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BGH erleichtert Rückzug von der Börse

BGH 8.10.2013, II ZB 26/12

Bei einem Wi­der­ruf der Zu­las­sung der Ak­tie zum Han­del im re­gu­lier­ten Markt auf Ver­an­las­sung der Ge­sell­schaft ha­ben die Ak­tionäre kei­nen An­spruch auf eine Bar­ab­fin­dung. Der BGH hat seine Recht­spre­chung, dass das re­guläre De­lis­ting ei­nes Be­schlus­ses der Haupt­ver­samm­lung und ei­nes Pflicht­an­ge­bots über den Kauf der Ak­tien be­darf, auf­grund der BVerfG-Ent­schei­dung vom 11.7.2012  auf­ge­ge­ben.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trag­stel­ler sind Ak­tionäre der An­trags­geg­ne­rin, ei­ner AG. Mit ei­ner Ad-hoc-Mel­dung vom 11.2.2011 hatte die AG den vom Vor­stand mit Zu­stim­mung des Auf­sichts­rats be­schlos­se­nen Wech­sel vom re­gu­lier­ten Markt der Wert­pa­pierbörse in Ber­lin in den Entry Stan­dard des Frei­ver­kehrs (Open Mar­ket) der Frank­fur­ter Wert­pa­pierbörse be­kannt ge­ge­ben. Am 16.2.2011 wurde der Wi­der­ruf der Zu­las­sung am re­gu­lier­ten Markt wirk­sam. Seit­dem sind die Ak­tien der AG in den Entry Stan­dard ein­be­zo­gen.

Mit ih­ren am 9.5.2011 bzw. 16.5.2011 ein­ge­gan­ge­nen Anträgen for­der­ten die An­trag­stel­ler ein Spruch­ver­fah­ren zur Fest­le­gung ei­ner an­ge­mes­se­nen Bar­ab­fin­dung. LG und OLG wie­sen die Anträge als un­zulässig zurück. Auch die Rechts­be­schwer­den der An­trag­stel­ler blie­ben vor dem BGH er­folg­los.

Gründe:
Es war kein Spruch­ver­fah­ren zur Er­mitt­lung ei­ner Bar­ab­fin­dung durch­zuführen. Bei einem Wi­der­ruf der Zu­las­sung der Ak­tie zum Han­del im re­gu­lier­ten Markt auf Ver­an­las­sung der Ge­sell­schaft gem. § 39 Abs. 2 BörsenG ha­ben die Ak­tionäre kei­nen An­spruch auf eine Bar­ab­fin­dung. Es be­darf we­der ei­nes Be­schlus­ses der Haupt­ver­samm­lung noch ei­nes Pflicht­an­ge­bo­tes. Schließlich führt der Wi­der­ruf nicht zu ei­ner Be­einträch­ti­gung des Ak­ti­en­ei­gen­tums.

Zwar war der BGH lange Zeit da­von aus­ge­gan­gen, dass für die Min­der­heits- und Klein­ak­tionäre der Weg­fall des Han­dels im re­gu­lier­ten Markt wirt­schaft­lich gra­vie­rende Nach­teile mit sich bringt, die auch nicht durch die Ein­be­zie­hung der Ak­tien in den Frei­han­del aus­ge­gli­chen wer­den können, und dass da­her der ver­fas­sungs­recht­li­che Schutz des Ak­ti­en­ei­gen­tums der Min­der­heits­ak­tionäre ge­bie­tet, dass ih­nen mit dem Be­schlus­san­trag an die Haupt­ver­samm­lung, die über den Wi­der­ruf der Börsen­zu­las­sung zu ent­schei­den hat, ein Pflicht­an­ge­bot über den Kauf ih­rer Ak­tien durch die Ge­sell­schaft oder ih­ren Großak­tionär vor­zu­le­gen ist (BGH-Urt. v. 25.11.2002, Az.: II ZR 133/01). Al­ler­dings wurde die­ser Recht­spre­chung durch die Ent­schei­dung des BVerfG, nach der der Wi­der­ruf der Börsen­zu­las­sung für den re­gu­lier­ten Markt den Schutz­be­reich des Ei­gen­tums­grund­rechts des Ak­tionärs nicht berührt (BVerfG 11.7.2012 - 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08), die Grund­lage ent­zo­gen.

Das BVerfG hat ent­schie­den, dass das für den Fall ei­nes vollständi­gen Rück­zugs von der Börse von den Fach­ge­rich­ten im Wege ei­ner Ge­samt­ana­lo­gie ver­langte, ge­richt­lich überprüfbare Pflicht­an­ge­bot der Ge­sell­schaft oder ih­res Haupt­ak­tionärs an die übri­gen Ak­tionäre, de­ren Ak­tien zu er­wer­ben, von Ver­fas­sungs we­gen zwar nicht ge­bo­ten ist, die ver­fas­sungs­recht­li­chen Gren­zen rich­ter­li­cher Rechts­fort­bil­dung aber auch nicht über­schrei­tet. Es hat es der wei­te­ren Recht­spre­chung der Fach­ge­richte über­las­sen, auf der Grund­lage der mitt­ler­weile ge­ge­be­nen Verhält­nisse im Ak­ti­en­han­del zu prüfen, ob die bis­he­rige Spruch­pra­xis Be­stand hat, und zu be­ur­tei­len, wie der Wech­sel vom re­gu­lier­ten Markt in den qua­li­fi­zier­ten Frei­ver­kehr in die­sem Zu­sam­men­hang zu be­wer­ten ist.

Der BGH hat nun seine Recht­spre­chung, dass das re­guläre De­lis­ting ei­nes Be­schlus­ses der Haupt­ver­samm­lung und ei­nes Pflicht­an­ge­bots über den Kauf der Ak­tien be­darf, auf­grund der da­nach ge­bo­te­nen Überprüfung auf­ge­ge­ben.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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