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Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an nichtehelichen Partner

Niedersächsisches FG 28.4.2016, 10 K 57/15

Im An­wen­dungs­be­reich des § 33a Abs. 1 S. 3 EStG be­steht ent­spre­chend der neue­ren Recht­spre­chung zu § 33a Abs. 1 S. 1 EStG eine ge­ne­relle Er­werbs­ob­lie­gen­heit des Un­ter­halts­empfängers. Bei ei­ner Ver­let­zung der Er­werbs­ob­lie­gen­heit sind bei der Be­rech­nung der den Un­ter­halts­auf­wen­dun­gen ge­gen­zu­rech­nen­den Einkünfte gem. § 33a Abs. 1 S. 5 EStG die ob­jek­tiv er­ziel­ba­ren fik­ti­ven Einkünfte des Un­ter­halts­empfängers an­zu­set­zen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger lebt seit Mai 2007 mit sei­ner Le­bens­gefähr­tin (C.) in einem Haus­halt. Die C. war von Mitte 2004 bis Mitte 2005 im Rah­men ei­nes Zeit­ver­tra­ges an­ge­stellt. Von Au­gust 2005 bis April 2008 er­hielt C. Leis­tun­gen nach dem SGB II, da­nach noch in Be­darfs­ge­mein­schaft mit dem Kläger bis 31.12.2008. In der Zeit des Leis­tungs­be­zugs war C. zeit­wei­lig als Haus­halts­hilfe, u.a. beim Kläger, be­schäftigt und er­zielte so etwa im April 2007 eine mo­nat­li­ches Ar­beits­ein­kom­men von 200 € so­wie von Mai bis Sep­tem­ber 2007 ein mo­nat­li­ches Ar­beits­ein­kom­men von 400 €. Die Stel­len wa­ren C. vom Job­Cen­ter ver­mit­telt wor­den. Über 2008 hin­aus er­hielt C. keine Leis­tun­gen nach SGB II. Ein An­trag auf Fort­zah­lung der Leis­tun­gen wurde ab­ge­lehnt mit dem Hin­weis, dass C. mit dem Kläger in ei­ner Be­darfs­ge­mein­schaft lebe und die­ser der Ein­kom­mens­nach­weis­pflicht nicht nach­ge­kom­men sei. In den Streit­jah­ren 2009 bis 2012 er­zielte C. keine ei­ge­nen Einkünfte.

In sei­nen Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen für die Streit­jahre machte der Kläger Un­ter­halts­auf­wen­dun­gen für C. mit dem Höchst­be­trag zzgl. des Bei­trags für die Kran­ken­ver­si­che­rung gel­tend. Der Kläger wurde zunächst erklärungs­gemäß zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt. Nach ei­ner Außenprüfung berück­sich­tigte das Fi­nanz­amt die Un­ter­halts­auf­wen­dun­gen je­doch nicht mehr als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung, da keine Gründe vorlägen, nach de­nen C. kei­ner Er­werbstätig­keit nach­ge­hen könne, wes­halb keine Hilfs­bedürf­tig­keit vor­liege. Die Grundsätze der ehe­li­chen Rol­len­ver­tei­lung seien im Fall der nicht­ehe­li­chen Le­bens­ge­mein­schaft nicht ein­schlägig.

Der Kläger war der An­sicht, die Un­ter­halts­auf­wen­dun­gen seien gem. § 33a Abs. 1 S. 2 u. 3 EStG zu berück­sich­ti­gen. Im Rah­men die­ser Vor­schrift sei C. ei­ner Ehe­gat­tin gleich­zu­stel­len und habe ihre Ar­beits­pflicht gem. § 1360 BGB durch das Führen des ge­mein­sa­men Haus­halts erfüllt. Das FG gab der Klage teil­weise statt. Die Re­vi­sion wurde zu­ge­las­sen. Das Ver­fah­ren ist beim BFH un­ter dem Az.: VI R 16/16 anhängig.

Die Gründe:
Die Un­ter­halts­auf­wen­dun­gen des Klägers wa­ren gekürzt um fik­tive Einkünfte der C. i.H.v. mo­nat­lich 400 € als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen zu berück­sich­ti­gen.

Den ge­setz­lich un­ter­halts­be­rech­tig­ten Per­so­nen ist nach § 33a Abs. 1 S. 3 EStG eine Per­son gleich­ge­stellt, wenn bei ihr zum Un­ter­halt be­stimmte inländi­sche öff­ent­li­che Mit­tel mit Rück­sicht auf die Un­ter­halts­leis­tun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen gekürzt wer­den. Die C. gehörte grundsätz­lich zum gleich­ge­stell­ten Per­so­nen­kreis. Ihr hat­ten zum Un­ter­halt be­stimmte inländi­sche öff­ent­li­che Mit­tel vor den Streit­jah­ren zu­ge­stan­den, denn sie er­hielt auf­grund ei­nes ge­rin­gen Ar­beits­ein­kom­mens Leis­tun­gen zur Si­che­rung des Le­bens­un­ter­halts nach SGB II. Wei­ter­hin be­fand sie sich mit dem Kläger in ei­ner so­zi­al­recht­li­chen Be­darfs­ge­mein­schaft und ihr wurde auch tatsäch­lich über 2008 hin­aus die Wei­ter­gewährung der So­zi­al­leis­tun­gen mit Ver­weis auf die Be­darfs­ge­mein­schaft mit dem Kläger ver­wei­gert.

Eine Gleich­stel­lung der C. mit ei­ner ge­setz­lich un­ter­halts­be­rech­tig­ten Per­son kommt gleich­wohl nur ein­ge­schränkt in Be­tracht, da C. ih­rer­seits ei­ner Er­werbs­ob­lie­gen­heit un­ter­lag und diese in den Streit­jah­ren ver­letzt hatte. Nach Ände­rung der BFH-Recht­spre­chung (Urt. v. 5.4.2015, Az.: VI R 5/14) zu § 33a Abs. 1 S. 1 EStG geht der Se­nat da­von aus, dass die Ausführun­gen auch auf § 33a Abs. 1 S. 3 EStG über­trag­bar sind und dem­ent­spre­chend im Rah­men der Prüfung der Bedürf­tig­keit des Un­ter­halts­empfängers grundsätz­lich auch im Rah­men des § 33a Abs. 1 S. 3 EStG die Er­werbs­ob­lie­gen­heit zu be­ach­ten ist. Der ge­setz­ge­be­ri­sche Grund der Gleich­stel­lung mit den ge­setz­lich Un­ter­halts­be­rech­tig­ten Per­so­nen liegt darin, dass der Un­ter­halt leis­tende sich in ei­ner ver­gleich­ba­ren - sitt­li­chen, nicht recht­li­chen- Zwangs­lage wie der ge­setz­lich zum Un­ter­halt Ver­pflich­tete be­fin­det, wenn der Un­ter­halts­bedürf­tige durch Ver­sa­gung von So­zi­al­leis­tun­gen prak­ti­sch auf das Ein­kom­men des Le­bens­part­ners ver­wie­sen wird.

Eine ver­gleich­bare Zwangs­lage liegt aber nur vor, wenn der Un­ter­halts­empfänger vor­ran­gig auf­grund des Vor­lie­gens der Be­darfs­ge­mein­schaft und da­mit ein­her­ge­hend der Kürzung oder des Weg­falls von So­zi­al­leis­tun­gen auf das Ein­kom­men des Le­bens­gefähr­ten ver­wie­sen wird. Bemüht sich die un­terstützte Per­son in­des nicht hin­rei­chend um eine Be­schäfti­gung und nimmt da­mit die ei­gene Bedürf­tig­keit in Kauf, ist die Si­tua­tion le­dig­lich ver­gleich­bar mit der nicht (mehr) begüns­tig­ten Un­ter­hal­tung ei­ner le­dig­lich ab­strakt, nicht aber kon­kret ge­setz­lich un­ter­halts­be­rech­tig­ten Per­son. Die auch im Rah­men des § 33a Abs. 1 S. 3 EStG ge­ne­rell be­ste­hende Er­werbs­ob­lie­gen­heit hatte C. in den Streit­jah­ren ver­letzt. Es la­gen keine Gründe vor, nach de­nen C. in den Streit­jah­ren nicht er­werbsfähig ge­we­sen wäre. Da­her war C. ge­hal­ten, sich nach­hal­tig um eine Er­werbstätig­keit zu bemühen. Der Se­nat schätzte die von C. in den Streit­jah­ren er­ziel­ba­ren Einkünfte auf 400 €/Mo­nat. Kon­krete Fest­stel­lun­gen dazu, in wel­cher Höhe C. hätte Einkünfte er­zie­len können, ließen sich nicht tref­fen.

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