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Steuerberatung

Anschaffungskosten bei Erbauseinandersetzung mit Nachlassspaltung

BFH v. 10.10.2018 - IX R 1/17

Set­zen sich die Miter­ben im Fall der zi­vil­recht­li­chen Nach­lass­spal­tung un­ter Ein­be­zie­hung al­ler per­so­nen­glei­chen Er­ben­ge­mein­schaf­ten in einem ein­heit­li­chen Vor­gang in der Weise aus­ein­an­der, dass sie sämt­li­che Nach­lass­ge­genstände gleich­zei­tig vollständig un­ter sich ver­tei­len, ist auch für die er­trag­steu­er­li­che Be­ur­tei­lung, ob ins­ge­samt eine neu­trale Real­tei­lung oder ob teil­weise An­schaf­fungs- und Veräußerungs­vorgänge an­zu­neh­men sind, auf die­sen ein­heit­li­chen Vor­gang und auf den ge­sam­ten Nach­lass ab­zu­stel­len.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger ist zu­sam­men mit sei­ner Mut­ter und sei­nen drei Schwes­tern (A, B und C) Erbe nach sei­nem im Mai 1990 ver­stor­be­nen Va­ter. Zum Nach­lass gehörten drei in den "al­ten" Bun­desländern ge­le­gene Grundstücke (X, Y und Z) und ein, im Zeit­punkt des Erb­falls auf dem Ge­biet der ehe­ma­li­gen DDR ge­le­ge­nes, mit einem Mehr­fa­mi­li­en­haus be­bau­tes, Grundstück (W). Laut dem ge­mein­schaft­li­chen Erb­schein erbte die Mut­ter zu 1/2 und der Kläger so­wie seine drei Schwes­tern je­weils zu 1/8. Hin­sicht­lich des in der ehe­ma­li­gen DDR ge­le­ge­nen Grundstücks W erbte die Mut­ter zu 1/4 und der Kläger so­wie seine drei Schwes­tern je­weils zu 3/16.

 

Der Mut­ter war an den vier Grundstücken ein Nießbrauch ein­geräumt wor­den. Im Zu­sam­men­hang mit der Mo­der­ni­sie­rung des Gebäudes auf dem Grundstück W nahm sie als Dar­le­hens­neh­me­rin in den Jah­ren 1998 bis 2002 vier Dar­le­hen i.H.v. 256.000 € auf. Die Auf­wen­dun­gen für die Mo­der­ni­sie­rung machte sie bei ih­ren Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung als Wer­bungs­kos­ten gel­tend.

 

Mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag vom 6.10.2008 setzte sich die Er­ben­ge­mein­schaft aus­ein­an­der. Die für das Grundstück W auf­ge­nom­me­nen Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten va­lu­tier­ten zu die­ser Zeit noch i.H.v. 231.077 €. Der Kläger er­hielt das Grundstück W zu Al­lein­ei­gen­tum. Im Ge­gen­zug über­nahm er zwei der vier Dar­le­hens­verträge sei­ner Mut­ter so­fort und ver­pflich­tete sich, seine Mut­ter von den Dar­le­hens­zah­lun­gen der bei­den an­de­ren Dar­le­hens­verträge frei­zu­stel­len und diese Verträge zu einem späte­ren Zeit­punkt eben­falls zu über­neh­men. Die von der Mut­ter un­ter­hal­te­nen Kon­to­kor­rent­kon­ten wur­den im In­nen­verhält­nis dem Kläger zu­ge­ord­net, die­ser er­hielt zu­dem den Ge­schäfts­an­teil an der M-Bank im Wert von 10.500 € rück­wir­kend zum 1.1. 2008.

 

Der Kläger er­hielt außer­dem das las­ten­freie Grundstück X zu Al­lein­ei­gen­tum über­tra­gen und ver­pflich­tete sich im Ge­gen­zug, sei­ner Schwes­ter C eine Ab­fin­dung von 20.000 € zu zah­len. Das Grundstück Y wurde sei­ner Mut­ter und sei­ner Schwes­ter A über­tra­gen; die im Grund­buch für das Grundstück ver­zeich­ne­ten Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten i.H.v. 52.305 € über­nah­men diese ge­mein­sam. A ver­pflich­tete sich zu ei­ner Aus­gleichs­zah­lung an ihre Schwes­ter B i.H.v. 50.000 €. Die Mut­ter er­hielt wei­ter­hin das Grundstück Z zu Al­lein­ei­gen­tum. Der Ge­gen­stands­wert der Aus­ein­an­der­set­zungs­ver­ein­ba­rung ent­fiel i.H.v. 240.000 € auf das Grundstück W, im Übri­gen auf die Grundstücke X, Y, Z so­wie auf die Aus­gleichs­zah­lun­gen der Ge­schwis­ter un­ter­ein­an­der und die Über­nahme des Ge­schäfts­an­teils an der M Bank. Die Kos­ten der Aus­ein­an­der­set­zungs­ver­ein­ba­rung und ih­rer Durchführung trug der Kläger.

 

In sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2012 machte der Kläger bei den Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung als Wer­bungs­kos­ten für das be­baute Grundstück W Ab­set­zun­gen für Ab­nut­zung (AfA) gel­tend. Das Fi­nanz­amt er­kannte diese je­doch nicht an. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage über­wie­gend statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH die Ent­schei­dung auf und wies die Sa­che zur wei­te­ren Sach­aufklärung und er­neu­ten Ent­schei­dung an das FG zurück.

 

Gründe:

Zwar hat das FG zu Recht eine zi­vil­recht­li­che Nach­lass­spal­tung an­ge­nom­men. Für die er­trag­steu­er­li­che Be­ur­tei­lung der Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen den Miter­ben kommt es dar­auf je­doch nicht an. In­so­fern hat das FG des­halb zu Un­recht nicht geprüft, in wel­cher Weise die Miter­ben die Er­ben­ge­mein­schaf­ten ins­ge­samt aus­ein­an­der­ge­setzt ha­ben.

 

Die Nach­lass­spal­tung konnte nicht ohne wei­te­res auch der er­trag­steu­er­li­chen Be­ur­tei­lung der Er­bau­sein­an­der­set­zung zu­grunde ge­legt wer­den. Den Miter­ben steht es viel­mehr frei, ob sie die Nach­lass­spal­tung bei der Aus­ein­an­der­set­zung ih­rer Ge­mein­schaf­ten be­ach­ten. Sie können der zi­vil­recht­li­chen Nach­lass­spal­tung fol­gen und jede Er­ben­ge­mein­schaft ge­trennt aus­ein­an­der­set­zen. Dann kommt es für die er­trag­steu­er­li­che Be­ur­tei­lung auf die je­wei­lige Aus­ein­an­der­set­zung an. Die Miter­ben können sich aber auch un­ter Ein­be­zie­hung bei­der bzw. al­ler Er­ben­ge­mein­schaf­ten in einem ein­heit­li­chen Vor­gang in der Weise aus­ein­an­der­set­zen, dass sie sämt­li­che Nach­lass­ge­genstände gleich­zei­tig vollständig un­ter sich ver­tei­len.

 

In ei­ner Kon­stel­la­tion wie im vor­lie­gen­den Fall ist auch für die er­trag­steu­er­li­che Be­ur­tei­lung, ob ins­ge­samt eine neu­trale Real­tei­lung oder ob teil­weise An­schaf­fungs- und Veräußerungs­vorgänge an­zu­neh­men sind, auf die­sen ein­heit­li­chen Vor­gang und auf den ge­sam­ten Nach­lass ab­zu­stel­len. Bei die­ser Ge­stal­tung er­hal­ten die Miter­ben mehr Möglich­kei­ten, sich un­ter Ein­be­zie­hung sämt­li­cher Nach­lass­ge­genstände steu­erneu­tral aus­ein­an­der­zu­set­zen, als wenn sie an die zi­vil­recht­li­che Nach­lass­spal­tung ge­bun­den wären.

 

Das das FG (von sei­nem Stand­punkt aus zu Recht) bis­her nicht vollständig fest­ge­stellt hat, wie sich die Miter­ben im Zuge der Auflösung der bei­den Er­ben­ge­mein­schaf­ten aus­ein­an­der­ge­setzt hat­ten, wird es dies im zwei­ten Rechts­gang nach­ho­len müssen, um ab­schließend be­ur­tei­len zu können, in­wie­weit und ggf. bezüglich wel­cher Ob­jekte da­bei An­schaf­fungs- und Veräußerungs­vorgänge ver­wirk­licht wur­den.

 

Link­hin­weis:

 

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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