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BFH zu den Voraussetzungen für eine nicht umsatzsteuerbare Veräußerung eines Teilvermögens

Urteil des BFH vom 29.8.2012 - XI R 10/12

Eine Ge­schäfts­veräußerung im Gan­zen i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG setzt keine Be­en­di­gung der un­ter­neh­me­ri­schen Betäti­gung des Veräußer­ers vor­aus. Es ist um­satz­steu­er­recht­lich un­er­heb­lich, dass er­trag­steu­er­recht­lich eine Teil­be­triebs­veräußerung nur an­ge­nom­men wird, wenn der veräußernde Ge­wer­be­trei­bende die bis­her in die­sem Teil­be­trieb ent­fal­tete Tätig­keit endgültig ein­stellt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Rechts­nach­fol­ge­rin der W-GmbH, die im Streit­jahr 2000 die Er­rich­tung und Er­hal­tung so­wie die Führung von Kli­ni­ken zur Be­hand­lung von Gefäßer­kran­kun­gen so­wie zur Durchführung von La­ser­ope­ra­tio­nen, zum Ge­gen­stand hatte. Gleich­wer­tige Ge­sell­schaf­ter und Ge­schäftsführer der W-GmbH wa­ren die Ärzte Y. und Z. Die W-GmbH war in ge­mie­te­ten Räumen in X. un­ter­ge­bracht. Mie­ter wa­ren die W-GmbH, Y. und Z. Bis auf einen Farb­stoff­la­ser und ein "Epi­Light ge­puls­tes Licht­sys­tem" wurde im Fe­bruar 2000 sämt­li­ches An­la­ge­vermögen veräußert. Der Z. be­trieb un­ter der bis­he­ri­gen An­schrift mit den er­wor­be­nen Wirt­schaftsgütern und dem von der W-GmbH über­nom­me­nen Per­so­nal eine Kli­nik für Ve­nen­me­di­zin. Die W-GmbH führte ihr Un­ter­neh­men an an­de­rer Stelle in X. fort.

In­folge ei­ner Außenprüfung bei der W-GmbH kam der Prüfer zu dem Er­geb­nis, dass die Veräußerung des An­la­ge­vermögens nicht als eine Ge­schäfts­veräußerung i.S.v. § 1 Abs. 1a UStG an­zu­se­hen sei. Die Be­mes­sungs­grund­lage der Um­satz­steuer sei da­her zu erhöhen. Die W-GmbH habe ihr Un­ter­neh­men in X. fort­geführt, wenn auch un­ter an­de­rer An­schrift. Auch seien nach der im Fe­bruar 2000 no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­ten Veräußerung Ge­genstände im An­la­ge­vermögen der W-GmbH ver­blie­ben.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes vor dem BFH blieb er­folg­los.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Ge­schäfts­veräußerung im Gan­zen i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG an­ge­nom­men.

Der § 1 Abs. 1a UStG dient der Um­set­zung von Art. 5 Abs. 8 und Art. 6 Abs. 5 der Richt­li­nie 77/388/EWG in na­tio­na­les Recht und ist ent­spre­chend die­ser Be­stim­mung richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen. Da­nach können die Mit­glied­staa­ten die Über­tra­gung ei­nes Ge­samt- oder Teil­vermögens, die ent­gelt­lich er­folgt, so be­han­deln, als ob keine Lie­fe­rung vor­liegt, und den Begüns­tig­ten der Über­tra­gung als Rechts­nach­fol­ger des Über­tra­gen­den an­se­hen. Der Er­wer­ber muss da­bei be­ab­sich­ti­gen, den über­tra­ge­nen Ge­schäfts­be­trieb oder Un­ter­neh­mens­teil zu be­trei­ben. Nicht begüns­tigt ist da­ge­gen die so­for­tige Ab­wick­lung der über­nom­me­nen Ge­schäftstätig­keit.

In­fol­ge­des­sen ist es im Rah­men ei­ner Ge­samtwürdi­gung für die Ge­schäfts­veräußerung ent­schei­dend, ob das über­tra­gene Un­ter­neh­mens­vermögen als hin­rei­chen­des Gan­zes die Ausübung ei­ner wirt­schaft­li­chen Tätig­keit ermöglicht und ob die vor und nach der Über­tra­gung ausgeübten Tätig­kei­ten übe­rein­stim­men oder sich hin­rei­chend ähneln. Die Über­tra­gung al­ler we­sent­li­chen Be­triebs­grund­la­gen und die Möglich­keit zur Un­ter­neh­mens­fortführung ohne großen fi­nan­zi­el­len Auf­wand ist nicht er­for­der­lich. Der Fort­set­zung der bis­her durch den Veräußerer ausgeübten Tätig­keit steht es nicht ent­ge­gen, wenn der Er­wer­ber den von ihm er­wor­be­nen Ge­schäfts­be­trieb in sei­nem Zu­schnitt ändert oder mo­der­ni­siert.

Bei der im vor­lie­gen­den Fall er­folg­ten Über­tra­gung von Wirt­schaftsgütern des An­la­ge­vermögens ein­schließlich des Überg­angs der Rechte und Pflich­ten aus dem Miet­verhält­nis und wei­te­ren Dau­er­schuld­verhält­nis­sen, dem ge­woll­ten Überg­ang der Kon­zes­sion zum Be­trieb ei­ner Kli­nik und der im Zeit­punkt der Über­tra­gung be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nisse han­delte es sich um Teil­vermögen i.S.d. Art. 5 Abs. 8 der Richt­li­nie 77/388/EWG und in richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung um einen in der Glie­de­rung ei­nes Un­ter­neh­mens ge­son­dert geführ­ten Be­trieb i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG. Auch ohne Ein­stel­lung der un­ter­neh­me­ri­schen Tätig­keit durch die veräußernde W-GmbH konnte Z. den Kli­nik­be­trieb fortführen. Dies schloss es aus, eine Ge­schäfts­veräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG von der Be­en­di­gung der un­ter­neh­me­ri­schen Betäti­gung bei dem Veräußerer abhängig zu ma­chen.

Auf­grund der uni­ons­recht­lich vor­zu­neh­men­den Ab­gren­zung der begüns­tig­ten Teil­vermögens­veräußerung kam die Her­an­zie­hung er­trag­steu­er­recht­li­cher De­fi­ni­tio­nen zum Vor­lie­gen der Veräußerung ei­nes Teil­be­triebs i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG nicht in Be­tracht. Es ist um­satz­steu­er­recht­lich un­er­heb­lich, dass er­trag­steu­er­recht­lich eine Teil­be­triebs­veräußerung nur an­ge­nom­men wird, wenn der veräußernde Ge­wer­be­trei­bende die bis­her in die­sem Teil­be­trieb ent­fal­tete Tätig­keit endgültig ein­stellt.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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