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Ähnlichkeitsprüfung bei im EDV-Bereich tätigen Autodidakten

BFH 14.4.2016, VI R 61/13

Legt der Steu­er­pflich­tige (hier: ein im EDV-Be­reich täti­ger Au­to­di­dakt) kei­ner­lei Be­lege zu den In­hal­ten von Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen und den von ihm selbst durch­geführ­ten Se­mi­na­ren vor, muss das Fi­nanz­amt nicht von Kennt­nisse aus­ge­hen, die den Kennt­nis­sen ei­nes Di­plom-In­for­ma­ti­kers gleich­wer­tig sind. In einem sol­chen Fall kann er nicht gel­ten ma­chen, einen dem In­ge­nieur ähn­li­chen Be­ruf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausgeübt zu ha­ben.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger stritt hin­sicht­lich der Streit­jahre 2000 bis 2002 mit dem Fi­nanz­amt darüber, ob er in die­sem Zeit­raum ge­wer­be­steu­er­pflich­tig war. Der Kläger hatte nach Er­rei­chen der Fach­hoch­schul­reife an ei­ner höheren Han­dels­schule im Jahr 1983 und der all­ge­mei­nen Hoch­schul­reife an einem Wirt­schafts­gym­na­sium im Jahr 1985 eine Aus­bil­dung in elek­tro­ni­scher Da­ten­ver­ar­bei­tung und als Pas­cal-Pro­gram­mie­rer an der Bun­des­wehr­schule ab­sol­viert. An­schließend stu­dierte er Che­mie so­wie In­for­ma­tik und er­warb ei­nige Scheine, aber in kei­nem der Stu­di­engänge er­reichte er einen Ab­schluss.

Ab 1993 übte der Kläger eine Tätig­keit mit den Schwer­punk­ten Pla­nung, Durchführung und Ver­kaufs von Netz­wer­kin­fra­struk­tu­ren so­wie Ex­per­ten­sys­te­men aus. Diese Tätig­keit sah der Kläger sel­ber als eine ge­werb­li­che und nicht als frei­be­ruf­li­che Tätig­keit an. Zwi­schen 1996 und 1999 wirkte er an ver­schie­de­nen Pro­jek­ten zur Ent­wick­lung von Sys­tem- und An­wen­dungs­soft­ware mit. In den Streit­jah­ren war der Kläger als Sub­un­ter­neh­mer ei­ner GmbH in Pro­jek­ten für ver­schie­dene Un­ter­neh­men tätig. Er ord­nete für seine Tätig­keit als Ein­zel­un­ter­neh­mer auf dem Ge­biet der In­for­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie in den Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen der Streit­jahre seine Ge­winne und Ver­luste den Einkünf­ten aus Ge­wer­be­be­trieb zu.

Auf­grund ei­ner Außenprüfung hob das Fi­nanz­amt den Be­scheid über die ge­son­derte Fest­stel­lung des vor­tragsfähi­gen Ge­wer­be­ver­lus­tes auf, da sich nach Erhöhung der Ge­wer­be­steu­er­mess­beträge der Streit­jahre kein fest­zu­stel­len­der Ver­lust mehr er­gab. Hier­ge­gen wehrte sich der Kläger. Er machte gel­tend, er habe Einkünfte aus selbständi­ger Ar­beit er­zielt. Im an­schließen­den Kla­ge­ver­fah­ren holte das FG ein Sach­verständi­gen­gut­ach­ten ein. Der Sach­verständige kam zu dem Er­geb­nis, dass sich die be­ruf­li­che Tätig­keit des Klägers in den Streit­jah­ren zu­min­dest auf einen der Kern­be­rei­che der ty­pi­schen Tätig­kei­ten ei­nes Di­plomin­for­ma­ti­kers er­streckt habe. Er führte aus, es be­stehe eine "hohe Wahr­schein­lich­keit" dafür, dass der Kläger einen Teil der von ihm zur Nach­weisführung ein­ge­reich­ten Pro­jekt­un­ter­la­gen/Ar­beits­pro­ben und Pro­gramm­codes selbst er­stellt habe. Un­klar bleibe je­doch, ob auch an­dere Per­so­nen mit­ge­wirkt hätten.

Der Kläger ver­zich­tete dar­auf, seine Kennt­nisse durch eine Wis­sen­sprüfung nach­zu­wei­sen. Das FG wies die Klage ab. Auch die Re­vi­sion des Klägers vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:
Die Würdi­gung des FG, es habe für die Streit­jahre keine Kennt­nisse des Klägers, die den Kennt­nis­sen ei­nes Di­plom-In­for­ma­ti­kers gleich­wer­tig ge­we­sen seien, fest­stel­len können, war re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Be­reits aus die­sem Grund stand auch fest, dass der Kläger in den Streit­jah­ren einen Ge­wer­be­be­trieb un­ter­hal­ten hatte.

Das FG hat nach­voll­zieh­bar begründet, wa­rum es we­der auf­grund der dar­ge­leg­ten Fort­bil­dungsmaßnah­men des Klägers bei ex­ter­nen An­bie­tern, des be­haup­te­ten Selbst­stu­di­ums von Stan­dard­wer­ken der In­for­ma­tik noch an­hand der vor­ge­leg­ten prak­ti­schen Ar­bei­ten eine einem Di­plom-In­for­ma­ti­ker oder Wirt­schafts­in­for­ma­ti­ker in Breite und Tiefe ver­gleich­bare Vor­bil­dung fest­stel­len konnte. Der Kläger hatte keine Be­lege zu den In­hal­ten von Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen und den von ihm selbst durch­geführ­ten Se­mi­na­ren vor­ge­legt. Das be­rufs­be­glei­tende Selbst­stu­dium von 110 Fachbüchern hatte das FG als nicht glaub­haft an­ge­se­hen, was sich aber mit den Fest­stel­lun­gen des Sach­verständi­gen deckte.

Ent­ge­gen der Re­vi­si­ons­begründung hat das FG auch die Tiefe und Breite der Vor­bil­dung des Klägers auch an­hand des­sen prak­ti­scher Ar­bei­ten geprüft. Der Sach­verständige hatte sich zu­vor nach­voll­zieh­bar dar­auf gestützt, dass die Pro­gram­mie­run­gen des Klägers Soft­ware mitt­le­rer Kom­ple­xität be­tra­fen und da­her nicht auf eine Vor­bil­dung im Um­fang ei­nes Di­plom-In­for­ma­ti­kers/Wirt­schafts­in­for­ma­ti­kers schließen ließen, der 2/3 der Pflichtfächer des Stu­di­ums be­stan­den habe. Ergänzend ha­ben das FG und der Sach­verständige die vom Kläger vor­ge­leg­ten Verträge, Rech­nun­gen, Tätig­keits­nach­weise so­wie Stun­den­auf­stel­lun­gen gewürdigt und auch in der Ver­diensthöhe des Klägers kein In­diz für eine hoch­schulmäßige Qua­li­fi­ka­tion ge­se­hen.

Link­hin­weis:

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