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BFH: Kein Kindergeld für inhaftiertes und vom Studium beurlaubtes Kind bei späterer rechtskräftiger Verurteilung

Urteil des BFH vom 23.1.2013 - XI R 50/10

Die Durchführung ei­ner Be­rufs­aus­bil­dung i.S.v. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG setzt vor­aus, dass auf die Aus­bil­dung ge­rich­tete Maßnah­men tatsäch­lich durch­geführt wer­den. Eine kin­der­geld­schädli­che Un­ter­bre­chung der Be­rufs­aus­bil­dung ist ge­ge­ben, wenn ein später rechtskräftig ver­ur­teil­tes Kind sich in Haft be­fin­det und sich während die­ser Zeit von sei­nem Stu­dium hat be­ur­lau­ben las­sen.

Der Sach­ver­halt:
Der 1982 ge­bo­rene Sohn der Kläge­rin war seit dem Win­ter­se­mes­ter 2002/2003 an der Uni­ver­sität Z zum Stu­dium der Rechts­wis­sen­schaf­ten im­ma­tri­ku­liert. Vom Win­ter­se­mes­ter 2003/2004 bis ein­schließlich Som­mer­se­mes­ter 2005 war er be­ur­laubt. Seit dem Win­ter­se­mes­ter 2005/2006 war er nicht mehr be­ur­laubt und hat sein Stu­dium fort­ge­setzt.

Hin­ter­grund der Be­ur­lau­bung war die Ver­ur­tei­lung zu ei­ner Frei­heits­strafe von 3 Jah­ren und 6 Mo­na­ten im Au­gust 2004 we­gen un­er­laub­ten Han­delns mit Betäubungs­mit­teln in nicht ge­rin­ger Menge. Der Sohn war im Juni 2003 fest­ge­nom­men wor­den, be­fand sich zunächst in Un­ter­su­chungs­haft und ab Ja­nuar 2005 in Straf­haft. Ab Au­gust 2005 war er im sog. "of­fe­nen Voll­zug". Der Rest der Strafe wurde im Ja­nuar 2006 vor­zei­tig zur Bewährung aus­ge­setzt. Im Fe­bruar 2009 wurde die aus­ge­setzte Rest­strafe er­las­sen.

Die be­klagte Fa­mi­li­en­kasse hob die Kin­der­geld­fest­set­zung im April 2007 für den Zeit­raum Juli 2003 bis Sep­tem­ber 2005 nach § 70 Abs. 2 EStG auf und for­derte über­zahl­tes Kin­der­geld von der Kläge­rin zurück. Das außer­ge­richt­li­che Rechts­be­helfs­ver­fah­ren blieb ohne Er­folg.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass die Kläge­rin in der Zeit von Juli 2003 bis Sep­tem­ber 2005 für ih­ren Sohn kei­nen An­spruch auf Kin­der­geld hat.

Der Wort­laut des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ("aus­ge­bil­det wird") stellt nach der Recht­spre­chung des BFH nicht auf das for­male Wei­ter­be­ste­hen ei­nes Aus­bil­dungs­verhält­nis­ses ab, son­dern dar­auf, dass auf die Aus­bil­dung ge­rich­tete Maßnah­men tatsäch­lich durch­geführt wer­den. Ent­schei­dend ist nicht, ob das Aus­bil­dungs­verhält­nis vorläufig be­en­det ist oder ob es zwar be­ste­hen bleibt, aber in­folge Be­ur­lau­bung die Rechte und Pflich­ten ru­hen. Denn es tritt grundsätz­lich eine Un­ter­bre­chung der Aus­bil­dung ein, so­bald es an Maßnah­men fehlt, die ge­eig­net sind, dem Er­werb von Kennt­nis­sen, Fähig­kei­ten und Er­fah­run­gen im Hin­blick auf die Ausübung des an­ge­streb­ten Be­rufs zu die­nen.

Vor­lie­gend hat das FG zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass die Be­rufs­aus­bil­dung des Kin­des durch die Un­ter­su­chungs­haft mit an­schließender Straf­haft für den streit­be­fan­ge­nen Zeit­raum un­ter­bro­chen war. Denn der Sohn der Kläge­rin hat während die­ser Zeit sein be­gon­ne­nes Stu­dium der Rechts­wis­sen­schaf­ten, von dem er sich hatte be­ur­lau­ben las­sen, nicht fort­ge­setzt.

Auch die von der Kläge­rin zi­tierte Recht­spre­chung des BFH, wo­nach ein in Un­ter­su­chungs­haft ge­nom­me­nes Kind aus­nahms­weise wei­ter­hin als in Aus­bil­dung be­find­lich zu be­han­deln ist, wenn es die be­gon­nene Aus­bil­dung in der Haft nicht fort­setzt, ist im Streit­fall nicht ein­schlägig. Der BFH hatte in sei­nem in BFH/NV 2006, 2067 zu ent­schei­den­den Fall maßgeb­lich dar­auf ab­ge­stellt, dass das sei­ner­zeit in Po­len in­haf­tierte Kind die Un­ter­bre­chung sei­ner Aus­bil­dung nicht zu ver­tre­ten hatte, weil es letzt­lich vom Tat­vor­wurf frei­ge­spro­chen wor­den war. Dem­ge­genüber hat der Sohn im Streit­fall mit sei­ner Be­tei­li­gung am Dro­gen­han­del eine Straf­tat be­gan­gen, für die es rechtskräftig zu ei­ner mehrjähri­gen Frei­heits­strafe ver­ur­teilt wurde.

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