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BGH: Unwirksame Vertragsklausel: Keine zwangsläufige Wiederholungsgefahr durch neuen Unternehmensinhaber

Urteil des BGH vom 6.12.2012 - III ZR 173/12

Ent­hal­ten die von einem Un­ter­neh­men (hier: Mo­bil­funk­an­bie­ter) ab­ge­schlos­se­nen Verträge un­wirk­same Klau­seln, so begründet dies im Fall ei­ner Un­ter­neh­mens­ver­schmel­zung auch bei Fortführung des Be­triebs keine - für einen Un­ter­las­sungs­an­spruch aus § 1 UKlaG er­for­der­li­che - Wie­der­ho­lungs­ge­fahr durch den neuen Un­ter­neh­mens­in­ha­ber. Da die­ser in die ab­ge­schlos­se­nen Verträge ein­tritt, sind an die Begründung ei­ner Erst­be­ge­hungs­ge­fahr (hin­sicht­lich des Sich-Be­ru­fens) keine allzu stren­gen An­for­de­run­gen zu stel­len.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist ein Ver­brau­cher­ver­band. Er hatte die X-AG, einen Mo­bil­funk­an­bie­ter und Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten, auf­ge­for­dert, sich - straf­be­wehrt - zu ver­pflich­ten, es zu un­ter­las­sen, eine in ih­ren AGB für Pre­paid-Mo­bil­funk­dienst­leis­tun­gen ent­hal­tene Klau­sel, wo­nach Vor­aus­set­zung ei­ner Por­tie­rung ist, dass der Kunde schrift­lich auf die Rück­zah­lung ei­nes even­tu­ell nicht ver­brauch­ten Gut­ha­bens ver­zich­tet, ge­genüber Ver­brau­chern zu ver­wen­den oder sich auf diese zu be­ru­fen. Die X-AG erklärte, die frag­li­che Klau­sel werde seit ge­raumer Zeit nicht mehr "ge­lebt". Außer­dem gab sie die gewünschte Un­ter­las­sungs­erklärung ab, al­ler­dings ohne das ge­for­derte Ver­trags­stra­fe­ver­spre­chen.

Der Kläger war da­mit nicht zu­frie­den, lehnte das darin lie­gende Ver­trags­an­ge­bot ab und er­hob Un­ter­las­sungs­klage. Nach Kla­ge­er­he­bung wurde die X-AG mit Wir­kung vom 20.5.2011 auf die D-GmbH und schließlich auf die M-GmbH, die jet­zige Be­klagte, ver­schmol­zen. In­fol­ge­des­sen erklärten die Par­teien den Rechts­streit teil­weise - hin­sicht­lich des An­trags, es zu un­ter­las­sen, die frag­li­che Klau­sel zu ver­wen­den - übe­rein­stim­mend für er­le­digt. Das LG gab der in der Haupt­sa­che noch auf die Un­ter­las­sung des "Sich-Be­ru­fens" ge­rich­te­ten Klage statt; das OLG wies sie ab. Die Re­vi­sion des Klägers blieb vor dem BGH er­folg­los.

Die Gründe:
Der Kläger konnte ge­gen die Be­klagte kei­nen Un­ter­las­sungs­an­spruch aus § 1 UKlaG, nun­mehr nur noch be­zo­gen auf ein "Sich-Be­ru­fen" auf die von den Vor­in­stan­zen und den Par­teien zu Recht als un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gend und da­mit un­wirk­sam an­ge­se­hene AGB-Klau­sel für Pre­paid-Mo­bil­fun­kleis­tun­gen bei be­ste­hen­den Verträgen, gel­tend ma­chen.

Nach BGH-Recht­spre­chung für den Be­reich des Wett­be­werbs- und Mar­ken­rechts set­zen sich Un­ter­las­sungs­an­sprüche nach § 8 Abs. 1 UWG u. § 14 Abs. 5 Mar­kenG bei dem auf­neh­men­den Recht­sträger re­gelmäßig nicht fort. Der neue Un­ter­neh­mens­in­ha­ber tritt nicht im Wege der (Ge­samt-)Rechts­nach­folge in die ge­setz­li­che Un­ter­las­sungs­pflicht ein. Die Wie­der­ho­lungs­ge­fahr ist ein tatsäch­li­cher Um­stand, der nach den Verhält­nis­sen in der Per­son des in An­spruch Ge­nom­me­nen zu be­ur­tei­len ist. Dies gilt nicht nur, wenn der Rechts­vorgänger die Wie­der­ho­lungs­ge­fahr persönlich durch ei­ge­nes Ver­hal­ten begründet hat, son­dern auch, wenn der Wett­be­werbs­ver­stoß durch Or­gane des Rechts­vorgängers oder Mit­ar­bei­ter sei­nes Un­ter­neh­mens be­gan­gen wurde.

Für den Un­ter­las­sungs­an­spruch genügt es auch nicht, dass es früher im Un­ter­neh­men von Mit­ar­bei­tern oder Be­auf­trag­ten zu einem Wett­be­werbs­ver­stoß ge­kom­men ist und in ih­rer Per­son noch Wie­der­ho­lungs­ge­fahr be­steht. Viel­mehr muss, so­weit es die Haf­tung des neuen Un­ter­neh­mens­in­ha­bers aus § 8 Abs. 2 UWG (oder § 31 BGB ana­log) an­geht, in der Per­son der be­tref­fen­den Mit­ar­bei­ter oder Be­auf­trag­ten Erst­be­ge­hungs­ge­fahr be­ste­hen. Die bloße Tat­sa­che des Un­ter­neh­mensüberg­angs und der Fortführung des Be­triebs selbst mit iden­ti­schem Per­so­nal reicht dafür nicht aus. Diese bis­lang für das Wett­be­werbs- und Mar­ken­recht ent­wi­ckel­ten Grundsätze, die nicht im Wi­der­spruch zu der EuGH-Recht­spre­chung ste­hen, sind auf den Un­ter­las­sungs­an­spruch aus § 1 UKlaG ent­spre­chend zu über­tra­gen.

Ein (vor­beu­gen­der) Un­ter­las­sungs­an­spruch konnte hier auch nicht auf­grund be­ste­hen­der Erst­be­ge­hungs­ge­fahr an­ge­nom­men wer­den, denn eine sol­che Ge­fahr war zu ver­nei­nen. Auch im vor­lie­gen­den Fall durfte gel­ten, dass an die Be­sei­ti­gung ei­ner Erst­be­ge­hungs­ge­fahr we­ni­ger strenge An­for­de­run­gen zu stel­len sind als an die Be­sei­ti­gung ei­ner Wie­der­ho­lungs­ge­fahr. Die Be­klagte hatte sich nicht auf die frag­li­che Klau­sel be­ru­fen, diese nicht ver­tei­digt und sich in kei­ner Weise ei­nes Rechts in­so­weit berühmt; viel­mehr hatte sie sich le­dig­lich auf den Stand­punkt ge­stellt, dass we­gen der Ver­schmel­zung eine Wie­der­ho­lungs­ge­fahr nicht be­stehe. Zu­dem hatte sie im Pro­zess ausdrück­lich erklärt, dass sie sich auch in Zu­kunft nicht auf diese Klau­sel be­ru­fen wolle.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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