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BFH: Hinzurechnung nach § 31 S. 4 EStG auch bei nicht gezahltem Kindergeld

Urteil des BFH vom 13.9.2012 - V R 59/10

Für die Hin­zu­rech­nung nach § 31 S. 4 EStG ist al­lein ent­schei­dend, ob ein An­spruch auf Kin­der­geld be­steht. Ob Kin­der­geld tatsäch­lich ge­zahlt wor­den ist, ist da­ge­gen ohne Be­deu­tung.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist die Hin­zu­rech­nung des Kin­der­geld­an­spruchs nach § 31 S. 4 EStG in der Fas­sung des StÄndG 2003. Die Kläger sind Ehe­leute, die zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt wer­den. Der geänderte Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2004 vom 1.4.2008 ent­hielt eine Hin­zu­rech­nung von Kin­der­geld von ins­ge­samt 4.774 €, hier­von für den 2000 ge­bo­re­nen Sohn i.H.v. 1.848 € und für die 2004 ge­bo­rene Toch­ter T i.H.v. 1.078 €.

Mit der Klage mach­ten die Kläger gel­tend, die Hin­zu­rech­nung ei­nes Kin­der­geld­an­spruchs für die Kin­der (ins­ge­samt 2.926 €) sei zu Un­recht vor­ge­nom­men wor­den. Für beide Kin­der sei we­der Kin­der­geld be­an­tragt noch be­zo­gen wor­den. Im Ver­an­la­gungs- bzw. Ein­spruchs­ver­fah­ren seien Ver­zichte auf das Kin­der­geld für beide Kin­der erklärt wor­den. Zu­dem seien die An­sprüche mitt­ler­weile verjährt.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläger hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat § 31 S. 4 EStG zu­tref­fend aus­ge­legt. Ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung der Kläger ist für die Hin­zu­rech­nung nach § 31 S. 4 EStG al­lein ent­schei­dend, ob ein An­spruch auf Kin­der­geld be­steht. Ob Kin­der­geld tatsäch­lich ge­zahlt wor­den ist, ist ohne Be­deu­tung.

Nach § 31 S. 1 EStG wird die steu­er­li­che Frei­stel­lung ei­nes Ein­kom­mens­be­trags in Höhe des Exis­tenz­mi­ni­mums ei­nes Kin­des ein­schließlich des Be­darfs für Be­treu­ung und Er­zie­hung oder Aus­bil­dung ent­we­der durch die Frei­beträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch das Kin­der­geld nach den §§ 62 ff. EStG be­wirkt. Ist der Ab­zug der Frei­beträge für Kin­der güns­ti­ger als der An­spruch auf Kin­der­geld, erhöht sich die un­ter Berück­sich­ti­gung des Ab­zugs der Frei­beträge für Kin­der er­mit­telte ta­rif­li­che Ein­kom­men­steuer um den An­spruch auf Kin­der­geld (§ 31 S. 4 EStG).

Durch die Ände­rung des § 31 S. 4 EStG mit dem StÄndG 2003 ist seit dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2004 bei der Prüfung der Frage, ob der Ab­zug der Frei­beträge nach § 32 Abs. 6 EStG für den Steu­er­pflich­ti­gen vor­teil­haf­ter ist als das Kin­der­geld (sog. Güns­ti­gerprüfung), nicht auf das tatsäch­lich ge­zahlte, son­dern auf den An­spruch auf Kin­der­geld ab­zu­stel­len. Für die Ände­rung des § 31 EStG wa­ren Ge­sichts­punkte der Ver­fah­rens­ver­ein­fa­chung maßge­bend. So soll­ten ins­bes. Ände­run­gen der Steu­er­fest­set­zung auf­grund ei­ner nachträgli­chen Gewährung von Kin­der­geld ver­mie­den wer­den.

Für die Hin­zu­rech­nung von Kin­der­geld ist so­mit der ur­sprüng­li­che, vor Erlöschen be­ste­hende ma­te­ri­ell-recht­li­che Kin­der­geld­an­spruch maßge­bend. We­gen der vom Ge­setz­ge­ber ausdrück­lich ge­woll­ten Ab­kop­pe­lung der Steu­er­fest­set­zung von der Kin­der­geld­zah­lung ist un­er­heb­lich, ob der An­spruch tatsäch­lich durch Zah­lung erfüllt wor­den ist. Der Kin­der­geld­an­spruch ist da­her seit dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2004 un­abhängig von der kin­der­geld­recht­li­chen Be­ur­tei­lung durch die Fa­mi­li­en­kasse hin­zu­zu­rech­nen, wenn die Berück­sich­ti­gung von Frei­beträgen nach § 32 Abs. 6 EStG rech­ne­ri­sch güns­ti­ger ist als der Kin­der­geld­an­spruch.

Im Übri­gen verstößt § 31 S. 4 EStG we­der ge­gen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch wer­den die Kläger in ih­rer all­ge­mei­nen Hand­lungs­frei­heit (Art. 2 Abs. 1 GG) be­einträch­tigt. Der all­ge­meine Gleich­heits­satz ist vor­lie­gend schon des­halb nicht ver­letzt, weil die Kläger die Un­gleich­be­hand­lung durch Stel­lung ei­nes Kin­der­geld­an­trags selbst hätten ver­mei­den können. Der Zurück­wei­sung der Re­vi­sion steht schließlich auch nicht ent­ge­gen, dass vor­lie­gend für die Kin­der­geld­an­sprüche 2004 mit Ab­lauf des Jah­res 2008 Fest­set­zungs­verjährung ein­ge­tre­ten ist. Das FG hat hierzu zu Recht ent­schie­den, dass für die Hin­zu­rech­nung nach § 31 S. 4 EStG al­lein der im ein­kom­men­steu­er­li­chen Ver­an­la­gungs­zeit­raum zeit­gleich ab­strakt be­ste­hende Kin­der­geld­an­spruch maßge­bend ist.

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