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Besteuerung Alleinerziehender nach Grundtarif rechtmäßig

Niedersächsisches FG 14.10.2014, 4 K 81/14

Die Be­steue­rung Al­lein­er­zie­hen­der nach dem Grund­ta­rif ist nicht ver­fas­sungs­wid­rig. Die An­wen­dung des Split­ting­ver­fah­rens (§ 32a Abs. 5 EStG) auf Al­lein­ste­hende ist im Ge­setz nicht vor­ge­se­hen und ver­fas­sungs­recht­lich nicht ge­bo­ten.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist die Be­steue­rung ei­nes al­lein­er­zie­hen­den El­tern­teils. Die al­lein­ste­hende Kläge­rin ist Mut­ter zweier Kin­der, die in ih­rem Haus­halt le­ben. Der Kin­des­va­ter leis­tet kei­nen Un­ter­halt. Sie er­zielt aus ei­ner be­ra­ten­den Tätig­keit Einkünfte aus selbständi­ger Ar­beit. Durch Ein­kom­men­steu­er­be­scheid von No­vem­ber 2013 wurde sie vom Fi­nanz­amt für das Streit­jahr 2011 zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt. Die Steuer wurde un­ter An­wen­dung des Grund­ta­rifs und un­ter Gewährung des Ent­las­tungs­be­trags für Al­lein­er­zie­hende fest­ge­setzt.

Die Kläge­rin wen­det sich ge­gen die An­wen­dung des Grund­ta­rifs. Sie macht gel­tend, dass sie durch die Vor­ent­hal­tung des Split­ting­ta­rifs in ver­fas­sungs­wid­ri­ger Weise ge­genüber Ver­hei­ra­ten bzw. Le­bens­part­nern ohne Kin­der so­wie ge­genüber an­de­ren Al­lein­er­zie­hen­den, de­ren Kin­der Bar­un­ter­halt von dem an­de­ren El­tern­teil er­hiel­ten, be­nach­tei­ligt werde. Sie er­halte für ihre Kin­der nur einen Un­ter­halts­vor­schuss i.H.v. 180 € pro Kind, während der Min­dest­un­ter­halt 272 € be­trage.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat die Ein­kom­men­steuer ge­genüber der Kläge­rin zu Recht nach dem Grund­ta­rif (§ 32a Abs. 1 EStG) un­ter Berück­sich­ti­gung des Ent­las­tungs­be­trags für Al­lein­er­zie­hende gem. § 24b EStG fest­ge­setzt. Die An­wen­dung des Split­ting­ver­fah­rens (§ 32a Abs. 5 EStG) auf Al­lein­ste­hende ist im Ge­setz nicht vor­ge­se­hen und ver­fas­sungs­recht­lich nicht ge­bo­ten.

Laut BVerfG ist der Ge­setz­ge­ber le­dig­lich ver­pflich­tet, Un­ter­halts­auf­wen­dun­gen min­des­tens in Höhe des Exis­tenz­mi­ni­mums der Kin­der von der Be­steue­rung aus­zu­neh­men. Die­ser Ver­pflich­tung ist er mit der Gewährung ei­nes Frei­be­trags für das säch­li­che Exis­tenz­mi­ni­mum des Kin­des (Kin­der­frei­be­trag) so­wie ei­nes Frei­be­trags für den Be­treu­ungs- und Er­zie­hungs- oder Aus­bil­dungs­be­darf des Kin­des (§ 32 Abs. 6 S. 1 EStG) nach­ge­kom­men. Dass die Höhe die­ser Frei­beträge be­reits im Streit­jahr 2011 un­zu­rei­chend ge­we­sen sei, ist nicht er­sicht­lich. Auch der Um­stand, dass diese Frei­beträge bei der Fest­set­zung der Ein­kom­men­steuer ge­genüber der Kläge­rin tatsäch­lich nicht vom Ein­kom­men ab­ge­zo­gen wor­den sind, ist ohne Be­deu­tung. Dies be­ruht al­lein dar­auf, dass die steu­er­li­che Frei­stel­lung des Exis­tenz­mi­ni­mums der Kin­der be­reits durch das der Kläge­rin gewährte Kin­der­geld nach Ab­schnitt X des EStG be­wirkt wurde, weil die­ses höher als die mit dem Ab­zug der Kin­der­frei­beträge ver­bun­dene Steu­er­min­de­rung war (vgl. § 31 S. 1 EStG).

Aus der Tat­sa­che, dass der Kin­des­va­ter sei­ner Ver­pflich­tung zur Zah­lung des Min­dest­un­ter­halts gem. § 1612a BGB im Streit­jahr 2011 nicht nach­ge­kom­men ist, er­gibt sich für die Kläge­rin auch kein An­spruch auf Gewährung ei­nes zusätz­li­chen Frei­be­trags in Höhe des nicht ge­zahl­ten Min­dest­un­ter­halts. De­ren An­sicht, in der Nicht­gewährung ei­nes sol­chen Frei­be­trags liege eine ge­gen Art. 3 Abs. 1 GG ver­stoßende Un­gleich­be­hand­lung ge­genüber sol­chen al­lein­er­zie­hen­den El­tern­tei­len, de­ren Kin­der von dem an­de­ren El­tern­teil den Min­dest­un­ter­halt er­hiel­ten, weil sie den nicht ge­zahl­ten Un­ter­halt aus steu­er­pflich­ti­gen Einkünf­ten auf­brin­gen müsse, während die Un­ter­halts­leis­tung steu­er­frei sei, ist nicht zu fol­gen. Die Kläge­rin ver­kennt, dass der aus­ge­fal­lene Kin­des­un­ter­halt zi­vil­recht­lich nicht ihr selbst, son­dern ih­ren Kin­dern zu­steht.

Auch der Um­stand, dass die Leis­tun­gen, die nach dem Un­ter­halts­vor­schuss­ge­setz (Uh­VorschG) für die Kin­der der Kläge­rin gewährt wer­den, um je­weils 92 € mo­nat­lich hin­ter dem Min­dest­un­ter­halt gem. § 1612a BGB zurück­blei­ben, führt zu kei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung. Und schließlich er­laubt auch der Hin­weis der Kläge­rin auf die Höhe der einem al­lein­er­zie­hen­den El­tern­teil un­ter sonst glei­chen Umständen nach dem SGB II zu­ste­hen­den Leis­tun­gen nicht den Schluss auf die Ver­fas­sungs­wid­rig­keit der dem an­ge­foch­te­nen Be­scheid zu­grunde lie­gen­den Ge­set­zes­lage. Es ist we­der er­sicht­lich, dass der in der Ver­gleichs­be­rech­nung der Kläge­rin an­ge­setzte Be­trag von 700 € für die Be­darfe für Un­ter­kunft und Hei­zung (§ 22 SGB II) dem tatsäch­li­chen durch­schnitt­li­chen Leis­tungs­ni­veau ent­spricht, noch ver­mag er zu be­ur­tei­len, ob und in­wie­weit die Kläge­rin selbst An­spruch auf Leis­tun­gen nach dem Wohn­geld­ge­setz hat, die in die Ver­gleichs­be­rech­nung ein­zu­be­zie­hen wären.

Link­hin­weis:

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