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BGH hält an Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei Anlageberatung durch selbständige Unternehmen der Finanzgruppe einer Sparkasse fest

Urteil des BGH vom 6.12.2012 - III ZR 307/11

Der BGH hält daran fest, dass ein auf dem Ge­biet der An­la­ge­be­ra­tung täti­ges selbständi­ges Un­ter­neh­men der Fi­nanz­gruppe ei­ner Spar­kasse hin­sicht­lich der Ver­pflich­tung, seine Kun­den un­ge­fragt über die er­war­te­ten Pro­vi­sio­nen auf­zuklären, wie ein freier An­la­ge­be­ra­ter zu be­han­deln ist. Kommt es we­gen der Ver­pflich­tung des An­la­ge­be­ra­ters, bei der An­la­ge­be­ra­tung nur An­ga­ben und Pro­spekte der Ver­triebs­ge­sell­schaft zu be­nut­zen, zu ei­ner Pflich­ten­kol­li­sion und sieht sich der An­la­ge­be­ra­ter nicht im­stande, das In­for­ma­ti­ons­in­ter­esse des Kun­den pflicht­gemäß zu erfüllen, so ist er ggf. ver­pflich­tet, den Ver­trieb der An­lage ein­zu­stel­len.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger nimmt die Be­klagte we­gen feh­ler­haf­ter An­la­ge­be­ra­tung hin­sicht­lich ei­ner Be­tei­li­gung an einem Me­di­en­fonds in An­spruch. Die Be­klagte ist eine 100-pro­zen­tige Toch­ter­ge­sell­schaft ei­ner Spar­kasse. Sie wirbt un­ter Ver­wen­dung des Fir­men­lo­gos der Spar­kasse für ihre als "Pri­vate Ban­king" be­zeich­nete Tätig­keit. Die Be­klagte war Ver­triebs­part­ner für die Ei­gen­ka­pi­tal­ver­mitt­lung des Me­di­en­fonds. Nach der Ver­triebs­ver­ein­ba­rung durfte die Be­klagte bei der Ver­triebs­wer­bung und -be­ra­tung nur Da­ten und Fak­ten ver­wen­den, die ihr von der Ka­pi­tal­su­chen­den oder der V-AG zur Verfügung ge­stellt wor­den wa­ren. Sie sollte nicht be­rech­tigt sein, - ins­bes. von den Aus­sa­gen des Be­tei­li­gungs­an­ge­bots - ab­wei­chende oder darüber hin­aus­ge­hende An­ga­ben zu ma­chen.

Der Kläger langjähri­ger Kunde der Be­klag­ten und tätigte in der Ver­gan­gen­heit ver­schie­dene Ka­pi­tal­an­la­gen. Nach­dem der Kun­den­be­ra­ter den Kläger zunächst te­le­fo­ni­sch kon­tak­tiert und ihm den Me­di­en­fonds als Ka­pi­tal­an­lage emp­foh­len hatte, kam es im De­zem­ber 2004 zu ei­ner Be­spre­chung im Hause des Klägers. Im Rah­men die­ses Ge­sprächs, des­sen In­halt zwi­schen den Par­teien strei­tig ist, wurde dem Kläger der Fonds vor­ge­stellt und das Emis­si­ons­pro­spekt über­ge­ben. Ge­gen­stand der Be­spre­chung war auch, dass die Be­klagte für die Ver­mitt­lung der Fonds­an­teile eine Vergütung von der Fonds­ge­sell­schaft er­hal­ten sollte. Der Kläger ging da­von aus, dass die Pro­vi­si­ons­zah­lung an die Be­klagte aus dem Agio i.H.v. 5 Pro­zent der Zeich­nungs­summe ge­zahlt würde, das er er­brin­gen mus­ste. Dazu war er nicht be­reit.

Er ei­nigte sich da­her mit dem Kun­den­be­ra­ter dar­auf, dass die Hälfte des von ihm zu ent­rich­ten­den Agios (2.500 €) wie­der zurück­fließen und an seine Toch­ter ge­zahlt wer­den sollte. Am Ende des Ge­sprächs zeich­nete der Kläger per An­teilsüber­nah­me­erklärung eine Be­tei­li­gung mit einem aus­ge­wie­se­nen Wert von 100.000 € zzgl. Agio. Die Be­klagte er­hielt für die Ver­mitt­lung der streit­ge­genständ­li­chen Be­tei­li­gung eine Pro­vi­sion i.H.v. zu­min­dest 7,085 Pro­zent des ver­mit­tel­ten No­mi­nal­ka­pi­tals. Die Fonds­be­tei­li­gung er­brachte in der Fol­ge­zeit nicht den er­hoff­ten wirt­schaft­li­chen Er­folg.

LG und OLG ga­ben der Klage statt. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Mit der vom OLG ge­ge­be­nen Begründung des OLG las­sen sich Scha­dens­er­satz­an­sprüche des Klägers ge­gen die Be­klagte nicht begründen. Die Sa­che war gleich­wohl an das OLG zurück­zu­ver­wei­sen, da­mit die­ses sich mit den wei­ter­hin gel­tend ge­mach­ten Aufklärungs­pflicht­ver­let­zun­gen aus­ein­an­der­set­zen kann.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des OLG steht dem Kläger kein Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­gen die Be­klag­ten we­gen ei­ner un­ter­blie­be­nen Aufklärung über eine Pro­vi­sion oder Rück­vergütung we­gen des ge­zeich­ne­ten Fonds zu. Eine sol­che Pflicht be­stand für die Be­klagte nicht. Nach der ge­fes­tig­ten Recht­spre­chung des Se­nats ist ein freier nicht bankmäßig ge­bun­de­ner An­la­ge­be­ra­ter nicht ver­pflich­tet, den An­le­ger un­ge­fragt über den Um­stand und die Höhe ei­ner Pro­vi­sion auf­zuklären. Für den An­le­ger liegt es bei ei­ner Be­ra­tung durch einen freien An­la­ge­be­ra­ter auf der Hand, dass die­ser von der ka­pi­tal­su­chen­den An­la­ge­ge­sell­schaft Ver­triebs­pro­vi­sio­nen erhält, die je­den­falls wirt­schaft­lich be­trach­tet dem vom An­le­ger an die An­la­ge­ge­sell­schaft ge­zahl­ten Be­trag ent­nom­men wer­den. Es kann be­rech­tig­ter­weise nicht an­ge­nom­men wer­den, dass der Be­ra­ter diese Leis­tung ins­ge­samt kos­ten­los er­bringt.

Ein selbständi­ges Un­ter­neh­men der "Fi­nanz­gruppe" ei­ner Spar­kasse, das als 100-pro­zen­tige Toch­ter­ge­sell­schaft (GmbH) der Spar­kasse hauptsäch­lich auf dem Ge­biet der An­la­ge­be­ra­tung tätig ist, ist hin­sicht­lich der Ver­pflich­tung, seine Kun­den un­ge­fragt über die von ihm bei der emp­foh­le­nen An­lage er­war­tete Pro­vi­sion auf­zuklären, wie ein freier An­la­ge­be­ra­ter zu be­han­deln. Da­bei ist be­son­ders zu be­ach­ten, dass es sich bei die­sen Be­ra­tern um selbständige ju­ris­ti­sche Per­so­nen han­delt, die selbst kein Kre­dit­in­sti­tut sind und keine "klas­si­schen" Bank­ge­schäfte be­trei­ben. Sie sind, auch wenn sie ihre Kun­den im We­sent­li­chen aus dem Kun­den­stamm der Spar­kasse ge­win­nen und trotz Ver­wen­dung de­ren Lo­gos, ein ei­genständi­ges Un­ter­neh­men, zu des­sen Haupttätig­keit, wie bei "freien" An­la­ge­be­ra­tern auch, die Be­ra­tung bei der Geld­an­lage gehört. Ein An­le­ger hat da­mit auch bei der Be­ra­tung durch eine "Spar­kas­sen­toch­ter" kein schutzwürdi­ges Ver­trauen dar­auf, dass diese kein Geld sei­tens des Ka­pi­tal­su­chen­den für die Ver­mitt­lung des je­wei­li­gen An­la­ge­pro­dukts erhält.

Die Auf­fas­sung des OLG, der Be­klag­ten falle durch die man­gelnde Aufklärung über den In­halt der ge­schlos­se­nen Ver­triebs­ver­ein­ba­rung im Hin­blick auf die Ver­wen­dung von In­for­ma­tio­nen ein wei­te­rer Be­ra­tungs­feh­ler zur Last, hält den An­grif­fen der Re­vi­sion eben­falls nicht stand. Der An­la­ge­be­ra­tungs­kunde hat einen An­spruch auf eine vollständige und rich­tige Be­ra­tung. Diese darf sich nicht nur auf die Un­ter­la­gen be­schränken, die von der Fonds­ge­sell­schaft oder der Ver­triebs­ge­sell­schaft zur Verfügung ge­stellt wer­den. In Be­zug auf das An­la­ge­ob­jekt hat sich seine Be­ra­tung auf die­je­ni­gen Ei­gen­schaf­ten und Ri­si­ken zu be­zie­hen, die für die je­wei­lige Ent­schei­dung we­sent­li­che Be­deu­tung ha­ben oder ha­ben können. Er muss des­halb eine An­lage, die er emp­feh­len will, mit übli­chem kri­ti­schem Sach­ver­stand prüfen oder den An­la­gein­ter­es­sen­ten auf ein dies­bezügli­ches Un­ter­las­sen hin­wei­sen.

Wenn sich der An­la­ge­be­ra­ter - wie im Streit­fall - ge­genüber der Ver­triebs­ge­sell­schaft ver­pflich­tet, bei der An­la­ge­be­ra­tung nur de­ren An­ga­ben und Pro­spekte zu be­nut­zen, be­dingt dies nicht eine ge­rin­gere Pflich­ten­stel­lung hin­sicht­lich der Be­ra­tung des Kun­den. Wenn es hier zu ei­ner Pflich­ten­kol­li­sion kommt und sich der An­la­ge­be­ra­ter des­we­gen außer­stande sieht, das In­for­ma­ti­ons­in­ter­esse des Kun­den pflicht­gemäß zu erfüllen, so ist er ggf. ver­pflich­tet, den Ver­trieb der An­lage ein­zu­stel­len oder den Kun­den dar­auf hin­zu­wei­sen, dass er wei­tere In­for­ma­tio­nen nicht er­tei­len darf. Wenn sich je­doch die An­lage als für den Kun­den rich­tig dar­stellt und die Chan­cen und Ri­si­ken der An­lage in den zur Verfügung ge­stell­ten Un­ter­la­gen zu­tref­fend wie­der­ge­ge­ben wer­den, er­gibt sich aus der in­ter­nen Ver­pflich­tung des An­la­ge­be­ra­ters aus der Ver­triebs­ver­ein­ba­rung kein in­for­ma­ti­ons­bedürf­ti­ger In­ter­es­sen­kon­flikt, der für sich ge­nom­men eine Feh­ler­haf­tig­keit der An­la­ge­be­ra­tung begründen könnte.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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