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BFH zum Schachtelprivileg für Ausschüttungen einer französischen SICAV

Urteil des BFH 6.6.2012 - I R 52/11

Die Gewährung des ab­kom­mens­recht­li­chen Schach­tel­pri­vi­legs für Aus­schüttun­gen ei­ner französi­schen In­vest­ment­ge­sell­schaft in der Rechts­form ei­ner société d´in­ves­tis­se­ment à ca­pi­tal va­ria­ble (SI­CAV) an eine deut­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ist zwar nicht des­we­gen aus­ge­schlos­sen, weil die SI­CAV von der französi­schen Körper­schaft­steuer persönlich be­freit ist. Sie setzt je­doch vor­aus, dass es sich bei der SI­CAV nach deut­schem Recht um eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft han­delt, die in Frank­reich nach Maßgabe von Art. 2 Abs. 1 Nr. 4a DBA-Frank­reich 1959/1989 auf­grund ansässig­keits­begründen­der Merk­male prin­zi­pi­ell steu­er­pflich­tig ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH, die in den Streit­jah­ren 1991 und 1992 an ei­ner französi­schen In­vest­ment­ge­sell­schaft in der Rechts­form ei­ner société d´in­ves­tis­se­ment à ca­pi­tal va­ria­ble (SI­CAV) mit mehr als 10 % be­tei­ligt war und von die­ser (Brutto-)Aus­schüttun­gen ver­ein­nahmt hatte. Das für diese Aus­schüttun­gen von der Kläge­rin be­an­spruchte sog. Schach­tel­pri­vi­leg nach Art. 20 Abs. 1b aa S. 1 DBA-Frank­reich 1959/1989 wurde vom Fi­nanz­amt ver­sagt.

Statt­des­sen rech­nete das Amt die - nicht vergütete - französi­sche Ab­zug­steuer auf die fest­ge­setzte Körper­schaft­steuer an. Zu­dem berück­sich­tigte es für 1991 eine Ab­schrei­bung auf die Be­tei­li­gung an der SI­CAV und für 1992 einen Veräußerungs­ver­lust. Bei der Er­mitt­lung des Ein­heits­werts des Be­triebs­vermögens auf den 1.1.1992 wurde über­dies der An­satz für Wert­pa­piere in der Vermögens­auf­stel­lung der Kläge­rin um den Wert der Be­tei­li­gung an der SI­CAV erhöht.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Ob sich an dem deut­schen Be­steue­rungs­recht für die Beträge, wel­che die SI­CAV im Streit­jahr an die Kläge­rin aus­ge­schüttet hat, auf­grund des DBA-Frank­reich 1959/1989 et­was ändert, ließ sich nach den bis­he­ri­gen ta­trich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen nicht zwei­fels­frei be­ant­wor­ten.

Die Vor­in­stanz war bei ih­rer Ent­schei­dung da­von aus­ge­gan­gen, bei der SI­CAV han­dele es sich um eine in Frank­reich zwar steu­er­be­freite, dort je­doch "ab­strakt" (un­be­schränkt) steu­er­pflich­tige und dort i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4a DBA-Frank­reich 1959/1989 ansässige und ab­kom­mens­be­rech­tigte Ka­pi­tal­ge­sell­schaft. In Ein­klang mit den vor­ge­nann­ten Ab­kom­mens­re­ge­lun­gen sei der Kläge­rin das sog. Schach­tel­pri­vi­leg des Art. 20 Abs. 1a S. 1 u. b aa S. 1 DBA-Frank­reich 1959/1989 des­we­gen zu gewähren.

Das FG ging so­mit da­von aus, dass - ers­tens - für die Frage der Qua­li­fi­zie­rung der ausländi­schen Per­son als Ka­pi­tal­ge­sell­schaft und da­mit die In­an­spruch­nahme des sog. Schach­tel­pri­vi­legs nicht die französi­sche, son­dern die Steu­er­rechts­lage in Deutsch­land als dem sog. An­wen­der­staat aus­schlag­ge­bend ist, und dass - zwei­tens - für die ansässig­keits­begründende (un­be­schränkte) Steu­er­pflicht die vir­tu­elle, nicht aber die tatsäch­li­che Steu­er­pflicht im Ansässig­keits­staat genügt und et­waige Steu­er­be­frei­un­gen daran nichts ändern. Bei­dem war bei­zu­pflich­ten:

Ob die be­tref­fende Per­son als eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft an­zu­se­hen ist, be­stimmt sich in der Tat nach der Qua­li­fi­ka­tion des je­wei­li­gen An­wen­der­staats im sog. Ty­pen­ver­gleich, hier also nach Maßgabe des deut­schen Rechts. Und die Steu­er­pflicht ei­ner sol­chen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft be­stimmt sich al­lein da­nach, ob sie im Rah­men des Steu­er­rechts des an­de­ren Ver­trags­staats, hier also Frank­reichs, als ei­genständi­ges Steu­er­sub­jekt ver­stan­den wird.

Das Fi­nanz­amt war al­ler­dings der Auf­fas­sung, die Ge­sell­schafts­form der SI­CAV werde nach französi­scher Re­ge­lungs­lage steu­er­lich nicht als ei­genständi­ges Rechts­sub­jekt, viel­mehr - je­den­falls be­zo­gen auf de­ren französi­sche Ge­sell­schaf­ter - als trans­pa­rent an­ge­se­hen, wor­aus wie­derum folge, dass nicht die Ansässig­keit der SI­CAV die er­for­der­li­che (un­be­schränkte) Steu­er­pflicht begründe, son­dern die Ansässig­keit ih­rer Ge­sell­schaf­ter. Un­ter­stellt, diese Ein­schätzung des französi­schen Rechts träfe zu und es käme da­nach auch keine auf Ansässig­keits­merk­ma­len ba­sie­rende in­trans­pa­rente Be­steue­rung der SI­CAV in Be­tracht, wäre der Steu­er­behörde auf­grund der in Art. 9 Abs. 1 ebenso wie Art. 20 Abs. 1b aa S. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4a DBA-Frank­reich 1959/1989 ent­hal­te­nen Verknüpfung mit der Steu­er­pflicht nach der na­tio­na­len Re­ge­lungs­lage im Ansässig­keits­staat bei­zu­pflich­ten und könnte sich da­nach ent­schei­den, ob die Klage Er­folg hat oder nicht.

Das FG hatte zu der steu­er­li­chen Ei­genständig­keit der SI­CAV in Frank­reich in­des­sen nichts wei­ter fest­ge­stellt. Es war ins­be­son­dere nicht auf die Ge­gen­erwägun­gen zur steu­er­li­chen (Teil-)Trans­pa­renz ei­ner SI­CAV in Frank­reich ein­ge­gan­gen. Es hatte in­fol­ge­des­sen auch Fest­stel­lun­gen dazu un­ter­las­sen, ob die SI­CAV nach die­sen (et­wai­gen) Be­steue­rungsmaßga­ben aus deut­scher Sicht als Ka­pi­tal­ge­sell­schaft zu qua­li­fi­zie­ren ist. Die Er­mitt­lung ei­ner ausländi­schen Rechts­lage gehört aber ebenso wie die Er­mitt­lung der für den an­zu­stel­len­den Rechts­form­ty­pen­ver­gleich not­wen­di­gen ge­sell­schaft­li­chen Merk­male zu den vom FG zu klären­den tatsäch­li­chen Rechts­grund­la­gen.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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