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Anrufung des EuGH zur Klärung der Definition "finaler Verluste"

FG Köln 19.2.2014, 13 K 3906/09

Das FG Köln hat den EuGH zur Vor­ab­ent­schei­dung an­ge­ru­fen, um die De­fi­ni­tion "fi­na­ler Ver­luste" zu klären. Die An­ru­fung des EuGH war gem. Art. 267 Abs. 2 AEUV ge­bo­ten, weil die Aus­le­gung der Art. 43 und 48 des EGV, jetzt in Ge­stalt der Art. 49 und 54 des AEUV in der Fas­sung vom 30.3.2010 in ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Weise zwei­fel­haft ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine deut­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaft. Sie gehört zu ei­ner französi­schen Un­ter­neh­mens­gruppe und un­ter­hielt ab Ok­to­ber 1997 eine Ver­triebs-Be­triebstätte in Öster­reich. Diese wurde Ende Au­gust 2005 ent­gelt­lich auf eine Han­dels-GmbH in Öster­reich über­tra­gen, die zu dem glei­chen Kon­zern wie die Kläge­rin gehört. Ge­gen­stand des Kauf­ver­tra­ges war ins­be­son­dere das In­ven­tar. Der Kun­den­stock wurde zu einem Preis von 1 € über­tra­gen, da die Kun­den be­reits Kun­den der er­wer­ben­den Schwes­ter­ge­sell­schaft wa­ren.

Die Körper­schaft­steuer 2005 wurde un­ter Berück­sich­ti­gung der Hin­zu­rech­nung i.H.v. 216.634 € auf 60.213 € fest­ge­setzt. Da­ge­gen wandte sich die Kläge­rin. In der Fol­ge­zeit stritt sie mit dem Fi­nanz­amt in­halt­lich über die Be­rech­ti­gung der Behörde, in den Jah­ren 1997 und 1998 nach § 2a Abs. 3 S. 1 u. 2 EStG a.F. bei der Be­steue­rung der Kläge­rin berück­sich­tigte Ver­luste aus ih­rer öster­rei­chi­schen Be­triebstätte nach § 2a Abs. 3 u. 4 i. V. m. § 52 Abs. 3 EStG 2005 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG wie­der hin­zu­zu­rech­nen, so­wie außer­dem über die Ver­pflich­tung des Fi­nanz­am­tes, Ver­luste der öster­rei­chi­schen Be­triebstätte aus den Jah­ren 1999 bis 2004 im Hin­blick auf die kon­zern­in­terne Veräußerung der Be­triebstätte im Streit­jahr 2005 zu berück­sich­ti­gen.

Das Fi­nanz­amt war der An­sicht, die Re­ge­lung in § 2a Abs. 3 EStG sei eu­ro­pa­rechts­kon­form, wie sich aus der EuGH-Ent­schei­dung in der Sa­che Kran­ken­heim Ru­he­sitz am Wann­see (Urt. v. 23.10.2008, C-157/07 - KR Wann­see) er­gebe. Zwar würden in den Fällen des § 2a Abs. 4 EStG keine be­reits er­wirt­schaf­te­ten Ge­winne hin­zu­ge­rech­net. Durch die Veräußerung der Be­triebstätte würden je­doch ggf. später zu er­zie­lende Ge­winne der Nach­ver­steue­rung in Deutsch­land ent­zo­gen. Ohne die Nach­ver­steue­rung der ab­ge­zo­ge­nen Ver­luste zum Zeit­punkt der Veräußerung bestünde die Möglich­keit, eine Nach­ver­steue­rung z.B. durch An­satz ei­nes nied­ri­gen Ver­kaufs­prei­ses oder an­dere Ge­stal­tun­gen durch die Steu­er­pflich­ti­gen zu um­ge­hen. Zur Ver­hin­de­rung ei­ner dop­pel­ten Ver­lust­nut­zung sei die Hin­zu­rech­nung ge­recht­fer­tigt.

Das FG setzte das Ver­fah­ren aus und legte es dem EuGH zur Vor­ab­ent­schei­dung vor.

Die Gründe:
Die An­ru­fung des EuGH war gem. Art. 267 Abs. 2 AEUV ge­bo­ten, weil die Aus­le­gung der Art. 43 und 48 des EGV, jetzt in Ge­stalt der Art. 49 und 54 des AEUV in der Fas­sung vom 30.3.2010 in ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Weise zwei­fel­haft ist.

Der Se­nat hat dem EuGH zunächst die Frage zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt, ob Art. 49 AEUV (Art. 43 EGV) so zu ver­ste­hen ist, dass er ei­ner Re­ge­lung wie § 52 Abs. 3 EStG ent­ge­gen­steht, so­weit Ur­sa­che der Hin­zu­rech­nung in Höhe zu­vor steu­er­min­dernd berück­sich­tig­ter Ver­luste aus ei­ner ausländi­schen Be­triebstätte die Veräußerung die­ser Be­triebstätte an eine an­dere Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, die zu dem glei­chen Kon­zern wie die Veräußerin gehört, und nicht die Er­zie­lung von Ge­win­nen ist?

Der Se­nat sieht die Frage der eu­ro­pa­recht­li­chen Zulässig­keit der Hin­zu­rech­nung nach § 52 Abs. 3 i.V.m. § 2a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG trotz der Ent­schei­dung KR Wann­see als nicht geklärt an. Der EuGH hat zwar im Zu­sam­men­hang mit dem Ver­fah­ren KR Wann­see das hier zur Ent­schei­dung an­ste­hende Re­ge­lungs­prin­zip des § 2a EStG, also die Hin­zu­rech­nung i.H.v. Be­triebstätten­ge­win­nen im Hin­blick auf zu­vor - auf An­trag - bei der deut­schen Be­steue­rung berück­sich­tig­ten Be­triebstätten­ver­luste grundsätz­lich als eu­ro­pa­rechts­kon­form qua­li­fi­ziert. Er nahm da­bei eine Be­schränkung der Nie­der­las­sungs­frei­heit an, da die Rechts­si­tua­tion bei ei­ner Mut­ter­ge­sell­schaft mit inländi­scher Be­triebstätte güns­ti­ger sei als bei ei­ner ausländi­schen Be­triebstätte, hielt diese aber we­gen der Kohärenz der Re­ge­lun­gen und der Auf­tei­lung der Be­steue­rungs­be­fug­nis zwi­schen ver­schie­de­nen Mit­glied­staa­ten der Union (da­mals war Öster­reich noch nicht in der EU; Art. 31 EWR ent­sprach aber Art. 43 EGV) für ge­recht­fer­tigt.

Außer­dem hat der Se­nat dem EuGH die Frage vor­ge­legt, ob Art. 49 AEUV (Art. 43 EGV) so zu ver­ste­hen ist, dass er ei­ner Re­ge­lung wie Art. 23 Abs. 1a des DBA Deutsch­land/Öster­reich 2000, wo­nach von der Be­mes­sungs­grund­lage der deut­schen Steuer Einkünfte aus Öster­reich aus­ge­nom­men wer­den, wenn diese in Öster­reich be­steu­ert wer­den dürfen, ent­ge­gen­steht, wenn in ei­ner öster­rei­chi­schen Be­triebstätte ei­ner deut­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft an­ge­fal­lene Ver­luste des­halb nicht mehr in Öster­reich berück­sich­tigt wer­den können, weil die Be­triebstätte an eine öster­rei­chi­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, die zu dem glei­chen Kon­zern gehört wie die deut­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, veräußert wird?

Die Klage kann da­her nur dann Er­folg ha­ben, wenn das DBA we­gen Ver­stoßes ge­gen die Nie­der­las­sungs­frei­heit i.S.d. Art. 49 AEUV nicht an­ge­wen­det wer­den darf. Der Se­nat hat aber er­heb­li­che Zwei­fel, ob Art. 49 AEUV, wie von der Kläge­rin ver­tre­ten, der An­wen­dung des DBA 2000 tatsäch­lich ent­ge­gen­steht.

Link­hin­weis:

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