deen

Aktuelles

BGH: Keine Entschädigung für verspäteten außereuropäischen Anschlussflug

Urteile des BGH vom 13. November 2012 – X ZR 12/12 und X ZR 14/12
In den bei­den vom Bun­des­ge­richts­hof (BGH) mit Ur­tei­len vom 13.11.2012 ent­schie­de­nen Rei­se­sa­chen be­an­spru­chen die Kläger Aus­gleichs­zah­lun­gen nach Art. 7 Abs. 1c*, Art. 5 Abs. 1c** der Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung (Ver­ord­nung (EG) Nr. 261/2004) we­gen ei­ner Flug­verspätung.
In bei­den Fällen buch­ten die Kläger bei der Be­klag­ten, je­weils ei­ner Flug­ge­sell­schaft mit Sitz außer­halb der Eu­ropäischen Union, einen Fern­flug ab Frank­furt am Main. Im ers­ten Fall soll­ten die Kläger das End­ziel Bélem (Bra­si­lien) über São Paulo, im an­de­ren Fall das End­ziel Bang­kok über Mus­kat (Oman) er­rei­chen. Je­weils er­folgte der Flug von Frank­furt am Main zum Ab­flug­ha­fen des An­schluss­flugs planmäßig, je­doch verspätete sich der Start des An­schluss­flu­ges, und die Kläger tra­fen erst rund acht Stun­den später als vor­ge­se­hen am End­ziel ein. Die Kläger ha­ben gel­tend ge­macht, je­dem von ih­nen stehe eine Aus­gleichs­zah­lung in Höhe von 600 € nach der Ver­ord­nung zu, da sie we­gen der An­kunfts­verspätung am End­ziel nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Union (EuGH) hin­sicht­lich des Aus­gleichs­an­spruchs den Fluggästen an­nul­lier­ter Flüge gleich­ge­stellt wer­den müss­ten. Es liege ein ein­heit­li­cher Flug von Frank­furt am Main zu dem je­wei­li­gen End­ziel vor. Da­her sei die Ver­ord­nung gemäß de­ren Art. 3 Abs. 1a*** an­wend­bar.
Das Amts­ge­richt hat im Fall X ZR 12/12 die Be­klagte an­trags­gemäß ver­ur­teilt, im Fall X ZR 14/12 die Klage ab­ge­wie­sen. Auf die je­wei­lige Be­ru­fung hat das Land­ge­richt in bei­den Fällen die Klage ab­ge­wie­sen. Der Aus­gleichs­an­spruch be­stehe nicht, da die Ver­ord­nung nicht an­wend­bar sei. Die Verspätung sei bei dem An­schluss­flug ein­ge­tre­ten, den die Kläger nicht in einem Mit­glied­staat der Eu­ropäischen Union an­ge­tre­ten hätten.
Der für das Reise- und Per­so­nen­beförde­rungs­recht zuständige X. Zi­vil­se­nat hat die Be­ru­fungs­ur­teile bestätigt und ent­schie­den, dass die Aus­gleichs­an­sprüche nicht be­ste­hen, da die Verspätung je­weils bei dem An­schluss­flug ein­trat, den die Fluggäste außer­halb der Eu­ropäischen Union an­tra­ten und auf den da­her die Ver­ord­nung nach de­ren Art. 3 Abs. 1a nicht an­wend­bar ist. Dies gilt, auch wenn der je­weils er­ste Flug in Frank­furt am Main ge­star­tet ist, die­ser und der An­schluss­flug von der­sel­ben Flug­ge­sell­schaft durch­geführt und als An­schluss­ver­bin­dung ge­mein­sam ge­bucht wur­den. Be­steht eine Flug­reise aus zwei oder mehr Flügen, die je­weils von ei­ner Flug­ge­sell­schaft un­ter ei­ner be­stimm­ten Flug­num­mer für eine be­stimmte Route an­ge­bo­ten wer­den, ist die An­wend­bar­keit der Ver­ord­nung für je­den Flug ge­son­dert zu prüfen.
*Art. 7 der Ver­ord­nung [Aus­gleichs­an­spruch]
(1) Wird auf die­sen Ar­ti­kel Be­zug ge­nom­men, so er­hal­ten die Fluggäste Aus­gleichs­zah­lun­gen in fol­gen­der Höhe:… c) 600 EUR bei al­len nicht un­ter Buch­stabe a) oder b) fal­len­den Flügen. … **Art. 5 der Ver­ord­nung [An­nul­lie­rung] (1) Bei An­nul­lie­rung ei­nes Flu­ges wer­den den be­trof­fe­nen Fluggästen … c) vom ausführen­den Luft­fahrt­un­ter­neh­men ein An­spruch auf Aus­gleichs­leis­tun­gen gemäß Ar­ti­kel 7 ein­geräumt … *** Ar­ti­kel 3 der Ver­ord­nung [An­wen­dungs­be­reich] (1) Diese Ver­ord­nung gilt a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Ge­biet ei­nes Mit­glied­staats, das den Be­stim­mun­gen des Ver­trags über die Ar­beits­weise der Eu­ropäischen Union un­ter­liegt, einen Flug an­tre­ten; b) so­fern das ausführende Luft­fahrt­un­ter­neh­men ein Luft­fahrt­un­ter­neh­men der Ge­mein­schaft ist, für Fluggäste, die von einem Flug­ha­fen in einem Dritt­staat einen Flug zu einem Flug­ha­fen im Ge­biet ei­nes Mit­glied­staats, das den Be­stim­mun­gen des Ver­trags über die Ar­beits­weise der Eu­ropäischen Union un­ter­liegt, an­tre­ten, es sei denn, sie ha­ben in die­sem Dritt­staat Ge­gen- oder Aus­gleichs- und Un­terstützungs­leis­tun­gen er­hal­ten. ... Quelle:Pres­se­mit­tei­lung des BGH Nr. 190/2012 vom 13.11.2012
14.11.2012 nach oben

Das könnte Sie auch interessieren

Keine Ent­schädi­gungs- noch Scha­dens­er­satz­an­sprüche für Corona-Lock­down im Frühjahr 2020

Der BGH hat mit Ur­teil vom 17.03.2022 (Az. III ZR 79/21) die Haf­tung des Staa­tes für Ein­nah­me­ausfälle, die durch flächen­de­ckende vorüber­ge­hende Be­triebs­schließun­gen oder Be­triebs­be­schränkun­gen auf Grund von staat­li­chen Maßnah­men zur Bekämp­fung des Coro­na­vi­rus und der da­durch ver­ur­sach­ten CO­VID-19-Krank­heit ent­stan­den sind, ab­ge­lehnt.  ...lesen Sie mehr


§ 32d An­trag auch noch nach Ab­gabe der Steu­er­erklärung

Ein An­trag nach § 32d Abs. 2 EStG kann nach An­sicht des Se­nats auch noch nach Ab­gabe der Steu­er­erklärung ge­stellt wer­den, wenn sich erst zu einem späte­ren Zeit­punkt her­aus­stellt, dass als Wer­bungs­kos­ten aus nicht­selbstständi­ger Ar­beit erklärte Auf­wen­dun­gen den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen zu­zu­ord­nen sind. Al­ler­dings wird der BFH ab­schließend in der Sa­che ent­schei­den müssen.  ...lesen Sie mehr


Zu Aus­gleichs­zah­lun­gen nach der Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung

Aus­gleichs­zah­lun­gen nach der Flugast­rech­te­ver­ord­nung die­nen nicht nur dem pau­scha­lier­ten Er­satz im­ma­te­ri­el­ler Schäden, son­dern sol­len es dem Flug­gast ermögli­chen, auch Er­satz sei­ner ma­te­ri­el­len Schäden zu er­lan­gen, ohne im Ein­zel­nen aufwändig de­ren Höhe dar­le­gen und be­wei­sen zu müssen. Die­nen gel­tend ge­machte rei­se­recht­li­che Er­satz­an­sprüche oder auf Ver­let­zung des Beförde­rungs­ver­trags gestützte An­sprüche (nach dem bis zum 30.6.2018 gel­ten­den Rei­se­recht) dem Aus­gleich der­sel­ben dem Rei­sen­den durch die verspätete Luft­beförde­rung ent­stan­de­nen Schäden wie be­reits zu­vor er­brachte Aus­gleichs­zah­lun­gen, ist eine An­rech­nung ge­bo­ten.  ...lesen Sie mehr


Be­schränkt persönli­che Dienst­bar­keit: Zu­fluss­zeit­punkt von Ent­schädi­gun­gen

Ent­schädi­gungs­zah­lun­gen für die Ein­tra­gung ei­ner be­schränkt persönli­chen Dienst­bar­keit, die das Recht ding­lich ab­si­chert, das be­las­tete Grundstück als Über­flu­tungsfläche für den Be­trieb der Hoch­was­serrück­hal­tung zu nut­zen, sind im Zu­fluss­zeit­punkt als Be­triebs­ein­nahme zu er­fas­sen. Es han­delt sich bei sol­chen Ent­schädi­gungs­zah­lun­gen nicht um Ein­nah­men gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG, die auf ei­ner Nut­zungsüber­las­sung i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG be­ru­hen.  ...lesen Sie mehr


Verjährungs­be­ginn bei Recht auf Wi­der­ruf der Fonds-Bei­tritts­erklärung

Steht dem An­le­ger ein ver­trag­li­ches Recht auf Wi­der­ruf sei­ner Bei­tritts­erklärung zu ei­ner Fonds­ge­sell­schaft zu, wel­ches - ab­ge­se­hen von der Ein­hal­tung ei­ner Wi­der­rufs­rist oder be­stimm­ter For­mer­for­der­nisse - an keine wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen ge­bun­den ist, ist der An­le­ger durch das Zu­stan­de­kom­men des Bei­tritts­ver­tra­ges noch nicht i.S.d. § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB ge­schädigt. Ein den Verjährungs­be­ginn auslösen­der Scha­den ist zu be­ja­hen, wenn Umstände ge­ge­ben sind, auf­grund de­rer der Ka­pi­tal­an­le­ger von sei­ner An­la­ge­ent­schei­dung nicht (mehr) Ab­stand neh­men kann, ohne ggf. fi­nan­zi­elle Einbußen oder sons­tige für ihn nach­tei­lige Fol­gen hin­neh­men zu müssen. Bei dem Bei­tritt zu ei­ner Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaft ist dies ins­be­son­dere dann der Fall, wenn der An­le­ger be­reits eine ge­sell­schafts­recht­li­che Stel­lung er­langt hat, auf­grund de­rer ein Aus­tritt aus der Ge­sell­schaft nur noch nach den Grundsätzen der feh­ler­haf­ten Ge­sell­schaft möglich wäre.  ...lesen Sie mehr