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BGH: Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts nur mangels vergleichbarem ortsansässigem Anwalt notwendig

Beschluss des BGH vom 20.12.2011 - XI ZB 13/11

Klagt eine Par­tei im ei­ge­nen Ge­richts­stand, so sind die Rei­se­kos­ten ih­res Rechts­an­walts, der we­der am Ge­richts­ort noch am Wohn- oder Ge­schäfts­ort der Par­tei ansässig ist, zur zweck­ent­spre­chen­den Rechts­ver­fol­gung grundsätz­lich nicht er­for­der­lich. Die Be­auf­tra­gung ei­nes spe­zia­li­sier­ten auswärti­gen Rechts­an­walts am drit­ten Ort ist zur zweck­ent­spre­chen­den Rechts­ver­fol­gung nur dann aus­nahms­weise not­wen­dig, wenn ein ver­gleich­ba­rer orts­ansässi­ger Rechts­an­walt nicht be­auf­tragt wer­den kann.

Der Sach­ver­halt:
Der im Be­zirk des LG Ba­den-Ba­den ansässige Kläger nahm die be­klagte Bank vor dem LG Ba­den-Ba­den auf Scha­dens­er­satz we­gen feh­ler­haf­ter An­la­ge­be­ra­tung im Zu­sam­men­hang mit dem Kauf von An­tei­len an einem Me­di­en­fonds in An­spruch. Das LG gab der Klage über­wie­gend statt und er­legte der Be­klag­ten die Kos­ten des Rechts­streits auf. Das OLG änderte das Ur­teil ge­ringfügig ab und er­legte die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens eben­falls der Be­klag­ten auf. Ihre Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde ge­gen diese Ent­schei­dung nahm die Be­klagte zurück.

Der Kläger wurde von in Ber­lin ansässi­gen Rechts­anwälten ver­tre­ten, die er we­gen ih­rer Spe­zia­li­sie­rung auf Fälle des Ka­pi­tal­an­la­ge­rechts be­auf­tragt hat und die bun­des­weit zahl­rei­che wei­tere An­le­ger des­sel­ben Me­di­en­fonds ver­tre­ten. Er mel­dete zum Kos­ten­aus­gleich u.a. Rei­se­kos­ten sei­ner Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten für einen Ver­hand­lungs­ter­min beim LG Ba­den-Ba­den i.H.v. 438 € nebst Um­satz­steuer an.

Das LG setzte diese Kos­ten in vol­lem Um­fang fest. Auf die so­for­tige Be­schwerde der Be­klag­ten änderte das OLG den Kos­ten­fest­set­zungs­be­schluss des LG ab und setzte le­dig­lich die fik­ti­ven Rei­se­kos­ten ei­nes am Wohn­sitz des Klägers ansässi­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten i.H.v. 63 € fest. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Rechts­be­schwerde des Klägers hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Die über den zu­er­kann­ten Be­trag hin­aus gel­tend ge­mach­ten Rei­se­kos­ten des Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten des Klägers sind nicht er­stat­tungsfähig, weil sie zur zweck­ent­spre­chen­den Rechts­ver­fol­gung nicht not­wen­dig wa­ren (§ 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 ZPO).

Die Be­auf­tra­gung ei­nes auswärti­gen Rechts­an­walts, der zwar beim Pro­zess­ge­richt auf­tre­ten kann, dort aber nicht zu­ge­las­sen ist, ist zur zweck­ent­spre­chen­den Rechts­ver­fol­gung grundsätz­lich nicht not­wen­dig, wenn die Par­tei - wie hier - in ih­rem ei­ge­nen Ge­richts­stand klagt. Die Rechts­be­schwerde macht dem­ge­genüber ver­geb­lich gel­tend, dass vor­lie­gend be­son­dere Ge­ge­ben­hei­ten die Ein­schal­tung der auswärti­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten er­for­der­lich ge­macht hätten, da es um einen Me­di­en­fonds gehe, mit­hin um eine Spe­zi­al­ma­te­rie des Ka­pi­tal­an­la­ge­rechts, in die sich die Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten des Klägers, die weit über hun­dert wei­tere An­le­ger des­sel­ben Fonds ver­tre­ten würden, mehrjährig ein­ge­ar­bei­tet hätten.

Die Be­auf­tra­gung ei­nes spe­zia­li­sier­ten auswärti­gen Rechts­an­walts er­scheint nur dann aus­nahms­weise als not­wen­dig, wenn ein ver­gleich­ba­rer orts­ansässi­ger Rechts­an­walt nicht be­auf­tragt wer­den kann. Dies war vor­lie­gend nach den Fest­stel­lun­gen des OLG je­doch nicht der Fall. Auch der Um­stand, dass der mit der Pro­zess­ver­tre­tung be­auf­tragte auswärtige Rechts­an­walt für die Par­tei in der­sel­ben An­ge­le­gen­heit be­reits vor­pro­zes­sual tätig war, ist nach ständi­ger Recht­spre­chung des BGH nicht ge­eig­net, die kos­tenträch­tige Man­da­tie­rung ei­nes auswärti­gen Rechts­an­wal­tes zu recht­fer­ti­gen. Viel­mehr emp­fiehlt es sich aus der Sicht der vernünf­ti­gen und kos­ten­ori­en­tier­ten Par­tei, schon vor­pro­zes­sual einen in ih­rer Nähe be­find­li­chen Rechts­an­walt ein­zu­schal­ten.

Das In­ter­esse, sich durch einen Rechts­an­walt ih­res Ver­trau­ens ver­tre­ten zu las­sen, er­laubt es ei­ner Par­tei nicht, ohne kos­ten­recht­li­che Nach­teile einen auswärti­gen Rechts­an­walt mit ih­rer ge­richt­li­chen Ver­tre­tung un­abhängig da­von zu be­auf­tra­gen, wie weit des­sen Kanz­lei von ih­rem Wohn- oder Ge­schäfts­sitz und dem Ge­richts­ort ent­fernt ist. Er­stat­tungsfähig sind des­halb auch hier nur die­je­ni­gen Kos­ten ei­nes Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten, die aus einem Aus­ein­an­der­fal­len von Ge­richts­ort ei­ner­seits und Ge­schäfts- oder Wohn­sitz ei­ner Par­tei an­de­rer­seits ent­ste­hen.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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