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BGH: Die Auflösung einer Abteilung verstößt im Regelfall nicht gegen vereinsrechtliche Treuepflicht

Urteil des BGH vom 19.2.2013 - II ZR 169/11

Der Ver­einszweck von Sport­ver­ei­nen, durch sorgfältige Pflege des Sports zur körper­li­chen Ertüch­ti­gung sei­ner Mit­glie­der bei­zu­tra­gen so­wie durch den Sport Zu­sam­men­gehörig­keit un­ter sei­nen Mit­glie­dern zu fördern, setzt nicht zwangsläufig vor­aus, dass die Ver­eine zur Ausübung ei­ner be­stimm­ten Sport­art (hier: Ru­dern) eine ent­spre­chende Ab­tei­lung un­ter­hal­ten. So­mit verstößt die Auflösung ei­ner sol­chen Ab­tei­lung in der Re­gel auch nicht ge­gen die ver­eins­recht­li­che Treue­pflicht.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist ein Sport­ver­ein in der Rechts­form ei­nes ein­ge­tra­ge­nen Ver­eins. Bei der Be­klag­ten han­delt es sich um die "Ab­tei­lung Ru­der­sport" in der Rechts­form ei­nes nicht rechtsfähi­gen Ver­eins, die selbst kein Mit­glied des Klägers ist. Das Vermögen des Klägers be­steht im We­sent­li­chen aus einem Grundstück, das aus­schließlich von Mit­glie­dern der Be­klag­ten, die zu­gleich Mit­glie­der des Klägers sind, ge­nutzt wird. Der Kläger möchte das Grundstück ver­kau­fen, um so ein zurück­ge­hen­des Spen­den­auf­kom­men zu­guns­ten al­ler sei­ner Ab­tei­lun­gen aus­glei­chen zu können.

In einem Vor­pro­zess wurde be­reits ent­schie­den, dass dies­bezüglich ein mit einem In­ter­es­sen­ten ab­ge­schlos­se­ner Kauf­ver­trag aus dem Jahr 2003 wirk­sam sei. Der Vor­stand des Klägers sei nach dem In­halt der Sat­zung be­rech­tigt ge­we­sen, ohne zu­stim­mende Be­schluss­fas­sung der Mit­glie­der­ver­samm­lung das Grundstück zu veräußern. In­fol­ge­des­sen for­derte der Kläger die Be­klagte auf, sich eine neue Sportstätte zu be­schaf­fen und das Grundstück für eine Überg­abe an den Käufer zu räumen. Da­bei wies er sie auf fünf nach sei­ner Auf­fas­sung für die Zwecke des Ru­der­sports ge­eig­nete Er­satz­grundstücke hin. Da sich die Be­klagte wei­ter wei­gerte, das Grundstück zu räumen, trat der Käufer von dem Kauf­ver­trag zurück.

Die Be­klagte wollte ohne rechtskräfti­ges Räum­ungs­ur­teil das Grundstück nicht räumen. Sie ver­trat außer­dem die An­sicht, der Ver­kauf des Grundstücks sei zweck­wid­rig, sie habe ein Be­sitz­recht an dem Grundstück, die nach­ge­wie­se­nen Er­satz­grundstücke seien für den Ru­der­sport nicht ge­eig­net und oh­ne­hin sei eine nur miet­weise Über­las­sung ei­nes Grundstücks nicht ak­zep­ta­bel. Das LG gab der Räum­ungs­klage statt; das KG wies sie ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das KG zurück.

Gründe:
Das Be­ru­fungs­ge­richt hatte den Um­fang der ver­eins­recht­li­chen Treue­pflicht über­spannt.

Es geht dem Kläger darum, Li­qui­dität zu schaf­fen, um alle seine Ab­tei­lun­gen bes­ser un­terstützen zu können. Ob durch einen Ver­kauf des Ver­eins­grundstücks die­ses In­ter­esse tatsäch­lich gefördert wird, ist un­er­heb­lich. Denn nach BGH-Ur­teil vom 2.7.2007 (Az.: II ZR 111/05) ist es mit dem in An­ge­le­gen­hei­ten des Ge­samt­ver­eins be­ste­hen­den Wei­sungs­recht des Klägers un­ver­ein­bar, der Be­klag­ten, die nur ihre ei­ge­nen Be­lange selbst re­geln darf, die Be­fug­nis zu­zu­er­ken­nen, Be­schlüsse des ihr über­ge­ord­ne­ten Klägers in­halt­lich zu be­an­stan­den.

Die Veräußerung des Ver­eins­grundstücks ist grundsätz­lich auch nicht von der Zu­stim­mung der Mit­glie­der­ver­samm­lung des Klägers abhängig. Der Ver­kauf des Grundstücks führt nicht zwin­gend zu ei­ner Ände­rung der Sat­zung. Erst recht kommt es da­durch, selbst wenn da­mit die Ausübung ei­ner be­stimm­ten Sport­art zum Er­lie­gen kom­men sollte, nicht zu ei­ner Ände­rung des Ver­einszwecks auf der Ebene des Klägers. Schließlich be­steht der Ver­einszweck des Klägers laut Sat­zung darin, durch sorgfältige Pflege des Sports zur körper­li­chen Ertüch­ti­gung sei­ner Mit­glie­der bei­zu­tra­gen so­wie durch den Sport Zu­sam­men­gehörig­keit un­ter sei­nen Mit­glie­dern zu fördern. Das setzt al­ler­dings nicht zwin­gend vor­aus, dass der Kläger eine be­stimmte Ab­tei­lung un­terhält.

Das Be­ru­fungs­ge­richt muss im wei­te­ren Ver­fah­ren prüfen, ob die der Be­klag­ten von dem Kläger nach­ge­wie­se­nen Er­satz­grundstücke für die Ausübung des Ru­der­sports ge­eig­net sind. Sollte das der Fall sein, könnte sich die Be­klagte nicht mehr dar­auf be­ru­fen, sie habe bei ei­ner Räum­ung und Her­aus­gabe kei­nen Zu­gang mehr zu einem Gewässer. Ge­ge­be­nen­falls wird das Be­ru­fungs­ge­richt wei­ter zu prüfen ha­ben, ob die Mit­tel der Be­klag­ten grundsätz­lich aus­rei­chen, um die Miete für ein Er­satz­grundstück zu zah­len. Dann wäre es vor­ran­gig Sa­che der Be­klag­ten, sich um ein ge­eig­ne­tes Grundstück zu bemühen.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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