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Bank muss über mögliche Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklären

BGH 29.4.2014, XI ZR 130/13 u.a.

Emp­fiehlt eine Bank den Er­werb von An­tei­len an einem of­fe­nen Im­mo­bi­li­en­fonds, so muss sie den An­le­ger un­ge­fragt über das Be­ste­hen der Möglich­keit ei­ner Aus­set­zung der An­teilsrück­nahme durch die Fonds­ge­sell­schaft aufklären. Ob eine Aus­set­zung der An­teilsrück­nahme zum Zeit­punkt der Be­ra­tung vor­her­seh­bar oder fern­lie­gend ist, spielt für die Aufklärungs­pflicht der Bank keine Rolle.

Der Sach­ver­halt:
Die bei­den Ver­fah­ren die Frage der Haf­tung ei­ner Bank we­gen feh­ler­haf­ter An­la­ge­be­ra­tung im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb von An­tei­len an einem of­fe­nen Im­mo­bi­li­en­fonds.

Die bei­den kla­gen­den An­le­ge­rin­nen er­war­ben im März 2008 (XI ZR 477/12) bzw. im Juli 2008 (XI ZR 130/13) nach Be­ra­tung durch die be­klagte Bank je­weils An­teile an einem of­fe­nen Im­mo­bi­li­en­fonds. Die Fonds­ge­sell­schaft setzte im Ok­to­ber 2008 die Rück­nahme der An­teile gem. § 81 InvG a.F. (nun­mehr § 257 KAGB) aus.

Die Kläge­rin­nen wur­den in bei­den Fällen in den Be­ra­tungs­ge­sprächen nicht auf das Ri­siko ei­ner Aus­set­zung der An­teilsrück­nahme hin­ge­wie­sen. Sie be­an­spru­chen im Wege des Scha­dens­er­sat­zes das in­ves­tierte Ka­pi­tal un­ter Ab­zug ei­nes er­ziel­ten Veräußerungs­erlöses (XI ZR 477/12) bzw. er­hal­te­ner Aus­schüttun­gen (XI ZR 130/13) zurück.

LG und OLG wie­sen die Klage in der Sa­che XI ZR 477/12 ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück. In der Sa­che XI ZR 130/13 ga­ben LG und OLG der Klage statt. Die Re­vi­sion der Be­klag­ten hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Emp­fiehlt eine Bank den Er­werb von An­tei­len an einem of­fe­nen Im­mo­bi­li­en­fonds, so muss sie den An­le­ger un­ge­fragt über das Be­ste­hen der Möglich­keit ei­ner Aus­set­zung der An­teilsrück­nahme durch die Fonds­ge­sell­schaft aufklären. Kenn­zeich­nend für re­gu­lierte Im­mo­bi­lien-Son­der­vermögen ist, dass die An­le­ger gem. § 37 InvG a.F. (nun­mehr § 187 KAGB) ihre Fonds­an­teile grundsätz­lich je­der­zeit li­qui­die­ren, d.h. zu einem im Ge­setz ge­re­gel­ten Rück­nah­me­preis an die Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaft zurück­ge­ben können.

Die in § 81 InvG a.F. ge­re­gelte Möglich­keit, die An­teilsrück­nahme aus­zu­set­zen, stellt dem­ent­spre­chend ein während der ge­sam­ten In­ves­ti­ti­ons­phase be­ste­hen­des Li­qui­ditätsri­siko dar, über das der An­le­ger in­for­miert sein muss, be­vor er seine An­la­ge­ent­schei­dung trifft. Ob eine Aus­set­zung der An­teilsrück­nahme zum Zeit­punkt der Be­ra­tung vor­her­seh­bar oder fern­lie­gend ist, spielt für die Aufklärungs­pflicht der Bank keine Rolle. An­le­ger können ihre An­teile an einem of­fe­nen Im­mo­bi­li­en­fonds zwar auch während ei­ner Aus­set­zung der An­teilsrück­nahme wei­ter­hin an der Börse veräußern. Dies stellt an­ge­sichts der dort mögli­chen Be­ein­flus­sung des Prei­ses durch spe­ku­la­tive Ele­mente aber kein Äqui­va­lent zu der Möglich­keit dar, die An­teile zu einem ge­setz­lich ge­re­gel­ten Rück­nah­me­preis an die Fonds­ge­sell­schaft zurück­zu­ge­ben.

Auf die Frage, ob eine Aus­set­zung der An­teilsrück­nahme den In­ter­es­sen der An­le­ger dient, kommt es für die Aufklärungs­pflicht der Bank nicht an. Die vorüber­ge­hende Aus­set­zung der An­teilsrück­nahme soll der Ge­fahr ei­ner wirt­schaft­lich nicht sinn­vol­len Ver­wer­tung des Fonds­vermögens in ei­ner Kri­sen­si­tua­tion vor­beu­gen. Da die Aus­set­zung je­doch dem Li­qui­ditätsin­ter­esse der An­le­ger ent­ge­gen­steht, ist hierüber vor der An­la­ge­ent­schei­dung auf­zuklären. In der Sa­che XI ZR 477/12 wird das OLG zu den Fra­gen, ob die Kläge­rin durch eine schrift­li­che Kun­den­in­for­ma­tion zeit­nah über das Be­ste­hen der Möglich­keit ei­ner Aus­set­zung der An­teilsrück­nahme in­for­miert wurde und ob die zu un­ter­stel­lende Aufklärungs­pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten für die An­la­ge­ent­schei­dung der Kläge­rin ursäch­lich war, im zwei­ten Rechts­gang wei­tere Fest­stel­lun­gen zu tref­fen ha­ben.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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