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BFH: Beweis des ersten Anscheins für private Nutzung eines betrieblichen Pkw wird bei Vorhandensein vergleichbarer privater Fahrzeuge entkräftet

Urteil des BFH vom 4.12.2012 - VIII R 42/09

Der Be­weis des ers­ten An­scheins, der für eine pri­vate Nut­zung be­trieb­li­cher Pkw spricht, ist entkräftet, wenn für pri­vate Fahr­ten an­dere ver­gleich­bare Fahr­zeuge zur Verfügung ste­hen. Diese müssen dem be­trieb­li­chen Fahr­zeug in Sta­tus und Ge­brauchs­wert ver­gleich­bar sein.

Der Sach­ver­halt:
Die Re­vi­si­ons­be­klag­ten, A und B, sind die ehe­ma­li­gen Ge­sell­schaf­ter der AB-GbR. Sie hat­ten sich zur GbR zu­sam­men­ge­schlos­sen, um im Rah­men die­ser Ge­sell­schaft ihre An­waltstätig­keit auszuüben. Die Ge­sell­schaft er­mit­telte ih­ren Ge­winn nach § 4 Abs. 3 EStG. Seit 2006 ist die Ge­sell­schaft auf­gelöst. Im Rah­men der ein­heit­li­chen und ge­son­der­ten Fest­stel­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen für die GbR so­wie der Um­satz­steu­er­fest­set­zung 1999 strei­ten die Be­tei­lig­ten über die Frage, ob für einen auf B zu­ge­las­se­nen Pkw Por­sche 911 im Streit­jahr ein pri­va­ter Nut­zungs­an­teil zu berück­sich­ti­gen ist.

Das Fi­nanz­amt setzte den von der Ge­sell­schaft im Streit­jahr er­ziel­ten Ge­winn auf 236.286 DM fest. Darin ent­hal­ten war auch ein pri­va­ter Nut­zungs­an­teil für den Por­sche 911 i.H.v. 21.166 DM. Das Fi­nanz­amt ging bei der Ver­an­la­gung da­von aus, dass die Zu­las­sung des zum Be­triebs­vermögen der Ge­sell­schaft gehören­den Pkw Por­sche 911 auf B während des ge­sam­ten Ka­len­der­jah­res be­stan­den habe. Ent­spre­chend ver­fuhr das Fi­nanz­amt bei der Fest­set­zung der Um­satz­steuer.

Während des Kla­ge­ver­fah­rens stellte sich her­aus, dass der Por­sche 911 im Streit­jahr nur in der Zeit vom 22.4. bis 4.11.1999 auf B zu­ge­las­sen war. Da­ne­ben war auf ihn während des ge­sam­ten Streit­jah­res ein in sei­nem Pri­vat­vermögen be­find­li­cher Por­sche 928 S4 zu­ge­las­sen; glei­ches gilt für den Zeit­raum 22.7. bis 31.12.1999 für einen im Pri­vat­vermögen ge­hal­te­nen Volvo V70 T5. Die fünf zum Haus­halt des B und sei­ner Ehe­frau gehören­den Kin­der wa­ren im Streit­jahr min­derjährig.
Das FG gab der Klage in­so­weit statt, als das Fi­nanz­amt für den Zeit­raum 1.1. bis 21.4.1999 so­wie für die Zeit vom 22.7. bis 31.12.1999 einen pri­va­ten Nut­zungs­an­teil an­ge­setzt hatte; i.Ü. wies es die Klage ab. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
An­ge­sichts der bei­den pri­vat zur Verfügung ste­hen­den Fahr­zeuge Por­sche 928 S4 und Volvo V70 T5 ist der An­scheins­be­weis für die pri­vate Nut­zung des Por­sche 911 er­schüttert. Es wäre Auf­gabe des Fi­nanz­amts ge­we­sen, die pri­vate Nut­zung des Por­sche 911 durch B im frag­li­chen Zeit­raum zu be­wei­sen. Die­sen Be­weis hat es je­doch nicht er­bracht.

Nach all­ge­mei­ner Le­bens­er­fah­rung wer­den dienst­li­che oder be­trieb­li­che Fahr­zeuge, die zu pri­va­ten Zwecken zur Verfügung ste­hen, auch tatsäch­lich pri­vat ge­nutzt. Dafür spricht der Be­weis des ers­ten An­scheins. Die­ser kann durch den sog. Ge­gen­be­weis entkräftet oder er­schüttert wer­den. Hierzu ist der Voll­be­weis des Ge­gen­teils nicht er­for­der­lich. Die Re­vi­si­ons­be­klag­ten müssen also nicht be­wei­sen, dass eine pri­vate Nut­zung des Por­sche 911 nicht statt­ge­fun­den hat. Er­for­der­lich, aber auch aus­rei­chend ist, dass ein Sach­ver­halt dar­ge­legt (und im Zwei­fels­fall nach­ge­wie­sen) wird, der die ernst­hafte Möglich­keit ei­nes an­de­ren als des der all­ge­mei­nen Er­fah­rung ent­spre­chen­den Ge­sche­hens er­gibt.

Vor­lie­gend hat das FG nach gründ­li­cher Abwägung der Umstände des Streit­falls den Schluss ge­zo­gen, der An­scheins­be­weis für eine Pri­vat­nut­zung des Pkw Por­sche 911 sei für den hier in Frage ste­hen­den Zeit­raum 1.1. bis 21.4.1999 so­wie für die Zeit vom 22.7. bis 31.12.1999 er­schüttert. An diese Würdi­gung ist der Se­nat ge­bun­den, denn sie ist ver­fah­rens­recht­lich ein­wand­frei zu­stande ge­kom­men und we­der durch Denk­feh­ler noch durch die Ver­let­zung von Er­fah­rungs­grundsätzen be­ein­flusst.

Es ist da­von aus­zu­ge­hen, dass B je­den­falls ab dem 22.7.1999 ver­gleich­bare Fahr­zeuge zur Verfügung stan­den. Das gilt zunächst für den im Pri­vat­vermögen des B be­find­li­chen und im ge­sam­ten Streit­jahr auf die­sen zu­ge­las­se­nen Por­sche 928 S4, ein Fahr­zeug, wel­ches mit sei­ner Mo­tor­leis­tung dem im Be­triebs­vermögen be­find­li­chen Por­sche 911 so­wohl in Aus­stat­tung, Fahr­leis­tung und un­ter Pres­ti­ge­ge­sichts­punk­ten in etwa ver­gleich­bar war. Die Fol­ge­rung des FG, bei Gleich­wer­tig­keit bei­der Fahr­zeuge sei keine nach­voll­zieh­bare Ver­an­las­sung er­sicht­lich, für Pri­vat­fahr­ten das dienst­li­che bzw. be­trieb­li­che Fahr­zeug zu nut­zen, ist da­her re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

Ge­gen eine pri­vate Nut­zung des Por­sche 911 nach dem 21.7.1999 spre­chen auch die fa­miliären Verhält­nisse des B und der Um­stand, dass auf ihn vom 22.7. bis 31.12.1999 noch ein Kombi Volvo V70 T5 zu­ge­las­sen war, ein eben­falls re­la­tiv stark mo­to­ri­sier­tes und gut aus­ge­stat­te­tes Fahr­zeug. Zwar hatte theo­re­ti­sch auch die Ehe­frau des B die Möglich­keit, für pri­vate Fahr­ten den Por­sche 911 zu nut­zen. Al­ler­dings müssen El­tern klei­ne­rer Kin­der - hier: fünf Kin­der zwi­schen vier und elf Jah­ren - nach all­ge­mei­ner Le­bens­er­fah­rung des Öfte­ren Trans­port­auf­ga­ben oder größere Einkäufe er­le­di­gen. Es er­scheint na­he­lie­gend, dass für der­ar­tige Auf­ga­ben eher ein Auto mit größerem Platz­an­ge­bot und großem Kof­fer­raum, wie zum Bei­spiel ein Kombi Volvo V70 T5, gewählt wird als ein Sport­wa­gen.

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