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BGH: Erbengemeinschaft kann mit Stimmenmehrheit Teilhaber zur Einziehung einer Nachlassforderung ermächtigen

Urteil des BGH vom 19.9.2012 - XII ZR 151/10

Er­ben­ge­mein­schaf­ten können mit Stim­men­mehr­heit einen der Teil­ha­ber zur Ein­zie­hung ei­ner Nach­lass­for­de­rung ermäch­ti­gen, so­fern dies ei­ner ord­nungs­gemäßen Ver­wal­tung ent­spricht. Hat ein Miterbe die Stim­men­mehr­heit in ei­ner Er­ben­ge­mein­schaft, kann er im Rah­men ei­ner ord­nungs­gemäßen Ver­wal­tung ohne be­son­dere Förm­lich­kei­ten einen Mehr­heits­be­schluss fas­sen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war im Au­gust 2009 dazu ver­ur­teilt wor­den, an die aus dem Be­klag­ten zu 1) und den Be­klag­ten zu 2) be­ste­hende Er­ben­ge­mein­schaft Mietrückstände i.H.v. rund 14.863 € nebst Zin­sen zu zah­len. Der Be­klagte zu 1) ist al­lei­ni­ger Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer der kla­gen­den GmbH. Auf ihn fällt drei­vier­tel Er­ban­teil. Un­ter der Kon­to­be­zeich­nung "Er­ben­ge­mein­schaft A.G." hatte er ein Bank­konto eröff­net. Auf das Konto zahlte die Kläge­rin die ti­tu­lierte Haupt­for­de­rung. Mit ih­rer Klage er­strebte sie die Her­aus­gabe des Schuld­ti­tels und die Erklärung der Zwangs­voll­stre­ckung für un­zulässig, da der ti­tu­lierte An­spruch erfüllt sei.

Das LG gab der Klage in­so­weit statt; das OLG wies sie ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Be­ru­fung zurück.

Die Gründe:
Die Voll­stre­ckungs­ab­wehr­klage gem. § 767 ZPO war er­folg­reich, da die ti­tu­lierte For­de­rung durch Erfüllung er­lo­schen war.

Die Zah­lun­gen der Kläge­rin hat­ten gem. §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB Erfüllungs­wir­kung. Die Kläge­rin konnte mit be­frei­en­der Wir­kung auf das Konto vom Be­klag­ten zu 1) ein­ge­rich­tete Konto zah­len. Zur Ent­ge­gen­nahme der Zah­lung war die­ser auf­grund der durch seine An­teils­mehr­heit am Nach­lass ermöglich­ten Ein­zie­hungs­ermäch­ti­gung be­fugt. Zwar steht die Ver­wal­tung des Nach­las­ses den Er­ben ge­mein­schaft­lich zu. Tref­fen die Er­ben al­ler­dings keine ge­mein­sa­men Be­stim­mun­gen, kann durch Stim­men­mehr­heit eine der Be­schaf­fen­heit des ge­mein­sa­men Ge­gen­stan­des ent­spre­chende ord­nungs­gemäße Ver­wal­tung be­schlos­sen wer­den (§ 2038 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 745 Abs. 1 S. 1 BGB). Sind - wie hier - nur zwei Teil­ha­ber vor­han­den und die An­teile ver­schie­den groß, so hat der eine von vorn­her­ein die Mehr­heit; das Mehr­heits­prin­zip wird hier­durch nicht außer Kraft ge­setzt.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des OLG stand § 2040 Abs. 1 BGB der Erfüllung nicht ent­ge­gen. Die Ein­ord­nung ei­ner Maßnahme als Verfügung nach § 2040 Abs. 1 BGB schließt nicht aus, dass es sich zu­gleich um eine Maßnahme der ord­nungs­gemäßen Ver­wal­tung i.S.v. § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB han­deln kann, die als sol­che von den Miter­ben mehr­heit­lich be­schlos­sen wer­den kann. Auf die­ser Grund­lage hat der Se­nat eine von Miter­ben mehr­heit­lich be­schlos­sene und aus­ge­spro­chene Kündi­gung ei­nes Miet­verhält­nis­ses für wirk­sam er­ach­tet. Für die Ein­zie­hung ei­ner For­de­rung aus einem Miet­verhält­nis über einen Nach­lass­ge­gen­stand muss das glei­che gel­ten.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­klag­ten zu 2) be­durfte es kei­ner förm­li­chen Be­schluss­fas­sung un­ter sei­ner Hin­zu­zie­hung. Hat ein Miterbe die Stim­men­mehr­heit in ei­ner Er­ben­ge­mein­schaft, kann er im Rah­men ei­ner ord­nungs­gemäßen Ver­wal­tung ohne be­son­dere Förm­lich­kei­ten einen Mehr­heits­be­schluss fas­sen. Die Wirk­sam­keit des Be­schlus­ses hängt nicht da­von ab, ob der Min­der­heit aus­rei­chende Ge­le­gen­heit zur Mit­wir­kung ge­ge­ben wurde. Der Be­klagte zu 1) war von sei­ner Stimm­rechts­ausübung auch nicht we­gen ei­ner etwa be­ste­hen­den In­ter­es­sen­kol­li­sion aus­ge­schlos­sen. In der Emp­fang­nahme der Leis­tung auf dem be­reit­ge­stell­ten Konto lag für die Er­ben­ge­mein­schaft ein aus­schließlich vor­teil­haf­tes Ge­schäft, wel­ches keine In­ter­es­sen­kol­li­sion aus­zulösen ver­mochte und des­halb - ver­gleich­bar der Si­tua­tion ei­nes so­ge­nann­ten In­sich­ge­schäfts - nicht un­ter das Mit­wir­kungs­ver­bot fiel.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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