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BFH zum grunderwerbsteuerbaren Erwerb eines Gesellschaftsanteils an einer Grundstücks-GbR

Urteil des BFH vom 23.11.2011 - II R 64/09

Die Über­tra­gung ei­nes An­teils an ei­ner Grundstücks-GbR, der mit ei­ner be­son­de­ren Be­rech­ti­gung an ei­ner der Ge­sell­schaft gehören­den Woh­nungs­ein­heit ver­bun­den sein soll, un­ter­liegt der Grund­er­werb­steuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO je­den­falls dann nicht, wenn die auf Begründung ei­nes An­spruchs auf Übe­reig­nung ei­ner be­stimm­ten Woh­nungs­ein­heit ge­rich­te­ten Ver­ein­ba­run­gen man­gels no­ta­ri­el­ler Be­ur­kun­dung nich­tig sind. Die zi­vil­recht­li­che Nich­tig­keits­folge tritt auch ein, wenn die Ver­trags­par­teien den Ver­trag als gültig be­han­delt wis­sen wol­len.

Der Sach­ver­halt:
Die Ei­gentümer­ge­mein­schaft B-GbR war im Juni 1999 mit pri­vat­schrift­li­chem Ge­sell­schafts­ver­trag zwecks Er­wer­bes, Ver­wal­tung und Sa­nie­rung des Grundstücks B-Straße von den Kläge­rin­nen gegründet wor­den. Auf­grund ei­ner - eben­falls pri­vat­schrift­li­chen - Son­der­nut­zungs­ver­ein­ba­rung wurde je­dem Ge­sell­schafts­an­teil ein Son­der­nut­zungs­recht an ei­ner oder meh­re­ren Ein­hei­ten zu­ge­ord­net.

Die B-GbR er­warb das be­sagte Grundstück im Sep­tem­ber 1999 durch no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­ten Grundstücks­kauf­ver­trag. In der Fol­ge­zeit tra­ten die Kläger auf der Grund­lage pri­vat­schrift­li­cher An­teilsüber­nah­me­verträge bei. Durch no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­ten Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trag aus De­zem­ber 2003 setzte sich die B-GbR der­ge­stalt aus­ein­an­der, dass den Ge­sell­schaf­tern je­weils näher be­zeich­nete Mit­ei­gen­tums­an­teile, ver­bun­den mit dem dazu gehöri­gen Son­der­ei­gen­tum zu­ge­wie­sen wur­den. Das Fi­nanz­amt sah darin gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steu­er­bare Er­werbs­vorgänge und setzte Grund­er­werb­steuer fest. Da­bei zog es den Wert der Ge­gen­leis­tung und nicht die Grund­be­sitz­werte als Be­mes­sungs­grund­lage heran.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Dem FG konnte nicht darin ge­folgt wer­den, dass be­reits der Bei­tritt der Kläger zur GbR gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO der Grund­er­werb­steuer un­ter­le­gen habe. Mit ih­rem Bei­tritt hat­ten die Kläger auch nicht die Ver­wer­tungs­be­fug­nis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG an ei­ner be­stimm­ten Woh­nungs­ein­heit er­langt.

Grundsätz­lich führt ein Wech­sel im Per­so­nen­stand ei­ner grund­be­sit­zen­den Ge­samt­hand nicht zu einem Recht­sträger­wech­sel und löst des­halb keine Grund­er­werb­steuer aus. Ge­sell­schafts­ver­trag­lich kann al­ler­dings ein Ge­sell­schafts­an­teil an ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft so aus­ge­stal­tet sein, dass des­sen Er­werb im recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Er­geb­nis dem Er­werb des Ei­gen­tums an einem Grundstück gleich­kommt. Die Über­tra­gung ei­nes so aus­ge­stal­te­ten Mit­glied­schafts­rechts an ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft kann als Ge­stal­tungs­miss­brauch an­ge­se­hen wer­den mit der Folge, dass der Vor­gang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO der Grund­er­werb­steuer un­ter­liegt.

Im Streit­fall la­gen diese Vor­aus­set­zun­gen al­ler­dings nicht vor, weil die auf Begründung ei­nes An­spruchs auf Übe­reig­nung ei­ner je­weils be­stimm­ten Ei­gen­tums­woh­nung ge­rich­te­ten Ver­ein­ba­run­gen man­gels no­ta­ri­el­ler Be­ur­kun­dung nich­tig wa­ren (§ 125 BGB). Die Be­ur­kun­dungs­pflicht gem. § 311b Abs. 1 BGB bzw. § 313 S. 1 BGB a.F. i.V.m. § 4 Abs. 3 WEG er­streckte sich auf die ge­samte Bei­tritts­ver­ein­ba­rung. Die zi­vil­recht­li­che Nich­tig­keits­folge tritt auch ein, wenn die Ver­trags­par­teien den Ver­trag als gültig be­han­delt wis­sen wol­len.

Grund­er­werb­steu­er­recht­lich kann je­doch ein un­wirk­sa­mer Ver­trag nicht die vom Steu­er­tat­be­stand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ge­for­derte Ver­pflich­tung zur Übe­reig­nung begründen. Auch die vor­lie­gende (ge­sell­schafts-)ver­trag­li­che Ge­stal­tung führte nicht dazu, dass die Kläger mit ih­rem Bei­tritt zur GbR die wirt­schaft­li­che Ver­wer­tungs­be­fug­nis an ei­ner be­stimm­ten Woh­nungs­ein­heit er­langt hat­ten. Nach ständi­ger BFH-Recht­spre­chung stellt auch eine ge­sell­schafts­ver­trag­li­che Ge­stal­tung, die dem je­wei­li­gen Ge­sell­schafts­an­teil eine be­stimmte Woh­nungs- bzw. Teil­ei­gen­tum­sein­heit von vorn­her­ein zu­ord­net, keine Über­tra­gung der wirt­schaft­li­chen Ver­wer­tungs­be­fug­nis dar. An die­ser Auf­fas­sung hält der Se­nat fest.

Das Fi­nanz­amt war letzt­lich zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass der Er­werb der Mit­ei­gen­tums­an­teile auf­grund des Aus­ein­an­der­set­zungs­ver­tra­ges aus De­zem­ber 2003 gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grund­er­werb­steuer un­ter­lag. Un­ter den Grundstücks­be­griff des § 2 Abs. 1 S. 1 GrEStG fällt auch das Woh­nungs­ei­gen­tum und der Ent­ste­hung der Grund­er­werb­steuer steht nicht ent­ge­gen, dass bei Ab­schluss des Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trags noch keine Woh­nungs­grundbücher an­ge­legt wa­ren. Zu Un­recht hatte die Behörde je­doch den Wert der Ge­gen­leis­tung und nicht die Grund­be­sitz­werte als Be­mes­sungs­grund­lage her­an­ge­zo­gen. Falls sich der Rechts­feh­ler erst im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren her­aus­stellt, ist die Vor­ent­schei­dung auf­zu­he­ben und die Sa­che an das FG mit der Maßgabe zurück­zu­ver­wei­sen, das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen, um den Fi­nanz­behörden die Ge­le­gen­heit zu ge­ben, den feh­len­den Grund­la­gen­be­scheid nach­zu­ho­len.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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