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BaFin übernimmt zwei EBA-Leitlinien zu Eigenkapitalanforderungen für das Kreditrisiko

Leitlinien zur Anwendung der Ausfalldefinition gemäß Art. 178 CRR

Im Rah­men der ge­plan­ten Über­ar­bei­tung des IRB-An­sat­zes (In­ter­nal Ra­tings-Ba­sed Ap­proach) hat die Eu­ropäische Ban­ken­auf­sichts­behörde (EBA) be­reits zu al­len Um­set­zungs­pha­sen di­verse Stan­dards veröff­ent­licht. Grund für die Über­ar­bei­tung war die Stei­ge­rung der Ver­gleich­bar­keit und der Trans­pa­renz des IRB-An­sat­zes in der EU.

In die­sem Zu­sam­men­hang wur­den u. a. die Vor­ga­ben hin­sicht­lich der Aus­fall­de­fi­ni­tion im Rah­men von zwei Stan­dards ver­ein­heit­licht; beide sind bis zum 31.12.2020 von al­len CRR-In­sti­tu­ten um­zu­set­zen:

  • Der re­gu­la­to­ri­sch-tech­ni­scher Stan­dard (RTS) zur Ma­te­ria­litäts­schwelle, wel­cher die (ab­so­lute und re­la­tive) Er­heb­lich­keits­schwelle ei­nes we­sent­li­chen Zah­lungs­ver­zugs kon­kre­ti­siert, wurde am 6.2.2018 im EU-Amts­blatt veröff­ent­licht (De­le­gierte Ver­ord­nung (EU) 2018/171).

Hinweis

Mit der Zwei­ten Ver­ord­nung zur Ände­rung der Solva­bi­litätsver­ord­nung vom 19.2.2019 (BGBl. 2019 I S. 122) wurde der RTS in deut­sches Recht über­nom­men (siehe no­vus Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen 3. Aus­gabe 2018, S. 22). Die Ände­rungs­ver­ord­nung trat am 28.2.2019 in Kraft.

  • Die EBA-Leit­li­nien zur An­wen­dung der Aus­fall­de­fi­ni­tion (EBA/GL/2016/07, deut­sche Fas­sung vom 18.1.2017), wel­che die Aus­fall­de­fi­ni­tio­nen kon­kre­ti­sie­ren und Vor­ga­ben hin­sicht­lich der Do­ku­men­ta­ti­ons­an­for­de­run­gen fest­ge­le­gen, wer­den mit Rund­schrei­ben 3/2019 (BA) vom 16.4.2019 zum 1.1.2021 in die Ver­wal­tungs­pra­xis der Ba­Fin über­nom­men.

Hinweis

Die neuen Aus­fall­de­fi­ni­tio­nen sind auch für In­sti­tute re­le­vant, die den Kre­dit­ri­siko Stan­dard­an­satz (KSA) nut­zen. Dar­aus er­ge­ben sich nicht nur Aus­wir­kun­gen auf die Zu­ord­nungs­kri­te­rien der KSA-For­de­rungs­klasse „Aus­ge­fal­lene For­de­run­gen“, son­dern auch auf die Mes­sung und Schätzung zen­tra­ler Ri­si­ko­pa­ra­me­ter.

We­sent­li­che In­halte der EBA-Leit­li­nien zur An­wen­dung der Aus­fall­de­fi­ni­tion sind:

Zahlungsverzug

Die EBA-Leit­li­nien le­gen Kri­te­rien zur Be­stim­mung der Überfällig­keit fest, wenn der Schuld­ner auf­grund ge­son­der­ten Ver­trags­ver­ein­ba­run­gen z. B. das Recht be­sitzt, den Rück­zah­lungs­plan zu ändern, aus­zu­set­zen oder zu ver­schie­ben. Spe­zi­elle Vor­schrif­ten für Fac­to­ring und an­ge­kaufte For­de­run­gen ge­ben kon­krete Hin­weise, ab wann in sol­chen Fällen Überfällig­keit an­zu­neh­men ist. Darüber hin­aus wird klar­ge­stellt, wel­che Fälle von tech­ni­schen Überfällig­kei­ten nicht als Aus­fall i. S. d. Art. 178 CRR be­trach­tet wer­den.

Hinweis

Die Son­der­be­hand­lung von Ri­si­ko­po­si­tio­nen ge­genüber Zen­tral­staa­ten, lo­ka­len
Ge­bietskörper­schaf­ten und öff­ent­li­chen Stel­len, bei wel­chen ein Zah­lungs­ver­zug erst nach Ab­lauf von 180 Ta­gen (ge­genüber sonst 90 Ta­gen) an­zu­neh­men ist, hat die Ba­Fin nicht in ihre Ver­wal­tungs­pra­xis über­nom­men (Art. 25 und 26 der EBA-Leit­li­nien).

In­sti­tute können gemäß Art. 178 Abs. 1 Satz 2 CRR wählen, ob im Rah­men des Men­gen­ge­schäfts (bei KSA-In­sti­tu­ten auch für alle Ri­si­ko­po­si­tio­nen) die Aus­fall­de­fi­ni­tion auf Ein­zel­en­ga­ge­ment- (ein­zelne Kre­dit­fa­zi­litäten) oder auf Ge­sam­ten­ga­ge­men­tebene (Schuld­ne­re­bene) er­folgt. Der An­wen­dungs­be­reich der Aus­fall­de­fi­ni­tion muss da­bei klar de­fi­niert sein und die in­terne Ri­si­ko­ma­nage­ment­pra­xis wi­der­spie­geln:

  • Bei An­wen­dung auf Ein­zel­en­ga­ge­men­tebene muss z. B. bei Aus­fall ei­nes er­heb­li­chen Teils der For­de­run­gen des Kre­dit­neh­mers geprüft wer­den, ob es zum Aus­fall al­ler übri­gen For­de­run­gen des Kre­dit­neh­mers kom­men kann.
  • Bei An­wen­dung auf Ge­sam­ten­ga­ge­men­tebene müssen In­sti­tute u.a. fest­le­gen, wann es zu ei­ner „An­ste­ckung“ zwi­schen ein­zel­nen For­de­run­gen des Kre­dit­neh­mers kom­men kann.

Hinweis

So­fern In­sti­tute zur Aus­fall­sta­tus­be­stim­mung auf ex­terne Da­ten­quel­len zurück­grei­fen, müssen sie si­cher­stel­len, dass die Aus­fall­de­fi­ni­tion aus den ex­ter­nen Da­ten­quel­len mit der nach Art. 178 CRR so­wie mit den ei­ge­nen De­fi­ni­tio­nen im Ein­klang ste­hen. Bei Dif­fe­ren­zen muss eine Ana­lyse der Dif­fe­ren­zen und de­ren Aus­wir­kun­gen er­fol­gen.

Drohende Zahlungsunfähigkeit

Die EBA-Leit­li­nien präzi­sie­ren be­ste­hende bzw. de­fi­nie­ren neue In­di­ka­to­ren, wel­che auf die po­ten­zi­elle Zah­lungs­unfähig­keit ei­nes Schuld­ners hin­deu­ten.

Präzisierung der CRR-Indikatoren für drohende Zahlungsunfähigkeit

Hinweis

Die EBA-Leit­li­nien ge­ben darüber hin­aus kon­krete Hin­weise für (in­terne und ex­terne) In­di­ka­to­ren, wel­che die In­sti­tute über die In­di­ka­to­ren des Art. 178 Abs. 3 CRR hin­aus selbst fest­le­gen können.

Rückkehr zum Nicht-Ausfall-Status

Die Möglich­keit für eine Ge­sun­dung bzw. Rück­kehr zum nicht-aus­ge­fal­le­nen Sta­tus als Teil ei­ner vollständi­gen Aus­fall­de­fi­ni­tion ist gemäß den EBA-Leit­li­nien nur bei Ein­hal­tung be­stimm­ter Min­dest­an­for­de­run­gen ge­ge­ben, u. a.:

  • Prüfung, dass keine der ur­sprüng­li­chen (und während des Aus­falls hin­zu­ge­tre­te­nen) Aus­fall­in­di­ka­to­ren mehr vor­lie­gen,
  • Nach­weis des Wohl­ver­hal­tens (min­des­tens drei Mo­nate bei nicht re­struk­tu­rier­ten und min­des­tens ein Jahr bei re­struk­tu­rier­ten Ri­si­ko­po­si­tio­nen),
  • Fak­ti­sche und dau­er­hafte Ver­bes­se­rung der Bo­nität.

Hinweis

In­sti­tute müssen ein­deu­tige Kri­te­rien und Richt­li­nien fest­le­gen, nach de­nen Schuld­ner zurück in den nicht-aus­ge­fal­le­nen Sta­tus klas­si­fi­ziert wer­den. Die Richt­li­nien und Kri­te­rien müssen re­gelmäßig auf ihre Wirk­sam­keit hin überprüft wer­den.

Fazit

Ins­ge­samt er­for­dern die neuen An­for­de­run­gen an die Aus­fall­de­fi­ni­tion eine Überprüfung des bis­he­ri­gen Ver­fah­rens zur Ver­zugs­er­mitt­lung und zur Ent­wick­lung von ei­ge­nen, in­ter­nen Ver­fah­ren zur Er­ken­nung der po­ten­ti­el­len Zah­lungs­unfähig­keit und zur Rück­kehr in den Nicht-Aus­fall-Sta­tus. Das zeit­nahe, tag­ge­naue Er­ken­nen von Ausfällen kann da­bei (je nach IT-Sys­tem) zu einem ho­hen Grad an Pro­zess-Au­to­ma­ti­sie­rung und IT-An­pas­sun­gen führen. Auch die ge­stie­ge­nen An­for­de­run­gen an die in­terne Go­ver­nance (Fest­le­gung und Do­ku­men­ta­tion von di­ver­sen Kri­te­rien, Führung ei­nes Re­gis­ters mit De­fi­ni­tio­nen, lau­fen­des Mo­ni­to­ring) er­for­dern eine Über­ar­bei­tung der vor­han­de­nen in­ter­nen Richt­li­nien. In In­sti­tuts­grup­pen ist der Schwer­punkt auf eine kon­zern­weite Har­mo­ni­sie­rung von Ver­fah­ren und De­fi­ni­tio­nen zu le­gen.

Hinweis

Auch wenn die Um­set­zung der neuen EBA-Leit­li­nien erst bis Ende 2020 ge­for­dert ist, sind recht­zei­tige Aus­wir­kungs­un­ter­su­chun­gen so­wie Um­set­zungs­pla­nun­gen un­ab­ding­bar.

Leitlinien zur Festlegung von mit hohem Risiko verbundenen Risikopositionsarten

Die An­for­de­run­gen für die Klas­si­fi­zie­rung ei­ner For­de­rung als Po­si­tion mit ho­hem Ri­siko sind in Art. 128 CRR dar­ge­legt und führen zur Zu­wei­sung ei­nes Ri­si­ko­ge­wichts von 150 %. Auf­grund un­ter­schied­li­cher Prak­ti­ken in der EU bei der Ab­gren­zung und Ri­si­ko­ge­wich­tung sol­cher Po­si­tio­nen hat die EBA im Ein­klang mit dem ihr gemäß Art. 128 Abs. 3 Satz 2 CRR er­teil­ten Man­dat Leit­li­nien zur Fest­le­gung ei­ner all­ge­mei­nen Vor­ge­hens­weise zur Iden­ti­fi­zie­rung von For­de­run­gen mit ho­hem Ri­siko veröff­ent­licht (EBA/GL/2019/01 vom 17.1.2019).

Diese Leit­li­nien erläutern im Ein­zel­nen die in Art. 128 Abs. 2 lit a und c CRR ge­nann­ten Be­griffe „Be­tei­li­gung an Ri­si­ko­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten“ und „Po­si­tio­nen aus pri­va­tem Be­tei­li­gungs­ka­pi­tal“ und le­gen zu­dem fest, wel­che nicht in Art. 128 Abs. 2 CRR ge­nann­ten Ri­si­ko­po­si­ti­ons­ar­ten un­ter wel­chen Umständen mit be­son­ders ho­hem Ri­siko ver­bun­den sein können. Grundsätz­lich können alle in Art. 112 CRR auf­geführ­ten Ri­si­ko­po­si­ti­ons­klas­sen Po­si­tio­nen mit be­son­ders ho­hem Ri­siko be­inhal­ten, vor al­lem aber die Ri­si­ko­po­si­ti­ons­klas­sen Un­ter­neh­men (lit. b), Be­tei­li­gungs­ri­si­ko­po­si­tio­nen (lit. p) und sons­tige Pos­ten (lit. q). Diese müssen al­ler­dings einen Um­fang oder eine Band­breite von Ri­si­ko­trei­bern auf­wei­sen, die bei an­de­ren Schuld­nern oder Trans­ak­tio­nen der glei­chen For­de­rungs­klasse eher unüblich sind.

EBA iden­ti­fi­ziert per se grundsätz­lich drei Ar­ten von Po­si­tio­nen mit ho­hem Ri­siko:

  • Fi­nan­zie­rung von spe­ku­la­ti­ven In­ves­ti­tio­nen mit be­son­ders ho­hem Ver­lust­ri­siko und nicht aus­rei­chend an­de­ren Einkünf­ten,
  • Spe­zi­al­fi­nan­zie­run­gen ohne verfügbare spe­zi­fi­sche ex­terne Emis­si­ons­ra­tings und be­son­ders ho­hen Ver­lust­ri­si­ken und
  • sämt­li­che Ak­ti­en­an­teile, so­fern auf Schuld­ti­tel des­sel­ben Emit­ten­ten ein Ri­si­ko­ge­wicht von 150 % an­ge­wandt wird bzw. an­zu­wen­den wäre, z. B. weil der Emit­tent gemäß Art. 178 CRR als aus­ge­fal­len gilt.

Hat das In­sti­tut darüber­hin­aus­ge­hend wei­tere Ri­si­ko­po­si­ti­ons­ar­ten mit be­son­ders ho­hem Ri­siko iden­ti­fi­ziert, sind diese der EBA (über die Ba­Fin) zu mel­den.

Hinweis

Die Ri­si­ko­po­si­ti­ons­art „spe­ku­la­tive Im­mo­bi­li­en­fi­nan­zie­rung“ ist aus dem An­wen­dungs­be­reich der Leit­li­nien ex­pli­zit aus­ge­nom­men wor­den, da sie von Art. 128 Abs. 2 lit. d) CRR er­fasst ist.

Mit Kon­sul­ta­tion 11/2019 vom 8.5.2019 hat die Ba­Fin die voll­umfäng­li­che Über­nahme die­ser Leit­li­nien in ihre Ver­wal­tungs­pra­xis zum 1.7.2019 an­gekündigt.

Hinweis

Die EBA-Leit­li­nien gel­ten mögli­cher­weise nur vorüber­ge­hend, da noch ab­zu­war­ten bleibt, ob diese auch nach In­kraft­tre­ten der CRR II wei­ter­hin in die­sem Um­fang An­wen­dung fin­den. Aus heu­ti­ger Sicht sind die Leit­li­nien je­doch so­wohl im Neu- als auch im Be­stands­ge­schäft ver­pflich­tend.

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