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BGH: Bestimmtheitsgrundsatz gilt auch für den Inhalt des Sondereigentums

Urteil des BGH vom 20.1.2012 - V ZR 125/11

Eine Re­ge­lung in der Tei­lungs­erklärung, durch die sich der tei­lende Ei­gentümer vor­behält, an Flächen des Ge­mein­schafts­ei­gen­tums nachträglich Son­der­nut­zungs­rechte zu begründen, muss dem sa­chen­recht­li­chen Be­stimmt­heits­er­for­der­nis genügen. Denn die­ses ver­langt, dass je­der­mann den In­halt ei­nes ding­li­chen Rechts an­hand der Ein­tra­gun­gen im Grund­buch ein­deu­tig er­ken­nen kann.

Der Sach­ver­halt:
Bei den Par­teien han­delte es sich um Mit­glie­der ei­ner Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft, die in­folge der Tei­lung ei­nes Grundstücks durch den Be­klag­ten ent­stan­den war. Die­sem gehören meh­rere im Erd­ge­schoss ge­le­gene Woh­nungs- und Teil­ei­gen­tum­sein­hei­ten. Die Kläger sind Ei­gentümer ei­ner Woh­nung im zwei­ten Ober­ge­schoss.

Auf­grund der im Juli 2000 geänder­ten Tei­lungs­erklärung war der Be­klagte un­wi­der­ruf­lich be­fugt, den im Erd­ge­schoss ge­le­ge­nen Woh­nun­gen Teile der Gar­tenflächen als Ter­ras­sen zur Son­der­nut­zung zu­zu­ord­nen. Die Be­fug­nis sollte für das je­wei­lige Son­der­nut­zungs­recht nach des­sen Ein­tra­gung in das Grund­buch des begüns­tig­ten Woh­nungs- bzw. Teil­ei­gen­tums erlöschen. Mit no­ta­ri­el­ler Ur­kunde wies der Be­klagte im Au­gust 2009 ein­zel­nen Ein­hei­ten je­weils ein Son­der­nut­zungs­recht an näher be­zeich­ne­ten und in einem La­ge­plan ein­ge­zeich­ne­ten Hofflächen zu. Wei­tere Zu­wei­sun­gen von Son­der­nut­zungsflächen wa­ren ge­plant.

Die Kläger ver­lang­ten vom Be­klag­ten, es zu un­ter­las­sen, künf­tig Son­der­rechts­zu­wei­sun­gen in Be­zug auf die im Ge­mein­schafts­ei­gen­tum ste­hen­den Freiflächen vor­zu­neh­men. Fer­ner be­an­trag­ten sie die Un­wirk­sam­keit der vor­ge­nom­me­nen Zu­wei­sung zu erklären.

Das AG gab der Klage statt. Be­ru­fung und Re­vi­sion des Be­klag­ten blie­ben er­folg­los.

Die Gründe:
Un­ter­las­sungs- und den Fest­stel­lungs­an­trag wa­ren begründet, da der Be­klagte ohne Zu­stim­mung der übri­gen Mit­ei­gentümer nicht be­rech­tigt war, Flächen des Ge­mein­schafts­ei­gen­tums ein­zel­nen Ein­hei­ten als Son­der­nut­zungs­recht zu­zu­ord­nen.

Eine Re­ge­lung in der Tei­lungs­erklärung, durch die sich der tei­lende Ei­gentümer vor­behält, an Flächen des Ge­mein­schafts­ei­gen­tums nachträglich Son­der­nut­zungs­rechte zu begründen, muss dem sa­chen­recht­li­chen Be­stimmt­heits­er­for­der­nis genügen. Denn die­ses ver­langt, dass je­der­mann den In­halt ei­nes ding­li­chen Rechts an­hand der Ein­tra­gun­gen im Grund­buch ein­deu­tig er­ken­nen kann. Zu die­sem In­halt gehören alle Re­ge­lun­gen der Tei­lungs­erklärung mit Ver­ein­ba­rungs­cha­rak­ter und da­mit auch Ermäch­ti­gun­gen, durch die Ent­schei­dun­gen, die nach dem Ge­setz ei­ner Ver­ein­ba­rung der Woh­nungs­ei­gentümer bedürfen, auf den tei­len­den Ei­gentümer über­tra­gen wer­den.

Da Son­der­nut­zungs­rechte nach Ent­ste­hen der wer­den­den Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft nur durch eine Ver­ein­ba­rung der Woh­nungs­ei­gentümer begründet wer­den können, hat eine Re­ge­lung, mit der diese Kom­pe­tenz dem tei­len­den Ei­gentümer vor­be­hal­ten bleibt, Ver­ein­ba­rungs­cha­rak­ter und gehört, wenn sie in das Grund­buch ein­ge­tra­gen wird, zu dem In­halt des Son­der­ei­gen­tums. In­fol­ge­des­sen genügte der der hier zu be­ur­tei­lende Vor­be­halt dem sa­chen­recht­li­chen Be­stimmt­heits­grund­satz nicht. Die For­mu­lie­rung, der Be­klagte sei be­fugt "Teile der Gar­tenflächen als Ter­ras­sen zur Son­der­nut­zung" zu­zu­ord­nen, ließ of­fen, auf wel­che Flächen des Ge­mein­schafts­ei­gen­tums sich die Be­fug­nis be­zog. Diese wa­ren we­der aus einem La­ge­plan er­sicht­lich noch in an­de­rer Form be­schrie­ben.

In­folge der Be­gren­zung auf "Teile" der Gar­tenflächen konnte der Vor­be­halt auch nicht als Be­fug­nis ver­stan­den wer­den, an sämt­li­chen Gar­tenflächen Son­der­nut­zungs­rechte zu begründen. Dem Be­stimmt­heits­grund­satz wäre al­ler­dings auch dann nur genügt, wenn zwei­fels­frei feststünde, wel­che Teile des Ge­mein­schafts­ei­gen­tums als Gar­tenflächen an­zu­se­hen sind. Ein be­stimm­ter In­halt der Ermäch­ti­gung ließ sich des­halb auch im Wege der Aus­le­gung nicht fest­stel­len.

Link­hin­weis:
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