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Aufzeichnungspflicht für gewerblich in Verkehr gebrachtes Nachbausaatgut

BGH 27.4.2017, I ZR 215/15

Die in § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 Saat­AufzV ge­re­gelte Auf­zeich­nungs­pflicht für ge­werb­lich in Ver­kehr ge­brach­tes, ab­gefüll­tes oder für an­dere be­ar­bei­te­tes Saat­gut stellt eine Markt­ver­hal­tens­re­ge­lung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG a.F. und § 3a UWG dar.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin nimmt nach ih­rer Sat­zung die wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen ih­rer Ge­sell­schaf­ter wahr, die Sor­ten­schutz­in­ha­ber sind und bun­des­weit Saat­gut u.a. von Wei­zen- und Gers­ten­ar­ten ver­trei­ben. Die Be­klagte be­fasst sich mit der ent­gelt­li­chen Auf­be­rei­tung von Saat­gut, das Land­wirte er­zeugt ha­ben (sog. Lohn­auf­be­rei­tung).

Die Be­klagte nimmt für sich in An­spruch, für sol­ches Nach­bau­saat­gut nicht nach den Be­stim­mun­gen der Saat­AufzV zu Auf­zeich­nun­gen über die Sor­ten­be­zeich­nung ver­pflich­tet zu sein. Ein sor­ten­spe­zi­fi­sches Aus­kunfts­ver­lan­gen der Kläge­rin be­ant­wor­tete sie mit Schrei­ben von Juli 2013 da­hin, zu den an­ge­frag­ten Fällen hätten Sor­ten­be­zeich­nun­gen der Land­wirte nicht vor­ge­le­gen.

Die Kläge­rin be­an­stan­dete dies als einen nach § 4 Nr. 11 UWG a.F. wett­be­werbs­wid­ri­gen Ver­stoß ge­gen § 1 Saat­AufzV und mahnte die Be­klagte vor­ge­richt­lich ab. Mit ih­rer Klage be­gehrt sie ins­be­son­dere Un­ter­las­sung.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Auf die der Kläge­rin hob der BGH Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Be­ru­fung ge­gen die land­ge­richt­li­che Ent­schei­dung zurück.

Die Gründe:
Die Be­ur­tei­lung des OLG, man­gels Ver­stoßes ge­gen § 4 Nr. 11 UWG a.F. (§ 3a UWG n.F.) sei die Be­klagte der Kläge­rin ge­genüber nicht gem. § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 UWG zur Un­ter­las­sung ver­pflich­tet, hält hin­ge­gen der recht­li­chen Nachprüfung nicht stand.

Zu Recht hat das OLG an­ge­nom­men, dass die Be­klagte ge­gen § 1 Abs. 1 Nr. 6 Saat­AufzV ver­stoßen hat, in­dem sie Saat­gut für Land­wirte ge­werbsmäßig auf­be­rei­tet hat, ohne über alle Eingänge und Ausgänge von Saat­gut sys­te­ma­ti­sche Auf­zeich­nun­gen vor­zu­neh­men, de­nen die je­wei­lige Sor­ten­be­zeich­nung zu ent­neh­men ist. Mit zu­tref­fen­der Begründung hat das OLG in­so­weit an­ge­nom­men, dass auch im Wege des Nach­baus ge­won­ne­nes Saat­gut der Auf­zeich­nungs­pflicht gem. § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 Saat­AufzV un­ter­liegt. Dass § 2 Abs. 1 SaatG Nach­bau­saat­gut nicht als ei­gene Ka­te­go­rie de­fi­niert, ent­bin­det mit Blick auf die Auf­zeich­nungs­pflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 Saat­AufzV le­dig­lich von der An­gabe ei­ner Saat­gut­ka­te­go­rie, lässt die Auf­zeich­nungs­pflicht im Übri­gen - etwa hin­sicht­lich der Sor­ten­an­gabe - aber un­berührt.

Wei­ter­hin zu Recht hat das OLG an­ge­nom­men, dass der Saat­gut­ver­ar­bei­ter zu­mut­bare An­stren­gun­gen un­ter­neh­men muss, um vom ein­lie­fern­den Land­wirt die zur Erfüllung der Auf­zeich­nungs­pflicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 Saat­AufzV er­for­der­li­chen In­for­ma­tio­nen zu er­hal­ten. Macht der Land­wirt bei der Ein­lie­fe­rung des Saat­guts keine An­ga­ben, ob­liegt dem Saat­gut­be­ar­bei­ter da­nach eine Er­kun­di­gungs­pflicht. Könnte sich der Saat­gut­be­ar­bei­ter dar­auf be­ru­fen, der das Saat­gut an­lie­fernde Land­wirt habe keine An­ga­ben zur Sorte ge­macht, ohne dass der Saat­gut­auf­be­rei­ter zu­mut­bare An­stren­gun­gen un­ter­nom­men hätte, sol­che An­ga­ben zu er­lan­gen, liefe die Auf­zeich­nungs­pflicht leer. Vor­lie­gend hat die Be­klagte nicht gel­tend ge­macht, ih­rer Er­kun­di­gungs­pflicht genügt zu ha­ben.

Die Re­vi­sion wen­det sich mit Er­folg ge­gen die An­nahme des OLG, § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 Saat­AufzV ent­halte keine Markt­ver­hal­tens­re­gel i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG a.F. und § 3a UWG. Das OLG hat an­ge­nom­men, § 1 Abs. 1 Nr. 6 Saat­AufzV be­sitze keine wett­be­werbs­be­zo­gene Schutz­funk­tion zu­guns­ten der Markt­teil­neh­mer, son­dern diene der Er­leich­te­rung der behörd­li­chen Über­wa­chung der Ver­wen­dung von Saat­gut. Die Ziel­set­zung des SaatG be­stehe al­lein darin, die Qua­lität des Saat­guts von Nutz­pflan­zen der lan­des­kul­tu­rell wich­ti­gen Ar­ten si­cher­zu­stel­len und zu he­ben. Hin­ge­gen sei das In­ter­esse des Sor­ten­schutz­in­ha­bers, Kennt­nis über Art und Um­fang des Nach­baus zu er­lan­gen, nicht ge­schützt. § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 Saat­AufzV be­inhal­ten­in­so­weit eine Markt­ver­hal­tens­re­ge­lung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG a.F. und § 3a UWG.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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