deen

Aktuelles

BFH zum Abzug von Leistungen im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs

Urteil des BFH vom 22.8.2012 - X R 36/09

Ein schuld­recht­li­cher Ver­sor­gungs­aus­gleich kann grundsätz­lich auch dann vor­lie­gen, wenn er in einem Ehe­ver­trag ge­re­gelt ist. Der Ge­setz­ge­ber hat mit § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG eine Re­ge­lung ge­trof­fen, die auch die schuld­recht­li­che Tei­lung ei­ner Rente als mögli­chen steu­er­recht­lich re­le­van­ten Einkünf­te­trans­fer ak­zep­tiert.

Der Sach­ver­halt:
Die ge­schie­de­nen Ehe­leute leb­ten seit 1990 von­ein­an­der ge­trennt. Sie hat­ten im Ja­nuar 1991 eine no­ta­ri­elle "Tren­nungs- und Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­ba­rung so­wie Ehe­ver­trag" ge­schlos­sen. Die Ehe wurde im Juni 1992 rechtskräftig ge­schie­den. Ein Ver­sor­gungs­aus­gleich wurde da­bei nicht durch­geführt, da ein sol­cher in der Ver­ein­ba­rung der Ehe­leute aus­ge­schlos­sen wor­den war.

Im No­vem­ber 2007 be­an­tragte der Kläger, dass ein Be­trag i.H.v. 37.089 € als Frei­be­trag auf sei­ner Lohn­steu­er­karte 2008 ein­ge­tra­gen wer­den sollte. Der Be­trag setzte sich zu­sam­men aus einem An­teil aus be­trieb­li­cher Rente i.H.v. 35.668 € und einem An­teil aus ge­setz­li­cher Rente i.H.v. 1.420 €. Das Fi­nanz­amt wies den An­trag teil­weise zurück, da die Zah­lun­gen an seine ge­schie­dene Ehe­frau gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur bis zur Höhe von 13.805 € ab­zieh­bar seien.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt war ver­pflich­tet, auf der Lohn­steu­er­karte des Klägers einen Frei­be­trag für Son­der­aus­ga­ben i.H.v. ins­ge­samt 37.089 € ein­zu­tra­gen.

Die Vor­aus­set­zun­gen des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG wa­ren erfüllt. Zwar er­gab sich aus dem Ehe­ver­trag der ein­deu­tige Wille, den Ver­sor­gungs­aus­gleich nicht nach §§ 1587 ff. BGB a.F. vor­zu­neh­men, son­dern statt­des­sen alle not­wen­di­gen Re­ge­lun­gen durch den Ehe­ver­trag zu tref­fen. Al­ler­dings kann ein schuld­recht­li­cher Ver­sor­gungs­aus­gleich auch dann vor­lie­gen, wenn er in einem Ehe­ver­trag ge­re­gelt ist. Denn auch ein sol­cher schuld­recht­li­cher Ver­sor­gungs­aus­gleich ist im Rah­men von § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG begüns­tigt. Schließlich sollte nach der Ge­set­zes­begründung der Ab­zug von Leis­tun­gen auf­grund ei­nes schuld­recht­li­chen Ver­sor­gungs­aus­gleichs auch nach der Ein­schränkung des An­wen­dungs­be­reichs des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG er­hal­ten blei­ben; für diese Fälle sollte eine ei­genständige Re­ge­lung ge­schaf­fen wer­den.

Dass die (ma­te­ri­elle) In­ter­pre­ta­tion des Be­griffs "schuld­recht­li­cher Ver­sor­gungs­aus­gleich" mit § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG ver­ein­bar ist, zeigte sich auch daran, dass § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG n.F. selbst auf die §§ 20, 21, 22 und 26 Ver­sAus­glG n.F. ver­weist. Zu­tref­fend wird da­her in dem BMF-Schrei­ben vom 9.4.2010 ein Son­der­aus­ga­ben­ab­zug (nur) ver­sagt, wenn statt ei­ner schuld­recht­li­chen Aus­gleich­zah­lung ein An­recht nach § 23 Ver­sAus­glG ab­ge­fun­den wird.

Ehe­ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen ent­hal­ten ty­pi­scher­weise auch Ele­mente ei­ner Vermögensaus­ein­an­der­set­zung und un­ter­haltsähn­li­che Leis­tun­gen. Zwar sind Leis­tun­gen im Rah­men ei­ner Vermögensaus­ein­an­der­set­zung grundsätz­lich keine steu­er­lich ab­zieh­ba­ren Auf­wen­dun­gen; das­selbe gilt für Un­ter­halts­zah­lun­gen. So­weit aber Ren­ten ge­teilt wer­den, ding­lich oder schuld­recht­lich, nach Maßgabe des dis­po­si­ti­ven Ge­set­zes­rechts oder als Teil ei­nes Ehe­ver­trags, hat der Ge­setz­ge­ber mit § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG eine Re­ge­lung ge­trof­fen, die auch die schuld­recht­li­che Tei­lung ei­ner Rente als mögli­chen steu­er­recht­lich re­le­van­ten Einkünf­te­trans­fer ak­zep­tiert.

Die­ser Rechts­lage ent­spre­chend war im Streit­fall da­von aus­zu­ge­hen, dass der Kläger und seine ge­schie­dene Ehe­frau einen "schuld­recht­li­chen Aus­gleich" der Ren­ten­an­sprüche des Klägers ge­re­gelt hat­ten, der zu einem Einkünf­te­trans­fer führen sollte und da­mit die Vor­aus­set­zun­gen des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG erfüllte. Dem­ent­spre­chend hatte der Kläger zu Recht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der im Ehe­ver­trag for­mu­lierte Aus­schluss nur den "ge­setz­li­chen Ver­sor­gungs­aus­gleich" be­tref­fen sollte. An die ge­gen­tei­lige An­sicht des FG war der Se­nat nicht ge­bun­den.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben