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BFH zu den Zahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Oder-Konto als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten

Urteil des BFH vom 23.11.2011 - II R 33/10

Die Zah­lung ei­nes Ehe­gat­ten auf ein Ge­mein­schafts­konto (sog. Oder-Konto) der Ehe­leute kann zwar zu ei­ner der Schen­kung­steuer un­ter­lie­gen­den Zu­wen­dung an den an­de­ren Ehe­gat­ten führen. Das Fi­nanz­amt muss je­doch an­hand ob­jek­ti­ver Tat­sa­chen nach­wei­sen, dass der nicht ein­zah­lende Ehe­gatte im Verhält­nis zum ein­zah­len­den Ehe­gat­ten tatsäch­lich und recht­lich frei zur Hälfte über das ein­ge­zahlte Gut­ha­ben verfügen kann.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte zu­sam­men mit ih­rem Ehe­mann ein Oder-Konto eröff­net, auf das nur der Ehe­mann Ein­zah­lun­gen in er­heb­li­chem Um­fang leis­tete. Die Ein­zah­lun­gen stamm­ten u.a. aus der Veräußerung ei­ner Be­tei­li­gung so­wie aus dazu ver­ein­bar­ten Stun­dungs­zin­sen. Das Fi­nanz­amt be­steu­erte die Hälfte der ein­ge­zahl­ten Beträge als Schen­kun­gen des Ehe­man­nes an die Kläge­rin.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Es war der An­sicht, die Er­rich­tung des Kon­tos als Oder-Konto der Ehe­leute begründe die Ver­mu­tung des § 430 BGB, dass beide Kon­to­in­ha­ber im In­nen­verhält­nis je­weils zu glei­chen Tei­len be­rech­tigt seien. Für eine hier­von ab­wei­chende Ver­ein­ba­rung im In­nen­verhält­nis trage die Kläge­rin die Be­weis­last. Sie habe aber nicht nach­wei­sen können, dass eine sol­che Ver­ein­ba­rung der Ehe­leute vor­ge­le­gen habe und der Ehe­mann hin­sicht­lich des Oder-Kon­tos Al­lein­be­rech­tig­ter ge­we­sen sei.

Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Die Kläge­rin hat ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG auf­grund der bis­her fest­ge­stell­ten Tat­sa­chen nicht die Fest­stel­lungs­last dafür zu tra­gen, dass sie und ihr Ehe­mann in Be­zug auf das Gut­ha­ben auf dem Konto still­schwei­gend eine von der Aus­le­gungs­re­gel des § 430  1. Hs. BGB ab­wei­chende Ver­ein­ba­rung ge­trof­fen hat­ten.

Gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schen­kung un­ter Le­ben­den jede frei­ge­bige Zu­wen­dung un­ter Le­ben­den, so­weit der Be­dachte durch sie auf Kos­ten des Zu­wen­den­den be­rei­chert wird. Eine frei­ge­bige Zu­wen­dung setzt in ob­jek­ti­ver Hin­sicht vor­aus, dass die Leis­tung zu ei­ner Be­rei­che­rung des Be­dach­ten auf Kos­ten des Zu­wen­den­den führt und die Zu­wen­dung (ob­jek­tiv) un­ent­gelt­lich ist. In­so­fern kann auch eine Zah­lung ei­nes Ehe­gat­ten auf ein Ge­mein­schafts­konto (sog. Oder-Konto) bei­der Ehe­gat­ten eine Zu­wen­dung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an den an­de­ren Ehe­gat­ten sein. Eine Be­rei­che­rung des an­de­ren Ehe­gat­ten liegt je­doch nur vor, wenn und so­weit die­ser im Verhält­nis zum ein­zah­len­den Ehe­gat­ten tatsäch­lich und recht­lich frei über das ein­ge­zahlte Gut­ha­ben verfügen kann und die Zu­wen­dung un­ent­gelt­lich ist.

In­fol­ge­des­sen muss im vor­lie­gen­den Fall noch geklärt wer­den, ob die Kläge­rin im Verhält­nis zu ih­rem Ehe­mann zur Hälfte an dem Kon­to­gut­ha­ben be­tei­ligt war. Maßge­bend hierfür sind die Ver­ein­ba­run­gen der Ehe­leute so­wie die Ver­wen­dung des Gut­ha­bens. Je häufi­ger der nicht ein­zah­lende Ehe­gatte auf das Gut­ha­ben des Oder-Kon­tos zu­greift, um ei­ge­nes Vermögen zu schaf­fen, umso stärker spricht sein Ver­hal­ten dafür, dass er wie der ein­zah­lende Ehe­gatte zu glei­chen Tei­len Be­rech­tig­ter ist. Ver­wen­det der nicht ein­zah­lende Ehe­gatte da­ge­gen nur im Ein­zel­fall einen Be­trag zum Er­werb ei­ge­nen Vermögens, kann das dar­auf hin­deu­ten, dass sich die Zu­wen­dung des ein­zah­len­den Ehe­gat­ten an den an­de­ren Ehe­gat­ten auf die­sen Be­trag be­schränkt und nicht einen hälf­ti­gen An­teil am ge­sam­ten Gut­ha­ben auf dem Oder-Konto be­trifft.

Lässt sich der Sach­ver­halt im wei­te­ren Ver­fah­ren trotz Aus­schöpfung al­ler Er­kennt­nis­mit­tel nicht aufklären und er­ge­ben sich nach ei­ner Ge­samtwürdi­gung al­ler Tat­sa­chen keine hin­rei­chend deut­li­chen und ge­wich­ti­gen An­halts­punkte dafür, dass die Kläge­rin zur Hälfte an dem ge­sam­ten vom Ehe­mann ein­ge­zahl­ten Kon­to­gut­ha­ben be­tei­ligt war, trägt das Fi­nanz­amt die Fest­stel­lungs­last für alle Tat­sa­chen, die zur An­nahme der frei­ge­bi­gen Zu­wen­dun­gen er­for­der­lich sind.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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