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BFH zur Arbeitslohnqualität von Arbeitgeberleistungen nach der Abtretung von Ansprüchen aus einer Rückdeckungsversicherung an den Arbeitnehmer

Urteil des BFH vom 5.7.2012 - VI R 11/11

Tritt ein Ar­beit­ge­ber An­sprüche aus ei­ner mit einem Ver­si­che­rer ab­ge­schlos­se­nen Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung an den Ar­beit­neh­mer ab und leis­tet der Ar­beit­ge­ber an­schließend Beiträge an den Ver­si­che­rer, so sind diese Aus­ga­ben Ar­beits­lohn. Die An­zeige des Ar­beit­ge­bers nach § 41c Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG hemmt den An­lauf der Fest­set­zungs­frist für die Lohn­steuer ge­genüber dem Ar­beit­neh­mer gem. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war nicht­selbständig tätig. Seine Ar­beit­ge­be­rin hatte ihm eine Al­ters- und Be­rufs­unfähig­keits­rente zu­ge­sagt, zu de­ren Si­che­rung und Fi­nan­zie­rung sie eine Ver­si­che­rung ab­ge­schlos­sen hatte. Für diese Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung leis­tete sie jähr­lich Ver­si­che­rungsprämien i.H.v. rd. 96.000 DM. Der Ver­si­che­rungs­ver­trag sah für den Fall der Be­rufs­unfähig­keit des Klägers eine Bei­trags­frei­stel­lung so­wie eine Be­rufs­unfähig­keits­rente vor. Im Jahr 1990 en­dete das Ar­beits­verhält­nis und die Ar­beit­ge­be­rin ver­pflich­tete sich, die Ver­si­che­rungs­beiträge wei­ter­hin zu ent­rich­ten. Gleich­zei­tig trat sie dem Kläger sämt­li­che An­sprüche aus dem Rück­de­ckungs­ver­si­che­rungs­ver­trag ab.

Im April 1991 teilte der Kläger der Ar­beit­ge­be­rin mit, dass er seit Fe­bruar 1991 be­rufs­unfähig sei. Er machte so­wohl ihr ge­genüber als auch ge­genüber der Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft An­sprüche auf Zah­lung ei­ner Be­rufs­unfähig­keits­rente gel­tend. Die Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft be­stritt den Ein­tritt des Ver­si­che­rungs­falls. Da­her führte der Kläger in der Fol­ge­zeit ge­gen die Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft einen Zi­vil­pro­zess, in dem er An­sprüche aus der Be­rufs­unfähig­keits­ver­si­che­rung gel­tend machte. Im Jahr 2000 ent­schied ein Zi­vil­ge­richt rechtskräftig, dass die Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft eine Be­rufs­unfähig­keits­rente an den Kläger zu leis­ten habe, da mit der Be­rufs­unfähig­keit des Klägers der Ver­si­che­rungs­fall ein­ge­tre­ten sei.

Die Ar­beit­ge­be­rin ent­rich­tete während der zi­vil­recht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung um den Ein­tritt des Ver­si­che­rungs­falls auch wei­ter­hin die Ver­si­che­rungs­beiträge an die Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft. Im Au­gust 1993 zeigte die Ar­beit­ge­be­rin die Nicht­abführung der Lohn­steuer ge­genüber dem Fi­nanz­amt an. Dar­auf­hin be­han­delte die­ses die von der Ar­beit­ge­be­rin in dem Streit­jahr 1992 ge­zahl­ten Ver­si­che­rungsprämien als steu­er­pflich­ti­gen Ar­beits­lohn und er­ließ ge­genüber dem Kläger im Ja­nuar 1997 einen ent­spre­chen­den Lohn­steuer-Nach­for­de­rungs­be­scheid.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt war ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG be­rech­tigt, zu we­nig er­ho­bene Lohn­steuer nach § 41c Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 41c Abs. 4 S. 2 EStG von dem Kläger nach­zu­for­dern.

Tritt ein Ar­beit­ge­ber An­sprüche aus ei­ner von ihm mit einem Ver­si­che­rer ab­ge­schlos­se­nen Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung an den Ar­beit­neh­mer ab und leis­tet der Ar­beit­ge­ber im An­schluss hieran Beiträge an den Ver­si­che­rer, sind diese Aus­ga­ben Ar­beits­lohn. Die Ab­tre­tung von An­sprüchen aus einem Ver­si­che­rungs­verhält­nis be­wirkt im All­ge­mei­nen, dass der Neugläubi­ger hin­sicht­lich der For­de­rung aus dem Ver­si­che­rungs­ver­trag in die Gläubi­ger­stel­lung des Ver­si­che­rungs­neh­mers einrückt und mit­hin ma­te­ri­ell zum In­ha­ber des Rechts­an­spruchs ge­genüber dem Ver­si­che­rer wird. Im Übri­gen bleibt das Ver­si­che­rungs­verhält­nis je­doch un­verändert, so dass der Ver­si­che­rungs­neh­mer wei­ter­hin Ver­trags­par­tei bleibt und ins­bes. zur Leis­tung der Ver­si­che­rungsprämien ver­pflich­tet ist.

Dem­ent­spre­chend hat der Ar­beit­ge­ber nach der Ab­tre­tung ei­ner Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung an den Ar­beit­neh­mer die Ver­si­che­rungs­beiträge für den Ar­beit­neh­mer ein­zu­be­hal­ten und ab­zuführen, während der Ar­beit­neh­mer bzw. seine Hin­ter­blie­be­nen selbst be­zugs­be­rech­tigt sind. Diese mit der Ab­tre­tung ein­her­ge­hende Ände­rung des Ver­si­che­rungs­verhält­nis­ses begründet die Um­wand­lung der Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung in eine Di­rekt­ver­si­che­rung. Nach­fol­gende Bei­trags­leis­tun­gen des Ar­beit­ge­bers an den Ver­si­che­rer wer­den da­mit wie bei ei­ner Di­rekt­ver­si­che­rung er­bracht, wo­durch die Ar­beit­ge­ber­leis­tun­gen als Ar­beits­lohn zu be­ur­tei­len sind.

Da das FG ist von ei­ner an­de­ren Rechts­auf­fas­sung aus­ge­gan­gen ist, war die Vor­ent­schei­dung auf­zu­he­ben und die Klage ab­zu­wei­sen. Die streit­ge­genständ­li­chen Zah­lun­gen sind Ar­beits­lohn. Denn die Ab­tre­tung der An­sprüche aus dem Rück­de­ckungs­ver­si­che­rungs­ver­trag be­wirkte im Streit­fall, dass der Kläger als Ar­beit­neh­mer einen ei­ge­nen un­ent­zieh­ba­ren Rechts­an­spruch ge­gen die Ver­sor­gungs­ein­rich­tung, die Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft, er­langte. Die da­nach durch die Ar­beit­ge­be­rin des Klägers ge­leis­te­ten Bei­trags­zah­lun­gen stel­len da­mit nach den an­geführ­ten Rechts­grundsätzen Ar­beits­lohn dar.

Im Zeit­punkt der Be­kannt­gabe des Lohn­steuer-Nach­for­de­rungs­be­schei­des im Ja­nuar 1997 war auch nicht Fest­set­zungs­verjährung ein­ge­tre­ten. Die Fest­set­zungs­frist für die Lohn­steuer beträgt, so­weit für den Streit­fall von In­ter­esse, vier Jahre (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO be­ginnt die Fest­set­zungs­frist, wenn eine An­zeige zu er­stat­ten ist, al­ler­dings erst mit Ab­lauf des Ka­len­der­jah­res, in dem die An­zeige ein­ge­reicht wird, und spätes­tens mit Ab­lauf des drit­ten Ka­len­der­jah­res, das auf das Ka­len­der­jahr folgt, in dem die Steuer ent­stan­den ist, es sei denn, dass die Fest­set­zungs­frist nach § 170 Abs. 1 AO später be­ginnt. Vor­lie­gend war die Ar­beit­ge­be­rin des Klägers für die in Rede ste­hende Lohn­steuer zur An­zeige ih­rer Nicht­abführung nach § 41c Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG ver­pflich­tet, weil der Kläger von ihr Ar­beits­lohn nicht mehr be­zog. Da die Ar­beit­ge­be­rin des Klägers diese An­zeige im Au­gust 1993 er­stat­tete, be­gann die Fest­set­zungs­frist mit Ab­lauf des Jah­res 1993.

Link­hin­weis:
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