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Ausnutzung der Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise setzt kein subjektives Element voraus

BGH 31.10.2013, I ZR 49/12

Wa­ren und auch Ein­zel­han­dels­dienst­leis­tun­gen, die sich auf diese Wa­ren be­zie­hen, können i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 Mar­kenG ähn­lich sein. Die Aus­nut­zung der Un­ter­schei­dungs­kraft ohne recht­fer­ti­gen­den Grund in un­lau­te­rer Weise nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 Mar­kenG setzt kein sub­jek­ti­ves Ele­ment auf Sei­ten des in An­spruch ge­nom­me­nen Drit­ten vor­aus.

Der Sach­ver­halt:
Bei der Kläge­rin han­delt es sich um die Otto GmbH & Co. KG, ein 1949 gegründe­tes Ein­zel­han­dels­un­ter­neh­men. Sie ver­treibt ihr Wa­ren­an­ge­bot auf­grund von Ka­ta­lo­gen im Ver­sand­han­del, über das In­ter­net und in ei­ge­nen Ge­schäften und ist In­ha­be­rin der ein­ge­tra­ge­nen Wort­marke "OTTO". Die Be­klagte be­treibt einen Groß- und Ein­zel­han­del mit Sport­mode, Be­klei­dung und Schu­hen. Zu ih­rem Pro­dukt­pro­gramm gehören auch Base­ball­kap­pen, die sie un­ter den Be­zeich­nun­gen "OTTO CAP", "OTTO Tru­cker Cap" so­wie "Otto Ca­mou­flage" und mit dem Zei­chen ei­ner sti­li­sier­ten Mütze mit der Auf­schrift "OTTO" an­bot. Das Wort-Bild-Zei­chen war auch auf in die Base­ball­kap­pen ein­genähten Eti­ket­ten an­ge­bracht. Die Kap­pen be­zog die Be­klagte von ih­rer in den USA ansässi­gen Streit­hel­fe­rin, der Otto In­ter­na­tio­nal Inc.

Die Kläge­rin sah darin eine Ver­let­zung ih­rer Marke und ih­res Un­ter­neh­mens­kenn­zei­chens. Nach­dem die Be­klagte auf eine Ab­mah­nung der Kläge­rin eine straf­be­wehrte Un­ter­las­sungs­erklärung ab­ge­ge­ben hatte, machte die Kläge­rin ge­richt­lich Scha­dens­er­satz, Aus­kunft, Her­aus­gabe zur Ver­nich­tung so­wie Zah­lung von Ab­mahn­kos­ten gel­tend. Das LG gab der Klage statt; das OLG stellte hin­ge­gen fest, dass der Kläge­rin auf­grund ih­rer Kla­ge­marke kein Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen Ver­wen­dung des Zei­chens "OTTO" durch die Be­klagte in Al­lein­stel­lung gem. § 14 Abs. 2 u. 6 Mar­kenG zu­steht. Die hier­ge­gen ge­rich­te­ten Re­vi­sio­nen der Streit­hel­fe­rin der Be­klag­ten und der Kläge­rin blie­ben vor dem BGH er­folg­los.

Gründe:
Im Hin­blick auf die Re­vi­sion der Streit­hel­fe­rin der Be­klag­ten hatte das Be­ru­fungs­ge­richt zu Recht an­ge­nom­men, dass die Be­klagte mit der Ver­wen­dung der sti­li­sier­ten Mütze mit dem Wort­be­stand­teil "OTTO" und der Wort­marke "OTTO CAP" die Un­ter­schei­dungs­kraft der be­kann­ten Kla­ge­marke ohne recht­fer­ti­gen­den Grund in un­lau­te­rer Weise i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 Mar­kenG aus­nutzte.

Bei der Be­ur­tei­lung der Ähn­lich­keit der Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen sind alle er­heb­li­chen Fak­to­ren zu berück­sich­ti­gen, die das Verhält­nis zwi­schen den Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen kenn­zeich­nen; hierzu gehören ins­be­son­dere die Art der Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen, ihr Ver­wen­dungs­zweck, ihre Nut­zung so­wie die Ei­gen­art als mit­ein­an­der kon­kur­rie­rende oder ein­an­der ergänzende Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen. In die Be­ur­tei­lung ein­zu­be­zie­hen ist, ob die Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen re­gelmäßig von den­sel­ben Un­ter­neh­men oder un­ter ih­rer Kon­trolle her­ge­stellt oder er­bracht wer­den oder ob sie beim Ver­trieb Berührungs­punkte auf­wei­sen. Von ei­ner Unähn­lich­keit der Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen kann nur dann aus­ge­gan­gen wer­den, wenn trotz (un­ter­stell­ter) Iden­tität der Zei­chen die An­nahme ei­ner Ver­wechs­lungs­ge­fahr we­gen des Ab­stan­des der Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen ist. In­so­weit gel­ten für § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 Mar­kenG keine un­ter­schied­li­chen Maßstäbe.

Ohne einen Schutz des Un­ter­neh­mens­kenn­zei­chens im In­land konnte sich für die Streit­hel­fe­rin der Be­klag­ten auch kein recht­fer­ti­gen­der Grund für eine Aus­nut­zung der Un­ter­schei­dungs­kraft der be­kann­ten Marke der Kläge­rin er­ge­ben, auf den sich die Be­klagte hätte be­ru­fen können. Die Aus­nut­zung der Un­ter­schei­dungs­kraft der Kla­ge­marke ohne recht­fer­ti­gen­den Grund in un­lau­te­rer Weise setzt vor al­lem kein sub­jek­ti­ves Ele­ment vor­aus. Die Be­klagte brauchte die an­ge­grif­fene Be­zeich­nung so­mit nicht etwa in der Ab­sicht zu ver­wen­den, die Un­ter­schei­dungs­kraft der be­kann­ten Kla­ge­marke aus­zu­nut­zen.

Was die Re­vi­sion der Kläge­rin be­traf, so war das OLG zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass der Kläge­rin auf­grund ih­rer Kla­ge­marke kein Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen Ver­wen­dung des Zei­chens "OTTO" durch die Be­klagte in Al­lein­stel­lung gem. § 14 Abs. 2 u. 6 Mar­kenG zu­steht. Ein sol­cher Scha­dens­er­satz­an­spruch setzt nämlich eine Ver­let­zungs­hand­lung vor­aus. Eine Ver­wen­dung der Be­zeich­nung "OTTO" in Al­lein­stel­lung hatte das Be­ru­fungs­ge­richt aber nicht fest­ge­stellt.

Liegt eine Ver­let­zungs­hand­lung nach § 14 Abs. 2 Mar­kenG nicht vor, schei­den auch An­sprüche auf Her­aus­gabe zur Ver­nich­tung und auf Aus­kunfts­er­tei­lung nach §§ 18, 19 Mar­kenG, § 242 BGB aus. Ebenso er­ga­ben sich hier auch keine An­sprüche we­gen Ver­let­zung des Un­ter­neh­mens­kenn­zei­chens der Kläge­rin nach § 15 Abs. 2 bis 4, §§ 18, 19 Mar­kenG, § 242 BGB und we­gen ei­ner ir­reführen­den Ver­wen­dung der an­ge­grif­fe­nen Zei­chen nach §§ 3, 5, 9 UWG i.V..m. § 242 BGB im Hin­blick auf eine Be­nut­zung der Be­zeich­nung "OTTO" in Al­lein­stel­lung.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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