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BFH: Besserungsoption kein rückwirkendes Ereignis

Urteil des BFH vom 23.5.2012 - IX R 32/11

Ver­ein­ba­ren die Ver­trags­par­teien beim Ver­kauf ei­nes An­teils an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft eine Bes­se­rungs­op­tion, wel­che dem Verkäufer ein Op­ti­ons­recht auf Ab­schluss ei­nes Ände­rungs­ver­tra­ges zum Kauf­ver­trag mit dem Ziel ei­ner nachträgli­chen Be­tei­li­gung an der Wert­ent­wick­lung des Kauf­ge­gen­stands einräumt, stellt die spätere Ausübung des Op­ti­ons­rechts kein rück­wir­ken­des Er­eig­nis dar. Ent­spre­chende Ein­mal­zah­lun­gen sind viel­mehr als nachträgli­che Einkünfte im Zeit­punkt des Zu­flus­ses ein­kom­men­steu­er­recht­lich zu er­fas­sen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hielt im Streit­jahr (2000) einen Ge­schäfts­an­teil i.H.v. 25.000 DM am Stamm­ka­pi­tal der A-GmbH. Im Fe­bruar des Streit­jah­res teilte der Kläger sei­nen Ge­schäfts­an­teil in zwei Teil­ge­schäfts­an­teile i.H.v. 13.000 und 12.000 DM und veräußerte den größeren An­teil zum Kauf­preis von 1,95 Mio. DM an die M-GmbH. Die ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung ent­hielt ne­ben dem Kauf­preis auch eine Ziel­ver­ein­ba­rung, die ins­bes. die künf­tige Um­satz-, Ge­winn- und Markt­ent­wick­lung der Ge­sell­schaft bis De­zem­ber 2007 zum Ge­gen­stand hatte.

Hierzu hieß es im Ver­trag u.a.: "Die Ver­trags­par­teien ver­ein­ba­ren einen Bes­se­rungs­schein, Call- und Put-Op­tio­nen, die an das Er­rei­chen wirt­schaft­li­cher Ziele geknüpft sind." Da­nach sollte der Kläger einen zusätz­li­chen Ein­mal­be­trag er­hal­ten, wenn die Ziel­ver­ein­ba­rung erfüllt wird. Im April 2002 setzte das Fi­nanz­amt Ein­kom­men­steuer für 2000 erklärungs­gemäß fest. Da­bei legte es den ver­ein­bar­ten Kauf­preis für den veräußer­ten Ge­schäfts­an­teil der Be­steue­rung nach § 17 EStG zu­grunde.

Im Jahr 2004 er­hielt der Kläger auf­grund der - zwi­schen­zeit­lich ins­bes. hin­sicht­lich der Lauf­zeit geänder­ten - Ver­ein­ba­rung einen "Ein­mal­be­trag" i.H.v. rd. 670.000 € aus­be­zahlt, da die Ge­sell­schaft ent­spre­chen­den Über­schuss er­reicht hatte. Das Fi­nanz­amt ver­trat in dem geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für das Streit­jahr von März 2006 die Auf­fas­sung, dass der Ein­mal­be­trag ein­kom­men­steu­er­recht­lich be­reits im Streit­jahr zu berück­sich­ti­gen sei; er erhöhe den bis­her erklärten Veräußerungs­ge­winn nach § 17 Abs. 2 S. 1 EStG, da auf­grund des geänder­ten Kauf- und Über­tra­gungs­ver­tra­ges der ur­sprüng­li­che Veräußerungs­preis im Wege ei­nes Bes­se­rungs­schei­nes erhöht wor­den sei. Hierin liege ein Er­eig­nis mit steu­er­li­cher Rück­wir­kung.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Das FG ist zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der dem Kläger im Jahr 2004 zu­ge­flos­sene "Ein­mal­be­trag" den im Streit­jahr zu er­fas­sen­den Veräußerungs­ge­winn des Klägers erhöht. Viel­mehr ist die­ser als nachträgli­che Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 EStG aus der Veräußerung im Jahr 2004, dem Zeit­punkt des Zu­flus­ses, ein­kom­men­steu­er­recht­lich zu er­fas­sen.

Nach den Grundsätzen des Be­schlus­ses des Großen Se­nats des BFH vom 19.7.1993 GrS 2/92 (BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897) sind später ein­tre­tende Verände­run­gen beim ur­sprüng­lich ver­ein­bar­ten Veräußerungs­preis so­lange und so­weit ma­te­ri­ell-recht­lich auf den Zeit­punkt der Veräußerung zurück­zu­be­zie­hen, als der Er­wer­ber seine Ver­pflich­tung zur Zah­lung des Kauf­prei­ses noch nicht erfüllt hat. Eine nachträgli­che Ände­rung des Veräußerungs­prei­ses i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG kann grundsätz­lich auch dann auf den Zeit­punkt der Veräußerung zurück­wir­ken, wenn das Er­eig­nis erst nach dem Zeit­punkt der Veräußerung ein­ge­tre­ten ist.

Bei nachträgli­chen ver­trag­li­chen Ände­run­gen des Veräußerungs­prei­ses kommt es ent­schei­dend dar­auf an, ob über den Veräußerungs­preis im Zeit­punkt der Be­triebsüber­tra­gung keine ab­schließende Ei­ni­gung er­zielt wurde. In die­sem Fall erhöht ein später fest­ge­setz­ter Mehr­be­trag rück­wir­kend, d.h. für das Jahr der Veräußerung, den Veräußerungs­ge­winn. Wird je­doch ein zunächst fest­ste­hen­der Veräußerungs­preis nachträglich geändert, so ist ein Mehr­be­trag erst in dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum zu er­fas­sen, in dem die Erhöhung ver­ein­bart wurde. Ein rück­wir­ken­des Er­eig­nis i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO liegt bei nachträgli­chen ver­trag­li­chen Ände­run­gen mit­hin nur dann vor, wenn der Rechts­grund für die später ge­leis­te­ten Zah­lun­gen be­reits im ur­sprüng­li­chen Rechts­ge­schäft an­ge­legt ist.

Nach die­sen Grundsätzen wirkt die Erfüllung der in der geänder­ten Ver­ein­ba­rung von März 2004 ge­trof­fe­nen Bes­se­rungs­ab­rede, wo­nach der Kläger einen "zusätz­li­chen Ein­mal­be­trag" i.H.v. 670.000 € er­hal­ten sollte, nicht auf den Zeit­punkt der Veräußerung des Teil­ge­schäfts­an­teils zurück; sie erhöht den im Streit­jahr ver­ein­bar­ten Veräußerungs­preis nicht und be­ein­flusst mit­hin auch nicht den im Streit­jahr zu er­fas­sen­den Veräußerungs­ge­winn i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG. Rechts­grund für die dem Kläger im Jahr 2004 zu­ge­flos­sene Zah­lung war die zwi­schen den Be­tei­lig­ten im März 2004 ge­schlos­sene Ver­ein­ba­rung.

Zwar greift diese Ver­ein­ba­rung mit­tel­bar auch auf die im Streit­jahr ver­ein­barte Bes­se­rungs­ab­rede zurück; letz­tere stellt in­des le­dig­lich eine sog. Bes­se­rungs­op­tion in Ge­stalt ei­nes zu­guns­ten des Klägers un­ter auf­schie­ben­der Be­din­gung ste­hen­den Op­ti­ons­rechts auf Ab­schluss ei­nes Ände­rungs­ver­tra­ges (§ 311 BGB) zum ur­sprüng­li­chen Kauf- und Über­tra­gungs­ver­trag dar. Ge­gen­stand der geänder­ten Ver­ein­ba­rung von März 2004 war auch nicht, wie das Fi­nanz­amt an­ge­nom­men hat, eine dem Veräußerungs­vor­gang nach­fol­gende Wert­verände­rung der Ge­gen­leis­tung - wel­che als im ur­sprüng­li­chen Ver­trag an­ge­legt grundsätz­lich auf den Veräußerungs­zeit­punkt zurück­wir­ken würde -, son­dern eine dem Veräußerungs­vor­gang nach­fol­gende Wert­verände­rung der Leis­tung, nach­dem diese er­bracht wor­den ist.

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