.H.v. 6.500 € ge­rich­tet war, ab; das OLG gab der Klage i.H.v. 3.250 € statt.

Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts konnte der An­spruch nicht auf § 812 Abs. 1 S. 1 BGB gestützt wer­den.

Es ist nicht ent­schei­dend, ob der Be­rei­che­rungs­schuld­ner bei red­li­chem Vor­ge­hen et­was für die er­langte Po­si­tion hätte zah­len müssen. Viel­mehr kommt es dar­auf an, ob der Be­rei­che­rungsgläubi­ger nur die Un­ter­las­sung der un­er­laub­ten Nut­zung des Rechts­guts ver­lan­gen kann oder ob er darüber hin­aus selbst be­rech­tigt wäre, die Nut­zun­gen zu zie­hen. Aus die­sem Grund wird ein An­spruch des Ei­gentümers auf Aus­keh­rung der ver­ein­nahm­ten Mie­ten bei ei­ner un­be­rech­tig­ten Ver­mie­tung der dem Woh­nungs­recht un­ter­lie­gen­den Räume durch den Woh­nungs­be­rech­tig­ten ver­neint. In­fol­ge­des­sen schei­tern auch An­sprüche des Woh­nungs­be­rech­tig­ten ge­gen den - wie hier - ei­genmäch­tig ver­mie­ten­den Ei­gentümer. Die Be­klagte hatte zwar den mit­tel­ba­ren Be­sitz an der Woh­nung, nicht aber die ver­ein­nahm­ten Mie­ten auf Kos­ten der Kläge­rin er­langt.

Ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts konnte die recht­li­che Zu­wei­sung der Mie­ten auch nicht durch eine fik­tive Ver­mie­tungs­ver­ein­ba­rung geändert wer­den. Ent­schei­dend war viel­mehr, ob die Nut­zun­gen der Kläge­rin des­halb zu­ge­wie­sen wa­ren, weil sie ih­rer­seits einen An­spruch ge­gen die Be­klagte auf Ge­stat­tung der Ver­mie­tung ge­habt hätte. Und daran fehlte es hier. Das Woh­nungs­recht be­rech­tigt gem. § 1093 Abs. 1 S. 1 BGB nur zu ei­ner ein­ge­schränk­ten, nämlich der persönli­chen Nut­zung der um­fass­ten Räume durch den Woh­nungs­be­rech­tig­ten un­ter Aus­schluss des Ei­gentümers. Ge­stat­tet ist le­dig­lich die Auf­nahme der Fa­mi­lie des Woh­nungs­be­rech­tig­ten und der "zur stan­des­gemäßen Be­die­nung und zur Pflege er­for­der­li­chen Per­so­nen" (§ 1093 Abs. 2 BGB). Es um­fasst nicht das Recht zu ei­ner Über­las­sung der Räume an Dritte. Darin un­ter­schei­det es sich von einem Nießbrauch, der ein um­fas­sen­des Nut­zungs­recht gewährt (§ 1030 Abs. 1, § 1059 S. 2 BGB).

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin konnte eine Pflicht der Be­klag­ten, eine Ver­mie­tung durch die Kläge­rin zu ge­stat­ten, auch nicht aus § 242 BGB her­ge­lei­tet wer­den. Zwar steht die Ausübung der Rechte des Ei­gentümers ebenso wie die Ausübung des ding­li­chen Rechts un­ter dem das ge­samte Zi­vil­recht be­herr­schen­den Grund­satz von Treu und Glau­ben. Es fehlte aber schon an be­son­de­ren Umständen, die die Ver­sa­gung der Ge­stat­tung als Ver­stoß ge­gen Treu und Glau­ben er­schei­nen ließen. Dass die Be­klagte ih­rer­seits eine Ver­mie­tung vor­ge­nom­men hatte, reichte für sich ge­nom­men nicht aus.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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