Mit Urteil vom 9. Februar 2012 III R 15/09 hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Voraussetzungen präzisiert, unter denen eine nach Eintritt der Volljährigkeit in den Haushalt aufgenommene geistig behinderte Person als Pflegekind angesehen werden kann mit der Folge, dass für sie ein Anspruch auf Kindergeld besteht.
Nach der gesetzlichen Definition sind Pflegekinder Personen, mit denen der Steuerpflichtige u.a. durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist. Das Finanzgericht hatte diese Voraussetzung im Streitfall bejaht und insbesondere ausgeführt, es sei nicht erforderlich, dass die betreute Person behinderungsbedingt in ihrer geistigen Entwicklung einem Kind gleich stehe. Es genüge vielmehr, dass sie nicht selbständig leben könne und ohne die Aufnahme in die Familienpflege in einem Heim untergebracht werden müsse.
Dieser Ansicht ist der BFH nicht gefolgt. Die betreute Person muss, um Pflegekind sein zu können, wie zur Familie gehörend angesehen und behandelt werden. Dies setzt ein Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis wie zwischen Eltern und ihren leiblichen Kindern voraus. Da die körperliche Versorgung und die Erziehung bei einem nicht behinderten Volljährigen in der Regel keine entscheidende Rolle mehr spielt, kann ein behinderter Volljähriger nur dann Pflegekind sein, wenn die Behinderung so schwer ist, dass der geistige Zustand des Behinderten dem typischen Entwicklungsstand einer minderjährigen Person entspricht. Aus weiteren Umständen wie der Einbindung in die familiäre Lebensgestaltung, dem Bestehen erzieherischer Einwirkungsmöglichkeiten und einer über längere Zeit bestehenden und auf längere Zeit angelegten ideellen Beziehung muss auf eine Bindung wie zwischen Eltern und ihren leiblichen Kindern geschlossen werden können.
Quelle: Pressemitteilung des BFH Nr. 29/2012 vom 02.05.2012