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Ampel-Koalition: Was kommt auf Immobilienwirtschaft, Immobilieneigentümer und Mieter zu?

Am 24.11.2021 ha­ben SPD, BÜND­NIS 90/DIE GRÜNEN und FDP ih­ren 177-sei­ti­gen Ko­ali­ti­ons-ver­trag vor­ge­stellt und die­sen am 07.12.2021 auch un­ter­zeich­net. Das Re­gie­rungs­pro­gramm für diese vierjährige Le­gis­la­tur­pe­riode steht un­ter dem Ti­tel „MEHR FORT­SCHRITT WA­GEN Bünd­nis für Frei­heit, Ge­rech­tig­keit und Nach­hal­tig­keit“.

Der Ko­ali­ti­ons­ver­trag enthält für die Im­mo­bi­li­en­wirt­schaft, Im­mo­bi­li­en­ei­gentümer und Mie­ter zahl­rei­che Neue­run­gen und Vor­ha­ben, wo­bei der Schwer­punkt auf den Be­rei­chen Bauen, Woh­nen, Di­gi­ta­li­sie­rung und Kli­ma­schutz liegt. Nach­fol­gend wer­den die wich­tigs­ten The­men im Über­blick zu­sam­men­ge­fasst:

Eigenständiges Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Mit der Bil­dung der neuen Re­gie­rung wurde ein ei­genständi­ges Bun­des­mi­nis­te­rium für Woh­nen, Stadt­ent­wick­lung und Bau­we­sen ge­schaf­fen. Zur Zuständig­keit des neuen Mi­nis­te­ri­ums gehören ins­be­son­dere Bau­we­sen, Bau­wirt­schaft und Bun­des­bau­ten, Stadt­ent­wick­lung und Woh­nen so­wie Raum­ord­nung. Das Res­sort wird von Klara Gey­witz (SPD) ge­lei­tet.

Nach­dem der Bau- und Woh­nungs­be­reich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren kaum mehr als ein Anhängsel an­de­rer Mi­nis­te­rien, zu­letzt des In­nen­mi­nis­te­ri­ums war, sol­len die The­men Bauen und Woh­nen nun­mehr durch die Schaf­fung ei­nes neuen Mi­nis­te­ri­ums auf­ge­wer­tet und sicht­ba­rer vor­an­ge­trie­ben wer­den.

1. Schaf­fung von Wohn­raum

Ein zen­tra­les Ziel der Am­pel-Ko­ali­tion ist der Bau von 400.000 neuen Woh­nun­gen pro Jahr - da­von 100.000 öff­ent­lich geförderte Woh­nun­gen. Im Ver­gleich dazu wur­den im ver­gan­ge­nen Jahr etwa 300.000 neue Woh­nun­gen ge­baut.

Um die­ses Ziel zu er­rei­chen, soll die fi­nan­zi­elle Un­terstützung des Bun­des für den so­zia­len Woh­nungs­bau inkl. so­zia­ler Ei­gen­heimförde­rung fort­geführt und die Mit­tel hierfür erhöht wer­den. Als In­ves­ti­ti­ons­an­reiz für den Miet­woh­nungs­bau ist die Erhöhung der li­nea­ren Ab­schrei­bung von 2 % auf 3 % ge­plant. Durch se­ri­el­les Bauen, Di­gi­ta­li­sie­rung, Entbüro­kra­ti­sie­rung und Stan­dar­di­sie­rung sol­len zu­dem die Bau­kos­ten für den Woh­nungs­bau ge­senkt wer­den. Auch da­mit er­hofft sich die Am­pel-Ko­ali­tion einen An­reiz, mehr Wohn­raum zu schaf­fen.

Das Bau­ge­setz­buch (BauGB) soll no­vel­liert wer­den. Durch ein­fa­chere Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren und die vollständige Di­gi­ta­li­sie­rung der Bau­leit­plan­ver­fah­ren sol­len mehr Ef­fi­zi­enz und Tempo ge­schaf­fen wer­den.

Die Am­pel-Ko­ali­tion plant, ein „Bünd­nis be­zahl­ba­rer Wohn­raum“ mit al­len wich­ti­gen Ak­teu­ren zu schließen. Es soll zeit­nah eine neue Wohn­ge­meinnützig­keit mit steu­er­li­cher Förde­rung und In­ves­ti­ti­ons­zu­la­gen auf den Weg ge­bracht wer­den, um den Bau und die dau­er­hafte So­zi­al­bin­dung be­zahl­ba­rer Wohn­im­mo­bi­lien vor­an­zu­trei­ben. Auch soll ein Bund-Länder Pro­gramm für stu­den­ti­sches Woh­nen, für jun­ges Woh­nen und Woh­nen für Aus­zu­bil­dende auf­ge­legt wer­den. Eine neue Bau- und In­ves­ti­ti­ons­of­fen­sive soll zu­dem die Vor­aus­set­zun­gen schaf­fen, schnell und güns­tig zusätz­li­chen Wohn­raum zu schaf­fen und zu er­hal­ten.

Darüber hin­aus sol­len die Kom­mu­nen da­hin­ge­hend un­terstützt wer­den, ein Po­ten­zi­alflächen­re­gis­ter ein­zuführen, um das Pro­blem feh­len­der Bauflächen und sto­cken­der Wohn­raum­be­darfs­de­ckung an­zu­ge­hen.

2. Förde­rung von pri­va­tem Wohn­ei­gen­tum

Die Am­pel-Ko­ali­tion möchte ins­ge­samt mehr Men­schen in Deutsch­land ermögli­chen, im selbst­ge­nutz­ten Ei­gen­tum zu woh­nen. Da­bei sol­len die Hürden beim Ei­gen­tums­er­werb durch ei­gen­ka­pi­ta­ler­set­zende Dar­le­hen ge­senkt und Schwel­len­haus­halte lang­fris­tig (z. B. mit Til­gungs­zu­schüssen und Zins­ver­bil­li­gun­gen) beim Ei­gen­tums­er­werb un­terstützt wer­den.

Des Wei­te­ren wer­den die Bun­desländer die Op­tion be­kom­men, die Grund­er­werbs­steuer künf­tig fle­xi­bler aus­zu­ge­stal­ten, etwa durch Ermögli­chen ei­nes Frei­be­trags, um den Er­werb selbst­ge­nutz­ten Wohn­ei­gen­tums zu er­leich­tern. Im Ge­gen­zug möchte die Am­pel-Ko­ali­tion „steu­er­li­che Schlupflöcher“ bei ge­werb­li­chen Im­mo­bi­li­en­trans­ak­tio­nen im Rah­men von Im­mo­bi­lien-Sha­re­de­als wei­ter schließen. In­so­fern ist eine er­neute und wei­ter­ge­hende An­pas­sung der erst vor kur­zem no­vel­lier­ten Re­ge­lung zum Im­mo­bi­lien-Sha­re­deal im Grund­er­werbs­steu­er­ge­setz zu er­war­ten, wo­bei der Ko­ali­ti­ons­ver­trag hierzu keine näheren An­ga­ben enthält.

3. Mie­ter­schutz

Vor dem Hin­ter­grund der Wohn­raum­knapp­heit be­zwei­felt die Am­pel-Ko­ali­tion, dass sich an­ge­mes­sene Mie­ten am Woh­nungs­markt bil­den können. Die Am­pel-Ko­ali­tion plant da­her, die gel­ten­den Mie­ter­schutz­re­ge­lun­gen zu eva­lu­ie­ren und zu verlängern. Die der­zeit re­guläre Kap­pungs­grenze von 20 % und die ab­ge­senkte Kap­pungs­grenze von 15 % soll in an­ge­spann­ten Woh­nungsmärk­ten auf 11 % in drei Jah­ren ab­ge­senkt wer­den.

Die Miet­preis­bremse soll bis zum Jahr 2029 verlängert wer­den. Zu­dem sol­len qua­li­fi­zierte Miet­spie­gel gestärkt, ver­brei­tert und rechts­si­cher aus­ge­stal­tet wer­den. Für Ge­mein­den mit über 100.000 Ein­woh­nern soll der qua­li­fi­zierte Miet­spie­gel ver­pflich­tend sein. Da­bei sol­len zur Be­rech­nung der an­ge­mes­se­nen Mie­ten die Miet­verträge der letz­ten sie­ben Jahre her­an­ge­zo­gen wer­den. Erst 2020 wurde der bis da­hin gel­tende Zeit­raum von vier auf sechs Jahre an­ge­ho­ben.

Des Wei­te­ren will die Am­pel-Ko­ali­tion für mehr Trans­pa­renz bei der Ne­ben­kos­ten­ab­rech­nun­gen sor­gen, ohne dies je­doch im Ko­ali­ti­ons­ver­trag näher zu erläutern.

Um die Ur­sa­chen dro­hen­der Woh­nungs­lo­sig­keit zu be­sei­ti­gen, soll auch das Miet­recht ent­spre­chend an­ge­passt wer­den. Da­bei sol­len ins­be­son­dere Re­ge­lun­gen, die dem Wei­terführen des Miet­verhält­nis­ses ent­ge­gen­ste­hen, überprüft wer­den.

4. Kli­ma­schutz im Im­mo­bi­li­en­be­reich

Ein zen­tra­les Thema des Ko­ali­ti­ons­ver­trags ist der Kli­ma­schutz. Dies macht sich auch im Im­mo­bi­li­en­be­reich be­merk­bar.

Als Er­satz des im Ja­nuar 2022 aus­lau­fen­den Neu­bauförde­rungs­pro­gramms für den Kfw-Ef­fi­zi­enz­haus­stan­dard 55 soll ein neues Förder­pro­gramm für den Woh­nungs­neu­bau ein­geführt wer­den, das ins­be­son­dere die Treib­haus­gas­emis­sio­nen (THG-Emis­sio­nen) pro m² Wohnfläche fo­kus­siert.

Das Gebäude­en­er­gie­ge­setz (GEG) soll zu­dem an­ge­passt wer­den:

  • Ab 2025 muss dem­nach jede neu ein­ge­baute Hei­zung auf der Ba­sis von 65 % er­neu­er­ba­rer En­er­gien be­trie­ben wer­den.
  • Be­reits zum 01.01.2024 müssen we­sent­li­che Aus­bau­ten, Um­bau­ten und Er­wei­te­run­gen im Be­stand dem Kfw-Ef­fi­zi­enz­haus­stan­dart 70 ent­spre­chen.
  • Neu­bau­ten müssen ab dem 01.01.2025 den Kfw-Ef­fi­zi­enz­haus­stan­dard 40 erfüllen.

Die Am­pel-Ko­ali­tion plant die Einführung ei­nes di­gi­ta­len Gebäude­res­sour­cen­pas­ses mit dem Ziel, auch im Gebäude­be­reich zu ei­ner voll­en­de­ten Kreis­lauf­wirt­schaft zu ge­lan­gen. So sol­len der Ein­satz grauer En­er­gie so­wie die Le­bens­zy­klus­kos­ten verstärkt be­trach­tet wer­den können. Auch der Gebäude­en­er­gie­aus­weis soll ver­bes­sert, ver­ein­heit­licht und di­gi­ta­li­siert wer­den. Die Ko­ali­tion möchte zu­dem die Er­stel­lung ei­nes di­gi­ta­len Gebäude­en­er­gie­ka­tas­ters prüfen. 

Es soll außer­dem eine na­tio­nale Holz­bau-, Leicht­bau- und Roh­stoff­si­che­rungs­stra­te­gie auf­ge­legt wer­den. Dies dürfte ins­be­son­dere vor dem Hin­ter­grund der jüngs­ten Ma­te­rial- und Lie­fer­engpässe zu se­hen sein. Nähere Ausführun­gen zu die­ser Stra­te­gie enthält der Ko­ali­ti­ons­ver­trag al­ler­dings nicht. Für in­no­va­tive Ma­te­ria­lien, Tech­no­lo­gien und Start-ups sol­len der Markt­ein­tritt und die Zu­las­sun­gen leich­ter wer­den. 

Die Am­pel-Ko­ali­tion möchte den „schnel­len Um­stieg“ auf die Teil­warm­miete prüfen. Dies be­deu­tet, dass der Ver­mie­ter an den Heiz­kos­ten be­tei­ligt wer­den soll. Da­mit soll ein An­reiz ge­schaf­fen wer­den, dass der Ver­mie­ter in Maßnah­men in­ves­tiert, die den gebäude­be­ding­ten Heiz­be­darf sen­ken. 

Schließlich soll be­reits zum 01.06.2022 ein Stu­fen­mo­dell nach Gebäude­en­er­gie­klas­sen ein­geführt wer­den, das die Um­lage des CO2-Prei­ses nach dem Brenn­stoffe­mis­si­ons­han­dels­ge­setz (BEHG) re­gelt. Die Am­pel-Ko­ali­tion will sich da­her an der Um­set­zung der Ver­tei­lung der CO2-Kos­ten in Abhängig­keit von der Qua­lität ver­su­chen. Sollte dies zeit­lich je­doch nicht ge­lin­gen, sol­len die erhöhten Kos­ten durch den CO2-Preis ab dem 01.06.2022 hälf­tig zwi­schen Ver­mie­ter und Mie­ter ge­teilt wer­den. 

 5. Fa­zit 

Die Am­pel-Ko­ali­tion hat sich und der Im­mo­bi­li­en­wirt­schaft ein äußerst am­bi­tio­nier­tes Pa­ket ge­schnürt, das enorme Her­aus­for­de­run­gen, aber auch viele Chan­cen in sich birgt. Es bleibt ab­zu­war­ten, wie die zum Teil nur an­ge­ris­se­nen und noch nicht näher aus­geführ­ten Ziele und Maßnah­men kon­kret um­ge­setzt wer­den. Dies gilt ins­be­son­dere im Hin­blick auf den an­ge­streb­ten Bau von 400.000 neuen Woh­nun­gen pro Jahr und den kla­ren Fo­kus auf den Kli­ma­schutz und der da­mit ver­bun­de­nen Her­aus­for­de­run­gen für Im­mo­bi­li­en­ei­gentümer und Mie­ter. 

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