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Begrenzung von Banker-Boni rechtmäßig

EuGH-Generalanwalt 20.11.2014, C-507/13

Ge­ne­ral­an­walt Jääski­nen ist der Auf­fas­sung, dass die Uni­ons­vor­schrif­ten, die den Wert von Bo­nus­zah­lun­gen an Ban­ker im Verhält­nis zu de­ren Grund­vergütung be­gren­zen, rechtmäßig sind. So be­grenzt ein vor­ge­schrie­be­nes fes­tes Verhält­nis zwi­schen Bo­nus­zah­lun­gen und Grund­vergütung nicht die Ge­samthöhe des Ent­gelts.

Der Sach­ver­halt:
In­folge der glo­ba­len Fi­nanz­krise 2008 hatte die EU ein Maßnah­men­pa­ket er­las­sen, mit dem die Re­gu­lie­rung und die Sta­bi­lität ih­rer Fi­nanz­in­sti­tute ver­bes­sert wer­den soll­ten. Sie ging da­von aus, dass die Aus­rich­tung der Vergütungs­sys­teme in den Fi­nanz­in­sti­tu­ten maßgeb­lich zu der Krise bei­ge­tra­gen habe. Da im Verhält­nis zur Grund­vergütung oft er­heb­li­che Bo­nus­aus­zah­lun­gen ge­leis­tet wur­den, setzte dies bei An­ge­stell­ten den An­reiz, un­an­ge­mes­sen hohe Ri­si­ken ein­zu­ge­hen, um an kurz­fris­ti­gen Ge­win­nen der Bank be­tei­ligt zu wer­den, nicht aber an den Kos­ten ih­res Schei­terns, die in den ungüns­tigs­ten Fällen vom Steu­er­zah­ler ge­tra­gen wur­den. Das 2013 von Rat und Par­la­ment er­las­sene "Ca­pi­tal Re­qui­re­ments"-Maßnah­men­pa­ket (sog. CRD-IV-Pa­ket) ent­hielt da­her eine Reihe von Maßnah­men zur Re­ge­lung die­ser Ma­te­rie.

Die CRD-Richt­li­nie enthält etwa eine Be­stim­mung, die ein fest­ge­leg­tes Verhält­nis zwi­schen dem fes­ten Vergütungs­an­teil (Grund­vergütung) und dem va­ria­blen Vergütungs­be­stand­teil (Bo­nus) für Per­so­nen vor­sieht, de­ren be­ruf­li­che Tätig­keit sich auf das Ri­si­ko­pro­fil der sie be­schäfti­gen­den Fi­nanz­in­sti­tute aus­wirkt. Die Richt­li­nie überträgt außer­dem der Eu­ropäischen Ban­ken­auf­sichts­behörde (EBA) die Be­fug­nis, Re­gu­lie­rungs­stan­dards aus­zu­ar­bei­ten und die Kri­te­rien zu spe­zi­fi­zie­ren, die ver­wen­det wer­den, um die Per­so­nen zu iden­ti­fi­zie­ren, die in den An­wen­dungs­be­reich der Richt­li­nie fal­len.

Die CR-Ver­ord­nung hin­ge­gen sieht eine Ver­pflich­tung der Fi­nanz­in­sti­tute vor, die nach der Richt­li­nie fest­ge­leg­ten Werte und die Zahl der Per­so­nen of­fen­zu­le­gen, de­ren Vergütung über einem be­stimm­ten Be­trag liegt. Sie ver­langt von den In­sti­tu­ten auch, die Ge­samt­vergütung je­des Mit­glieds ih­rer Lei­tungs­or­gane oder ih­rer Ge­schäfts­lei­tung of­fen­zu­le­gen, wenn dies von dem Mit­glied­staat oder der zuständi­gen Behörde an­ge­for­dert wird.

Das Ver­ei­nigte König­reich war der An­sicht, dass die Be­gren­zung der Bo­nus­zah­lun­gen nicht auf der Grund­lage der Ver­trags­be­stim­mun­gen über die Nie­der­las­sungs­frei­heit und den freien Dienst­leis­tungs­ver­kehr (Art. 53 Abs. 1 AEUV) hätten er­las­sen wer­den dürfen, son­dern in der Be­reich der So­zi­al­po­li­tik und da­mit in die Zuständig­keit der Mit­glied­staa­ten fie­len. Außer­dem machte es gel­tend, dass die Be­stim­mun­gen ge­gen die Grundsätze der Verhält­nismäßig­keit und der Sub­si­dia­rität ver­stießen, dass die Richt­li­nie den Grund­satz der Rechts­si­cher­heit ver­letze, dass die Über­tra­gung von Be­fug­nis­sen auf die EBA rechts­wid­rig sei und dass die Be­stim­mun­gen der Ver­ord­nung, wo­nach die Vergütung of­fen­zu­le­gen sei, ge­gen das Recht auf Ach­tung der Pri­vat­sphäre und Da­ten­schutz­grundsätze ver­stoße.

In­folge der Klage auf Nich­ti­gerklärung der Be­stim­mun­gen der Richt­li­nie und Ver­ord­nung hat der Ge­ne­ral­an­walt Niilo Jääski­nen nun in sei­nen Schlus­santrägen dem EuGH vor­ge­schla­gen, die Klage ab­zu­wei­sen.

Gründe:
Der EuGH hat be­reits ent­schie­den, dass Maßnah­men, die dazu die­nen, die har­mo­ni­sche Ent­wick­lung der Tätig­kei­ten der Kre­dit­in­sti­tute in der Union durch die Auf­he­bung al­ler Be­schränkun­gen der Nie­der­las­sungs­frei­heit und des freien Dienst­leis­tungs­ver­kehrs zu fördern und gleich­zei­tig die Sta­bi­lität des Ban­ken­sys­tems und den Schutz der Spa­rer zu erhöhen, auf Art. 53 Abs. 1 AEUV gestützt wer­den können. Da sich der va­ria­ble Be­stand­teil der Vergütung un­mit­tel­bar auf das Ri­si­ko­pro­fil der Fi­nanz­in­sti­tute aus­wirkt, kann durch ihn die Sta­bi­lität der Fi­nanz­in­sti­tute, die uni­ons­weit frei tätig sind, und da­mit die Sta­bi­lität der Fi­nanzmärkte in der Union be­einträch­tigt wer­den.

Hin­sicht­lich der Frage, ob diese Maßnah­men als in den Be­reich der So­zi­al­po­li­tik fal­lend an­zu­se­hen sind, ist zwar ein­zuräumen, dass die Be­stim­mung der Höhe des Ar­beits­ent­gel­tes Sa­che der Mit­glied­staa­ten ist. Die Fest­le­gung des Wer­tes für das Verhält­nis der Bo­nus­zah­lun­gen zu Grund­vergütun­gen ist je­doch nicht mit der De­cke­lung von Bo­nus­zah­lun­gen an Ban­ker oder der Höhe des Ar­beits­ent­gel­tes gleich­zu­set­zen, da für die Grund­vergütun­gen, an die die Bo­nus­zah­lun­gen geknüpft sind, keine Be­gren­zung vor­ge­schrie­ben ist.

Zur Frage, ob die Of­fen­le­gung der Ge­samt­vergütung für je­des lei­tende Mit­glied ge­gen die Da­ten­schutz­vor­schrif­ten der EU ver­stoßen könnte, lässt sich sa­gen, dass diese Of­fen­le­gung nicht zwin­gend ist, es sich viel­mehr um eine Be­fug­nis han­delt, die im Er­mes­sen der Mit­glied­staa­ten steht. Erwögen sie eine An­for­de­rung sol­cher In­for­ma­tio­nen, wären die Mit­glied­staa­ten recht­lich ver­pflich­tet, die Da­ten­schutz­vor­schrif­ten ein­zu­hal­ten, und das Fi­nanz­in­sti­tut könnte die Rechtmäßig­keit ei­ner sol­chen Ent­schei­dung vor der zuständi­gen Jus­tiz­behörde selbst­verständ­lich an­fech­ten.

Auch die Be­fug­nisüber­tra­gung auf die EBA ist rechtmäßig. Denn sie be­zieht sich nur auf nicht we­sent­li­che tech­ni­sche Vor­schrif­ten. Die stra­te­gi­schen und po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen wur­den hin­ge­gen im Ba­sis­ge­setz­ge­bungs­akt ge­trof­fen. Außer­dem ist die EBA le­dig­lich zur Aus­ar­bei­tung von un­ver­bind­li­chen Maßnah­men­entwürfen ermäch­tigt, die nur dann den Rang von Rechts­vor­schrif­ten er­lan­gen, wenn sie von der Kom­mis­sion er­las­sen wer­den. Da sie keine Rechts­wir­kung ent­fal­ten, können die Vor­schläge der EBA nicht die Rechte und Pflich­ten be­trof­fe­ner Ein­zel­per­so­nen berühren.

Es wurde auch nicht der Grund­satz der Rechts­si­cher­heit da­durch ver­letzt, dass die Be­stim­mun­gen auf vor dem In­kraft­tre­ten der Richt­li­nie ge­schlos­sene Ar­beits­verträge an­wend­bar sind. Schließlich wa­ren die Fi­nanz­in­sti­tute über wei­tere Vergütungs­vor­schrif­ten weit vor den Da­ten, bis zu de­nen die Richt­li­nie um­ge­setzt sein mus­ste, in­for­miert wor­den. In­so­fern wa­ren die Maßnah­men, als sie An­fang 2014 in Kraft tra­ten, an­ge­mes­sen be­kannt und man konnte sich auf sie ein­stel­len.

Letzt­lich ver­stoßen die an­ge­foch­te­nen Be­stim­mun­gen auch nicht ge­gen die Grundsätze der Verhält­nismäßig­keit und der Sub­si­dia­rität. Schließlich kann das Ziel der Schaf­fung ei­nes ein­heit­li­chen Re­ge­lungs­rah­mens für das Ri­si­ko­ma­nage­ment durch die na­tio­na­len Re­gie­run­gen nicht bes­ser als durch die Union er­reicht wer­den.

Link­hin­weis:

Für den auf den Web­sei­ten des EuGH veröff­ent­lich­ten Voll­text der Klage kli­cken Sie bitte hier.

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