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BFH zur Gemeinnützigkeit eines ausgegliederten Krankenhauslabors

Urteil des BFH vom 6.2.2013 - I R 59/11

Han­delt es sich auch bei Außer­acht­las­sung der zi­vil­recht­li­chen Ver­trags­be­zie­hun­gen um Hand­lun­gen, die nicht als un­mit­tel­bare Hil­fe­leis­tun­gen ge­genüber dem Bedürf­ti­gen, son­dern viel­mehr als Dienst­leis­tung ge­genüber dem "ei­gent­li­chen" Leis­tungs­er­brin­ger zu cha­rak­te­ri­sie­ren sind, fehlt es an der er­for­der­li­chen Un­mit­tel­bar­keit. In­fol­ge­des­sen ver­folgt eine von ge­meinnützi­gen Kran­ken­hausträgern gegründete GmbH, die La­bor­leis­tun­gen für die Kran­kenhäuser er­bringt, selbst nicht un­mit­tel­bar ge­meinnützige oder mildtätige Zwecke.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH, die im Streit­jahr 2006 ein La­bor für Kran­kenhäuser be­trieb. Die Ge­sell­schaf­ter der Kläge­rin sind als ge­meinnützig an­er­kannt und Träger meh­re­rer ka­tho­li­scher Kran­kenhäuser. Die Kran­kenhäuser sind wie­derum als steu­er­begüns­tigte Zweck­be­triebe an­er­kannt. Die La­bor­leis­tun­gen, die in den Kran­kenhäusern an­fie­len, wur­den bis zur Gründung der Kläge­rin von La­bo­ren ab­ge­wi­ckelt, die in den je­wei­li­gen Kran­ken­haus­be­trieb in­te­griert wa­ren. Nach der Gründung der Kläge­rin über­nahm diese das für die Er­brin­gung der La­bor­leis­tun­gen er­for­der­li­che Per­so­nal und mie­tete von ih­ren Ge­sell­schaf­tern die Räum­lich­kei­ten an.

Im No­vem­ber 2006 schloss die Kläge­rin einen Ko­ope­ra­ti­ons­ver­trag mit ei­ner überört­li­chen Ge­mein­schafts­pra­xis für La­bo­ra­to­ri­ums­me­di­zin. Da­nach sollte diese die ärzt­li­che Lei­tung und die Wahr­neh­mung der ärzt­li­chen Auf­ga­ben der Kläge­rin um­fas­send si­cher­stel­len. Die Kläge­rin sollte keine ei­ge­nen Fachärzte für La­bo­ra­to­ri­ums­me­di­zin an­stel­len und die Ge­mein­schafts­pra­xis keine von ihr an­ge­stell­ten nichtärzt­li­chen Mit­ar­bei­ter bei der Kläge­rin ein­set­zen. Die Leis­tun­gen für Pa­ti­en­ten der von ih­ren Ge­sell­schaf­tern un­ter­hal­te­nen Kran­kenhäuser soll­ten aus­schließlich durch die Kläge­rin, die Leis­tun­gen für Pa­ti­en­ten nie­der­ge­las­se­ner Ärzte aus­schließlich durch die Ge­mein­schafts­pra­xis er­bracht wer­den.

Im De­zem­ber 2006 nahm die Kläge­rin ihre Ge­schäftstätig­keit auf. Bei Um­sat­zerlösen von 363.601 € er­wirt­schaf­tete sie bis Ende des Jah­res einen Jah­resüber­schuss von 3.568 €. Die Kläge­rin reichte beim Fi­nanz­amt für das Streit­jahr eine Erklärung zur Körper­schaft­steuer und Ge­wer­be­steuer von Körper­schaf­ten, die ge­meinnützi­gen, mildtäti­gen oder kirch­li­chen Zwecken die­nen, ein. Das Fi­nanz­amt setzte für das Streit­jahr den­noch Körper­schaft­steuer fest. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin blieb vor dem BFH er­folg­los.

Die Gründe:
Die Kläge­rin war nicht als ge­meinnützig an­zu­er­ken­nen.

Der Betäti­gung der Kläge­rin fehlte es schon an dem Merk­mal ei­ner un­mit­tel­ba­ren Ver­fol­gung ge­meinnützi­ger oder mildtäti­ger Zwecke. Eine Vor­aus­set­zung der Steu­er­be­frei­ung ist gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002, dass die Körper­schaft ihre steu­er­begüns­tig­ten Zwecke un­mit­tel­bar erfüllt. Das ist gem. § 57 Abs. 1 S. 1 AO der Fall, wenn sie die steu­er­begüns­tig­ten Zwecke selbst erfüllt, ge­ge­be­nen­falls und nach Maßgabe von § 57 Abs. 2 S. 2 AO un­ter Hin­zu­zie­hung von Hilfs­per­so­nen. An die­ser Vor­aus­set­zung fehlte es im vor­lie­gen­den Fall al­ler­dings, weil die Hil­fe­leis­tun­gen ge­genüber den Pa­ti­en­ten aus­schließlich von den Kran­kenhäusern er­bracht wur­den und die Kläge­rin mit ih­ren La­bor­leis­tun­gen le­dig­lich die Kran­kenhäuser bei de­ren Hil­fe­leis­tun­gen un­terstützte.

Han­delt es sich auch bei Außer­acht­las­sung der zi­vil­recht­li­chen Ver­trags­be­zie­hun­gen um Hand­lun­gen, die nicht als un­mit­tel­bare Hil­fe­leis­tun­gen ge­genüber dem Bedürf­ti­gen, son­dern viel­mehr als Dienst­leis­tung ge­genüber dem "ei­gent­li­chen" Leis­tungs­er­brin­ger zu cha­rak­te­ri­sie­ren sind, fehlt es an der er­for­der­li­chen Un­mit­tel­bar­keit. So lag die Sa­che auch hier: Die La­bor­leis­tun­gen moch­ten zwar ärzt­li­chen Cha­rak­ter ge­habt ha­ben, wa­ren aber der Sa­che nach als Dienst­leis­tun­gen ge­genüber den un­mit­tel­bar be­han­deln­den Ärz­ten zu be­ur­tei­len. Nur die Ärzte hat­ten Kon­takt zu den Pa­ti­en­ten, nur sie zo­gen die me­di­zi­ni­schen Schlüsse aus den von der Kläge­rin ge­lie­fer­ten Be­fun­den und ent­schie­den, wel­che Heil- oder Vor­sor­gemaßnah­men je­weils ge­bo­ten wa­ren.

Die La­bor­leis­tun­gen stell­ten viel­mehr Vor­be­rei­tungs­leis­tun­gen dar, die Kran­kenhäuser da­bei un­terstützen soll­ten, ihre Pa­ti­en­ten me­di­zi­ni­sch zu be­treuen. Sie wa­ren so­mit selbst keine un­mit­tel­ba­ren Be­hand­lungs- oder Be­treu­ungs­leis­tun­gen "am Pa­ti­en­ten". Das galt ent­ge­gen der Sicht­weise der Kläge­rin auch an­ge­sichts des Um­stands, dass die Kläge­rin die La­bor­be­funde an­hand des Blu­tes bzw. der Körper­se­krete der Pa­ti­en­ten traf. Denn die der Kläge­rin von den Kran­kenhäusern zur Verfügung ge­stell­ten Pro­ben wa­ren reine Un­ter­su­chungs­ob­jekte; sie hat­ten ihre körper­li­che Ver­bin­dung zum Pa­ti­en­ten ver­lo­ren und an ih­nen wur­den von der Kläge­rin keine Heil- oder Be­hand­lungsmaßnah­men vor­ge­nom­men.

Link­hin­weis:
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