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BFH zu steuerfreien Leistungen an eine Kapitalanlagegesellschaft

BFH 11.4.2013, V R 51/10

Be­ra­tungs­leis­tun­gen, die ein Drit­ter ge­genüber ei­ner Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaft er­bringt, die ein Son­der­vermögen für Wert­pa­pier­an­la­gen ver­wal­tet, können als Ver­wal­tung von Son­der­vermögen steu­er­frei sein.

Der Sach­ver­halt:
Nach einem im De­zem­ber 1999 ab­ge­schlos­se­nen An­la­ge­be­ra­tungs­ver­trag be­auf­tragte eine Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaft (KAG), die einen Pu­bli­kums­fonds als Son­der­vermögen nach dem Ge­setz über Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaf­ten ver­wal­tete, die Kläge­rin, sie "bei der Ver­wal­tung des Fonds­vermögens zu be­ra­ten". Die Kläge­rin hatte "un­ter ständi­ger Be­ob­ach­tung des Fonds­vermögens Emp­feh­lun­gen für den Kauf oder Ver­kauf von Vermögens­ge­genständen zu er­tei­len". Die Kläge­rin hatte hier­bei "den Grund­satz der Ri­si­ko­mi­schung, die ge­setz­li­chen An­la­ge­be­schränkun­gen so­wie die An­la­ge­be­din­gun­gen zu berück­sich­ti­gen". Die Vergütung der Kläge­rin er­folgte nach einem vom Wert des Son­der­vermögens be­rech­ne­ten Pro­zent­satz. Bei der Kläge­rin han­delte es sich nicht um eine KAG.

Im Rah­men des Be­ra­tungs­ver­trags über­mit­telte die Kläge­rin in den Streit­jah­ren 1999 bis 2002 Emp­feh­lun­gen zum An- und Ver­kauf von Wert­pa­pie­ren per Te­le­fon, Te­le­fax oder Web-Ser­ver, ohne da­bei um­fang­rei­che Ex­per­ti­sen zu er­stel­len. Die KAG stellte die Emp­feh­lun­gen in ihr Or­der-Sys­tem ein, um diese ei­ner Überprüfung zu un­ter­zie­hen. Die An­la­ge­emp­feh­lun­gen der Kläge­rin setzte die KAG - oft in­ner­halb we­ni­ger Mi­nu­ten - um, so­weit kein Ver­stoß ge­gen ge­setz­li­che oder sons­tige für das Son­der­vermögen be­ste­hende An­la­ge­gren­zen vor­lag. Zu den Emp­feh­lun­gen über die Zu­sam­men­set­zung der Fonds-Vermögen traf die KAG hin­sicht­lich der Vermögens­werte keine ei­gene Aus­wahl, ihr ver­blieb aber die Letz­tent­schei­dung und Letzt­ver­ant­wor­tung. Die Kläge­rin er­hielt Rück­mel­dun­gen zur Ausführung der Emp­feh­lun­gen so­wie tägli­che Auf­stel­lun­gen über die Zu­sam­men­set­zung des von ihr be­ra­te­nen In­vest­ment­vermögens.

Die Ent­gelte aus die­sen Be­ra­tungs­leis­tun­gen be­han­delte die Kläge­rin zunächst als steu­er­pflich­tig. Im Rah­men ei­ner Außenprüfung be­an­tragte die Kläge­rin die Be­ra­tungs­leis­tun­gen als nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG 1999 steu­er­frei zu be­han­deln. Dem­ge­genüber ging der Prüfer - und mit ihm das Fi­nanz­amt - von der Steu­er­pflicht die­ser Leis­tun­gen aus.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH - nach zwi­schen­zeit­li­cher Aus­set­zung des Ver­fah­rens, Vor­lage meh­re­rer Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung an den EuGH und dar­auf­fol­gen­dem Ur­teil "GfBk" (EuGH 7.3.2013, C-275/11) - das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Nach dem EuGH-Ur­teil GfBk sind die Leis­tun­gen der Kläge­rin ent­ge­gen dem Ur­teil des FG steu­er­frei.

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG in sei­ner in den Streit­jah­ren 1999 bis 2002 gel­ten­den Fas­sung sind steu­er­frei "die Ver­wal­tung von Son­der­vermögen nach dem Ge­setz über Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaf­ten und die Ver­wal­tung von Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen i.S.d. Ver­si­che­rungs­auf­sichts­ge­set­zes". Uni­ons­recht­lich be­ruht dies auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richt­li­nie 77/388/EWG. Da­nach be­freien die Mit­glied­staa­ten von der Steuer "die Ver­wal­tung von durch die Mit­glied­staa­ten als sol­che de­fi­nier­ten Son­der­vermögen durch Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaf­ten".

Nach dem EuGH-Ur­teil GfBk fal­len die von einem Drit­ten ge­genüber ei­ner KAG als Ver­wal­te­rin ei­nes Son­der­vermögens er­brach­ten Be­ra­tungs­dienst­leis­tun­gen für Wert­pa­pier­an­la­gen un­ter den Be­griff "Ver­wal­tung von Son­der­vermögen durch Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaf­ten". Der EuGH führt hierfür an, dass "Leis­tun­gen, die in der Ab­gabe von Emp­feh­lun­gen zum An- und Ver­kauf von Vermögens­wer­ten ge­genüber ei­ner KAG be­ste­hen, eine enge Ver­bin­dung zu der spe­zi­fi­schen Tätig­keit ei­ner KAG auf­wei­sen", und "dass der Um­stand, dass Be­ra­tungs- und In­for­ma­ti­ons­leis­tun­gen nicht in An­hang II der Richt­li­nie 85/611 in der durch die Richt­li­nie 2001/107 geänder­ten Fas­sung auf­geführt sind", der Steu­er­frei­heit nicht ent­ge­gen­steht.

Ge­gen die Steu­er­frei­heit spre­che auch nicht, "dass die von einem Drit­ten er­brach­ten Be­ra­tungs- und In­for­ma­ti­ons­leis­tun­gen keine Ände­rung der recht­li­chen oder fi­nan­zi­el­len Lage des Fonds be­wir­ken"; wei­ter sei für die Steu­er­frei­heit un­er­heb­lich, dass es "Sa­che der frag­li­chen KAG war, die von der GfBk ab­ge­ge­be­nen Emp­feh­lun­gen zum An- und Ver­kauf von Vermögens­wer­ten nach Überprüfung ih­rer Ver­ein­bar­keit mit den An­la­ge­gren­zen um­zu­set­zen", und dass die Steu­er­frei­heit der durch einen Be­ra­ter an die KAG er­brach­ten Leis­tun­gen auch nicht zu einem Ver­stoß ge­gen den Grund­satz der Neu­tra­lität führt. Da­nach sind die Be­ra­tungs­leis­tun­gen der Kläge­rin, die sie für die KAG er­bracht hat, nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steu­er­frei.

Link­hin­weis:
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