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Anforderungen an Schutzfähigkeit von Seminarunterlagen

OLG Frankfurt a.M. 4.11.2014, 11 U 106/13

Kurs­un­ter­la­gen können als Sam­mel­werk Schutz gem. § 4 UrhG ge­nießen, wenn etwa die Aus­wahl der Ein­zel­werke und ihre kon­krete An­ord­nung in­ner­halb der Un­ter­la­gen einen geis­ti­gen Ge­halt ma­ni­fes­tiert, der über die bloße Summe der In­halte der ein­zel­nen Ele­mente hin­aus­geht. Den Ur­he­bern kann ein Ur­he­ber­recht an dem Sam­mel­werk in Mit­ur­he­ber­schaft zu­ste­hen, wenn sie die Aus­wahl und An­ord­nung ge­mein­sam vor­ge­nom­men ha­ben.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger führ­ten in der Ver­gan­gen­heit für die Be­klagte zu 1), die Se­mi­nare an­bie­tet, Schu­lun­gen durch. Die Be­klagte zu 1), han­delnd durch ih­ren Ge­schäftsführer, den Be­klag­ten zu 2), übergab das Lehr­ma­te­rial ih­rem neuen Do­zen­ten. Im Juli 2012 mahn­ten die Kläger die Be­klagte zu 1) we­gen an­geb­li­cher Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung ab und for­der­ten sie er­folg­los zur Ab­gabe ei­ner Un­ter­las­sungs­erklärung, Aus­kunfts­er­tei­lung und Scha­den­er­satz auf. Die Kläger wa­ren der An­sicht, es han­dele sich bei den Un­ter­la­gen um ur­he­ber­rechts­schutzfähi­ges Ma­te­rial. Sie be­haup­te­ten, sie seien Mit­ur­he­ber.

Die Kläger be­an­trag­ten, die Be­klag­ten zur Un­ter­las­sung so­wie im Wege der Stu­fen­klage zur Aus­kunft und Leis­tung von Scha­den­er­satz zu ver­ur­tei­len, die Scha­den­er­satz­pflicht der Be­klag­ten fest­zu­stel­len und die Be­klag­ten zur Zah­lung der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten für die aus­ge­spro­chene Ab­mah­nung zu ver­ur­tei­len. In der münd­li­chen Ver­hand­lung erklärten die Par­teien den Rechts­streit mit Aus­nahme des An­trags auf Zah­lung der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten übe­rein­stim­mend für er­le­digt.

Das LG wies die Klage hin­sicht­lich der vor­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten ab und legte die Kos­ten ins­ge­samt den Klägern auf. Auf die Be­ru­fung der Kläger hat das OLG die Ent­schei­dung der Vor­in­stanz un­ter Zurück­wei­sung der wei­ter­ge­hen­den Be­ru­fung im Kos­ten­punkt teil­weise abgeändert.

Die Gründe:
Den al­lein ge­gen die Be­klagte zu 1) wei­ter­ver­folg­ten An­spruch der Kläger auf Er­stat­tung der Ab­mahn­kos­ten hatte das LG zu Recht ver­neint. Den Klägern stand die­ser An­spruch un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt zu. Ein sol­cher An­spruch er­gab sich ins­be­son­dere nicht aus § 97a UrhG.

Die Be­ru­fung war al­ler­dings er­folg­reich, so­weit sie die Kos­ten­ent­schei­dung des LG als un­zu­tref­fend gerügt hatte. So­weit die Par­teien den Rechts­streit erst­in­stanz­lich übe­rein­stim­mend für er­le­digt erklärt hat­ten, wa­ren den Be­klag­ten gem. § 91a ZPO die Kos­ten auf­zu­er­le­gen, da an­zu­neh­men war, dass die Kläger ohne die Er­le­di­gung in­so­weit ob­siegt hätten. Den Klägern stan­den bis zur übe­rein­stim­men­den Er­le­di­gungs­erklärung ge­genüber den Be­klag­ten die gel­tend ge­mach­ten An­sprüche auf Un­ter­las­sung, Aus­kunft und Scha­den­er­satz hin­sicht­lich der Se­mi­nar­un­ter­la­gen ins­ge­samt gem. § 97 Abs.1, 2 UrhG zu, denn an den Se­mi­nar­un­ter­la­gen be­stand ins­ge­samt Ur­he­ber­rechts- und Leis­tungs­schutz.

Die Kurs­un­ter­la­gen wa­ren als Sam­mel­werk gem. § 4 UrhG schutzfähig. Sam­mel­werke ge­nießen Ur­he­ber­schutz, wenn bei ih­nen die Aus­wahl oder die An­ord­nung der ein­zel­nen darin auf­ge­nom­me­nen Ele­mente eine persönli­che geis­tige Schöpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 UrhG dar­stel­len, wenn sich in ih­nen da­mit ein geis­ti­ger Ge­halt ma­ni­fes­tiert, der über die bloße Summe der In­halte der ein­zel­nen Ele­mente hin­aus­geht, wo­bei der Ge­samt­ein­druck ent­schei­dend ist. Dies war vor­lie­gend in Be­zug auf die Aus­wahl der Ein­zel­werke und ihre kon­krete An­ord­nung in­ner­halb der Kurs­un­ter­la­gen zu be­ja­hen. Be­reits die Aus­wahl der im Ein­zel­nen auf­zu­neh­men­den Texte, der zu ver­wen­den­den Fo­to­gra­fien und Dar­stel­lun­gen wis­sen­schaft­li­cher und tech­ni­scher Art war nur in ge­rin­gem Um­fang durch den In­halt der Se­mi­nar­ver­an­stal­tung, de­ren Durchführung die Un­ter­la­gen die­nen, vor­ge­ge­ben, so dass sich ein wei­ter Ent­schei­dungs­spiel­raum er­gab.

Zu Guns­ten der Kläger war gem. § 10 UrhG zu ver­mu­ten, dass sie Mit­ur­he­ber (§ 8 UrhG) des Sam­mel­werks sind. Bei einem Sam­mel­werk i.S.d. § 4 UrhG be­sagt die Ur­he­ber­be­zeich­nung, dass der oder die an­ge­ge­be­nen Ur­he­ber die Aus­lese und/oder die An­ord­nung der ein­zel­nen Beiträge vor­ge­nom­men ha­ben, wo­bei den Ur­he­bern ein sol­ches Ur­he­ber­recht an dem Sam­mel­werk in Mit­ur­he­ber­schaft zu­ste­hen kann, wenn sie die Aus­wahl und An­ord­nung ge­mein­sam vor­ge­nom­men ha­ben. Da sich auf den Sei­ten der Schu­lungs­un­ter­la­gen je­weils Ver­merke mit Be­zug zu den Klägern be­fan­den, be­stand die Ver­mu­tung, dass die Kläger Mit­ur­he­ber des Sam­mel­werks sind. Die Be­klag­ten wie­derum hat­ten das Ur­he­ber­recht der Kläger ver­letzt, in­dem sie die Un­ter­la­gen ins­ge­samt ver­brei­te­ten (§§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG). Da­her be­stand eine Wie­der­ho­lungs­ge­fahr, so dass die gel­tend ge­mach­ten An­sprüche begründet ge­we­sen wären.

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